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Geschäftsmodell Käfigkämpfe: Zwei verrückte Tschechen gehen All-in – ein MMA-Gigant entsteht

October 02
20:56 2024

Sport

Wie Zirkusdirektoren in der Manege: Ondrej Novotny und Pavol Neruda (r.).

Wie Zirkusdirektoren in der Manege: Ondrej Novotny und Pavol Neruda (r.).

Mit einer Reality-TV-Show und geschicktem Storytelling wollen zwei Tschechen Mixed Martial Arts revolutionieren. Der Plan ist riskant, die beiden machen Schulden, um ihre Organisation überhaupt ins Leben rufen zu können. Dank Deutschland könnte alles in einem epischen Rekord münden.

Den Job an den Nagel hängen, um seinen Träumen nachzujagen – das ist immer eine einschneidende Entscheidung im Leben. Wenn der Traum jedoch zusätzlich in einer Nische stattfindet, ist das Risiko praktisch unkalkulierbar. Das hat die beiden Tschechen Pavol Neruda und Ondrej Novotny nicht davon abgehalten, alles aufzugeben, sich zu verschulden und eine eigene MMA-Organisation auf die Beine zu stellen. Als verrückt und leidenschaftlich beschreibt Neruda die Arbeit in der nun größten MMA-Liga, die im Frankfurter Deutsche Bank Park am 12. Oktober erneut Geschichte schreiben will.

Das historische Event mit rund 60.000 Zuschauern im Frankfurter Stadion wird exklusiv auf RTL+ zu sehen sein (im Premium Monats-Abo ab 8,99 Euro). Den Hauptkampf bestreiten Christian Eckerlin und Christian Jungwirth. Dazu stehen elf weitere Kämpfe, eine Eröffnungszeremonie und eine Halbzeitshow an.

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Der Weg dorthin und vor allem der Erfolg in Deutschland war so zunächst nicht geplant – erträumt dagegen schon. Die O2-Arena in Prag sei zur Gründung 2016 eines der großen Ziele gewesen, erklärt Neruda im Interview mit ntv/RTL. Man habe dann doch etwas kleiner begonnen. Für den Kickstart brauchte das Duo aber Geld und Zeit. Jeder der beiden nahm einen Kredit über 25.000 Euro auf und kündigte seinen Job. "Wir waren so entschlossen, unser Ziel zu erreichen, dass wir nicht wirklich über die Konsequenzen nachgedacht haben", sagt Neruda, der bis dato im PR-Bereich tätig war. Novotny war jahrelang Kommentator bei Eurosport, zunächst für Tennis, seit 1999 aber bereits für K-1 und Kickboxen. Eine Art Fallschirm habe es nicht gegeben. "Wir haben alles auf eine Karte gesetzt!", blickt Neruda zurück.

Das erste Projekt war eine Mischung aus MMA und Reality-TV. In Projekt X standen sich tschechische und slowakische Kämpfer gegenüber. Die zwei Teams lebten und trainierten zusammen. In mehreren Vorrundenkämpfen qualifizierten sich die Sieger für die erste Live-Veranstaltung der Organisation. In den Ländern der ehemaligen Tschechoslowakei war die Show und das erste Live-Event ein enormer Erfolg.

Die richtigen Zugpferde

"Nach den ersten vier Events haben wir gesehen, dass wir ziemlich schnell wachsen. Da war schon klar, dass wir über die Grenzen der ehemaligen Tschechoslowakei hinausmüssen." Der Schritt nach Deutschland im Jahr 2021 sei entscheidend gewesen. "Seitdem ist unser Ansehen in Europa enorm gewachsen. Und persönlich fühle ich mich den Deutschen viel näher, als ich dachte, dass wir es sein werden. Die Stimmung und die Art und Weise, wie wir in Tschechien denken, was wir mögen – wir sind sehr nah beieinander."

