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Frank-Walter Steinmeier gedenkt Opfern von Solingen: »Ich nenne das Terror«

May 30
01:36 2023

Genau 30 Jahre liegt der rassistische Brandanschlag von Solingen zurück. Bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nun Versäumnisse des Staates eingeräumt.

Dreißig Jahre nach dem rassistischen Brandanschlag von Solingen hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen wachsamen Staat gegen rechtsextreme Gewalt gefordert. »Als Bundespräsident kann ich nicht dazu schweigen, in welchem Klima diese Anschläge gediehen sind«, sagte Steinmeier bei der Gedenkveranstaltung am Montag. Viel zu lange sei das Land der Behauptung von den verblendeten Einzeltätern aufgesessen, so der Bundespräsident. Die Strukturen und die Ideologie der Täter seien lange ignoriert worden: »Ich spreche von Rechtsextremismus. Von Rassismus. Von Menschenfeindlichkeit.«

Rechtsextreme und Rassisten entmenschlichten den Einzelnen und verbreiteten damit Angst und Schrecken. »Ich nenne das: Terror. Dieser rechte Terror ist verantwortlich für die Toten hier in Solingen. Diesen rechten Terror gab es vor Solingen, und es gibt ihn nach Solingen.«

Am 29. Mai 1993 hatten vier Rechtsextremisten in Solingen das Haus einer türkischen Familie in Brand gesetzt. Bei dem nächtlichen fremdenfeindlichen Angriff starben fünf türkische Mädchen und Frauen: Saime Genç (4), Hülya Genç (9), Gülüstan Öztürk (12), Hatice Genç (18) und Gürsün Ince (27). Solingen markierte den Höhepunkt einer ganzen Serie fremdenfeindlicher Verbrechen in der ersten Hälfte der Neunzigerjahre in der Bundesrepublik. Der Anschlag gilt als eines der schwersten rassistischen Verbrechen in der Geschichte des Landes.

Kurz nach der Tat waren vier junge rechtsradikale Solinger im Alter zwischen 16 und 23 Jahren festgenommen worden. Sie waren der rechten Szene zuzuordnen und wurden 1995 wegen Mordes verurteilt.

»Vorurteile und Diskriminierungen im Alltag«

Steinmeier mahnte an die besondere Verantwortung des Staates und seiner Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und jede Form von Menschenfeindlichkeit. »Jeder Mensch muss in unserem gemeinsamen Land in Sicherheit und Frieden leben können, und der Staat muss besonders diejenigen schützen, die ein höheres Risiko haben, Opfer von Gewalt zu werden. Dafür muss er alles, ja, dafür muss er noch mehr tun«, sagte er.

Es mache ihn deshalb »fassungslos«, wenn sich »einzelne Angehörige von Sicherheitsbehörden« in rechten Chatgruppen organisierten, fügte der Bundespräsident in seiner Rede an. »Das können und dürfen wir nicht dulden.«

Zugleich erinnerte er an die Verantwortung von Politik und Gesellschaft, etwa beim Sprachgebrauch. »Mit Worten kann man das Gewaltpotenzial einer Gesellschaft aktivieren. Und wir haben allzu oft erlebt, dass Worte zu Taten wurden. Wenn Politiker glauben, verbal um den rechten Rand buhlen zu müssen, wenn auch Politiker die Grenzen zwischen dem Unsagbaren und dem Unsäglichen verschieben, dann befeuern sie damit auch die Gewalt«.

Mit Blick auf die Gesamtgesellschaft verwies Steinmeier auf »Vorurteile und Diskriminierungen im Alltag«. Diesen gebe es etwa bei der Jobsuche, bei der Wohnungssuche oder bei der Fahrkartenkontrolle. Darüber hinaus wünsche er sich »Mitmenschen, die an einer Bushaltestelle eingreifen, wenn ein Mädchen rassistisch beschimpft und attackiert wird« und »die widersprechen, wenn Lügen, Hass und Hetze am Arbeitsplatz oder in sozialen Netzwerken, im Hausflur oder am Stammtisch verbreitet werden«. Es brauche mehr »Mut«, sagte der Bundespräsident.

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