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Bundestag stimmt für umstrittene Wahlrechtsreform

March 17
14:17 2023

736 Abgeordnete sitzen im aktuellen Bundestag. Und seit Jahren stritt die Politik, wie sie das Parlament wieder kleiner bekommt. Nun wurde der Vorschlag der Ampelkoalition angenommen – die Opposition will dagegen vorgehen.

Der Bundestag wird ausgedünnt – künftig sollen dem Parlament maximal noch 630 Abgeordnete angehören dürfen. Erreicht werden soll die Verkleinerung, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate ganz verzichtet wird. Die entsprechende Reform ist heute nach einer hitzigen Debatte mit Stimmen der Ampelkoalition verabschiedet worden. 400 Abgeordnete stimmten für die Reform, 261 dagegen, 23 Parlamentarier enthielten sich. Vor allem die Union und die Linke lehnen die Reform strikt ab – und kündigten Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht an.

Die Reform soll ab der nächsten Wahl den Bundestag verkleinern. Zuletzt hatten Überhang- und Ausgleichsmandate das Parlament aufgebläht, statt der vorgesehenen 598 Sitze gibt es aktuell 736 Mitglieder. Die neuen Regeln wollen dem ein Ende bereiten: Direkt gewählte Kandidaten ziehen nur noch ein, wenn ihre Mandate auch durch das Zweitstimmenergebnis ihrer Partei gedeckt sind (lesen Sie hier Hintergründe zur Wahlrechtsreform).

Grundmandatsklausel entfällt

Die Opposition sieht darin eine grobe Ungerechtigkeit: Es kann nun vorkommen, dass in einem Wahlkreis eine Bewerberin oder ein Bewerber das Direktmandat gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht, weil die Partei der Gewinnerin oder des Gewinners unter fünf Prozent liegt. Dies erzürnt vor allem die CSU, sie fürchtet massive Mandatsverluste, da ihre zahlreichen Direktmandate aus Bayern quasi verfallen würden.

Denn künftig soll eine strikte Fünfprozentklausel gelten. Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Nach ihr zogen Parteien bisher auch dann in Fraktionsstärke gemäß ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag ein, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte bei der Wahl 2021 die Linkspartei.

SPD, Grüne und FDP argumentieren, dass die Verkleinerung alle Parteien gleichermaßen treffe. Die Reform sei damit fair und verfassungsgemäß. Union und Linke fühlen sich dagegen einseitig benachteiligt und haben bereits deutlich gemacht, dass sie das Bundesverfassungsgericht anrufen wollen.

»Beschädigung des Vertrauens in unsere Demokratie«

Die Debatte vor der namentlichen Abstimmung war entsprechend aufgeladen. CDU-Chef Friedrich Merz sprach von einer »Beschädigung des Vertrauens in unsere Demokratie«, der man zu keinem Zeitpunkt zustimmen werde. »Wir werden jederzeit jede Gelegenheit nutzen, das wieder zu ändern.« Einen Appell, die Abstimmung für eine erneute Gesetzüberarbeitung noch mal um zwei Wochen zu verschieben, lehnten die Ampelfraktionen jedoch ab.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach von einem Wahlrecht, »das mit dem deutschen Föderalismus bricht.« Die Grundmandatsklausel, welche die Koalition abschaffen wolle, sei Ausdruck »der regionalen Besonderheiten unseres Landes«. Dobrindt kündigte an, Bayern werde in der Frage vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Auch der Parlamentarischer Geschäftsführer der Linke-Fraktion, Jan Korte, empörte sich über die Streichung der Grundmandatsklausel. Die Linke, traditionell im Osten stärker verankert, muss künftig um ihren Fraktionsstatus bangen.

»Wir werden uns in Karlsruhe sehen«

Die Reform nannte er »hingerotzt«, sagte Korte. Der Sinn der Grundmandatsklausel sei gewesen, dass regional verankerte Strömungen im Bundestag vertreten sind. Es handele sich um einen Anschlag auf die Demokratie. »Sie überlassen der AfD den Osten«, so Korte. »Ich wünsche Ihnen politisch alles erdenklich Schlechte. Wir werden uns in Karlsruhe sehen.«

Die Ampel hingegen verteidigte ihre Reform. Sebastian Hartmann, SPD-Obmann in der Wahlrechtskommission, bezeichnete die Reform als »überfällig«. Sie werde dazu beitragen, dass es wieder mehr Vertrauen in die Demokratie gebe. Das Wahlrecht sei aus Sicht der Wählerinnen und Wähler zu beurteilen. »Es muss einfach, transparent und nachvollziehbar sein.« Das seien die Ideen der Reform. Hartmann beklagte den Tonfall der Debatte »von einzelnen politischen Kräften aus der konservativen Ecke« als unwürdig. Dies gelte etwa für »Schurkenstaat«-Vergleiche. Einen solchen hatte CSU-Generalsekretär Martin Huber gezogen.

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