Nach Nawalny-Sanktionen aus USA: Gift an Russland geliefert? Offenbar Anklage gegen deutsche Firma
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Offiziell begann das Ermittlungsverfahren gegen "Riol-Chemie" nach einer Prüfung durch den Zoll Hannover Ende März 2021 (Symbolbild).
Nach dem Giftanschlag auf den Kremlkritiker Nawalny werden US-Ermittler auf eine Firma im niedersächsischen Lilienthal aufmerksam. Sie soll die Lieferung von giftigen Chemikalien an russische Labore verschleiert haben. Auch deutsche Beamte durchleuchten "Riol-Chemie" – und erheben Anklage.
Die Staatsanwaltschaft Stade hat wegen der mutmaßlichen Ausfuhr giftiger Chemikalien und Laborausrüstung nach Russland offenbar Anklage gegen den Geschäftsführer einer deutschen Firma erhoben. Dem 63-jährigen Ukrainer werden insgesamt 34 Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz zur Last gelegt, wie t-online unter Berufung auf das Landgericht Verden berichtet. Sein Unternehmen, die Riol-Chemie GmbH in Lilienthal bei Bremen, soll Teil eines Firmennetzwerks zur Umgehung von Exportbeschränkungen gewesen sein. Auffällig wurde Riol-Chemie vor einigen Jahren erstmals im Zuge der US-Ermittlungen mit dem Giftanschlag auf den verstorbenen russischen Regierungskritiker Alexej Nawalny im August 2020.
Die US-Ermittler fanden damals laut dem Bericht heraus, dass Hunderte Pakete mit giftigen Chemikalien und Laborausrüstung von einer Firma in Manchester an die Riol-Chemie GmbH geliefert wurden. Auffällig sei dies vor allem gewesen, weil der Internetauftritt der Lilienthaler Firma "nicht mit dem Betrieb eines kommerziellen Chemieunternehmens vereinbar" schien. Nach einem Blick auf die Kontodaten fiel zudem auf, dass die Rechnungen aus Manchester nicht von Riol-Chemie beglichen wurden, sondern von einer Adresse aus Russland.

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Der eigentliche Empfänger der Chemikalien war demnach die russische Chimmed-Gruppe, die auch Speziallabore des russischen Militärs und des Innenministeriums belieferte. Dem Bericht zufolge wirken die Labore am staatlichen Bio- und Chemiewaffenprogramm mit. In E-Mails aus dem Jahr 2016, die die US-Behörde mit Gerichtsbeschluss sicherstellte, schrieb die Chimmed laut t-online: "Die Riol-Chemie GmbH ist unser Spediteur, aber sie empfängt nur unsere Waren und leitet sie an uns weiter." Die US-Regierung verhängte im Zuge dieser Ermittlungen Sanktionen gegen die Riol-Chemie GmbH aus Niedersachsen.
Ermittler: Dual-Use-Güter an Russland geliefert
Über die deutschen Ermittlungen berichteten "Süddeutsche Zeitung", WDR und NDR erstmals im August 2022. Damals durchsuchten die deutschen Ermittler den Firmensitz in Lilienthal. Sie stellten umfangreiches Beweismaterial sicher, unter anderem Ausfuhranmeldungen und Rechnungsunterlagen, wie unter anderem die "Süddeutsche Zeitung" damals berichtete. Ein Experte sagte dem NDR, bei den zum Teil in Kleinstmengen ausgeführten Waren handele es sich um sogenannte Dual-Use-Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können.

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Offiziell begann das Ermittlungsverfahren in Deutschland nach einer Außenwirtschaftsprüfung des Zollamts Hannover Ende März 2021 – rund vier Wochen, nachdem Riol-Chemie auf der US-Sanktionsliste gelandet war, wie t-tonline berichtet. Inwiefern die deutschen und die US-amerikanischen Ermittlungen gegen die "Riol-Chemie" zusammen hängen, ist nicht bekannt. Allerdings sollen vor dem Landgericht Verden mutmaßliche Straftaten der Firma verhandelt werden, die sich auf den Zeitraum von Januar 2018 bis April 2021 beziehen, wie t-online berichtet. Dies entspricht ungefähr dem Zeitraum, in dem auch die US-Ermittlungen liefen. Laut dem Bericht prüft das Landgericht Verden derzeit, ob es zu einer Eröffnung des Hauptverfahrens kommen wird.
Quelle: ntv.de, spl