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In Deutschland hatte man mit Christian Eckerlin und Stephan Pütz vom MMA Spirit in Frankfurt auf die richtigen Zugpferde für den deutschen Markt gesetzt. "Dabei war MMA in der Festhalle damals noch gar nicht erlaubt. Nur wenige Monate später gab die Stadt ihr Okay und uns einen Termin. 4. Juni 2021 – das Datum werde ich nie vergessen", so Neruda. Der Organisation blieben nur ein paar Monate, um ein Team für Deutschland aufzubauen, die deutsche Umsetzung von Projekt X zu drehen und die erste Veranstaltung vorzubereiten. "Und es war ein Erfolg, bis auf wenige Tickets haben wir alle verkauft."

Bei Oktagon folgten daraufhin renommierte Fighter wie David Zawada oder Alexander Poppeck. Das Konzept, mit Local Heroes und geschicktem Storytelling, Fans für den Sport zu begeistern, ging auf. Köln, Stuttgart, München – in den folgenden zwei Jahren verkaufte Oktagon die größten deutschen Hallen aus, nun gipfelt das Unterfangen im Deutsche Bank Park in Frankfurt. Eine Art Probelauf gab es im Sommer, als Oktagon im Eden Stadion in Prag vor 30.000 Menschen veranstaltete.

Alles für den Rekord?!

Daraus konnten Novotny und Neruda wichtige Dinge mitnehmen. "Im Eden Park haben wir gesehen, dass bei der Eröffnungszeremonie 60 Tänzer in einem Publikum von 30.000 einfach untergehen. Es muss alles etwas größer werden dieses Mal." Trotz der Stadionerfahrung ist Frankfurt eine Herausforderung für die Tschechen. "Vieles konnten wir uns in diesem Ausmaß so nicht vorstellen. Alleine was die Sicherheit angeht, ist Frankfurt sehr teuer. Oder das Catering, auch verrückte Zahlen, plus die Sitzgelegenheiten. Und du willst es so zusammenbringen, dass wir einen Zuschauerrekord aufstellen."

55.000 Tickets sind bereits verkauft. Mit Eckerlin und Christian Jungwirth treffen die populärsten MMA-Athleten aufeinander. Gepaart mit weiteren Titelkämpfen von Vertretern aus Deutschland wie Katharina Dalisda oder Kerim Engizek und kombiniert mit einer Halbzeitshow wie in der NFL soll dann ein Rekord geknackt werden: das größte MMA-Event Europas. Noch hält die polnische Organisation KSW den Rekord mit 57.776 Zuschauern. Man würde zudem die UFC überflügeln, die 2019 in Australien das Marvel Stadium mit 57.127 Zuschauern ausverkaufte. Größer als Oktagon 62 wären letztlich nur vier Events in Japan. Die liegen schon über 20 Jahre zurück und hatten sowohl K-1-Kämpfe als auch ein anderes Regelwerk. Beispielsweise variierte die Rundenlänge in Fernost von den heute üblichen drei Mal fünf Minuten.

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"Bigger than ever" ist das Motto des Mammutprojekts. Finanziell dürfte das der Organisation noch einmal mehr Schub geben. Zehn Millionen Euro betrug der Umsatz in 2022, in 2023 überschritt er die 17 Millionen. Alleine das Frankfurt-Event sprengt wahrscheinlich diese Sphären für 2024. Ein "Jackpot" sei Oktagon 62 letztlich nicht für die Organisation, erklärt Neruda. "Finanziell ist das Frankfurt-Event natürlich eine große Sache, aber auch, weil die Kosten so hoch sind. Das, was hängenbleibt, ist entsprechend nicht wie ein Jackpot für uns." Neben den Tausenden und vielleicht sogar Millionen Zuschauern hoffen die Tschechen auf eine weltweite PR-Welle, die vor allem die Position in Europa festigen wird. "Wir wollen aber auch in Zukunft Veranstaltungen schaffen, die unsere Marke auf ein neues Level heben. Stadion-Shows gehören dazu, sollen aber immer etwas Besonderes bleiben."

Deutschland spielt in den Oktagon-Plänen auch in Zukunft eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt, weil der Deal mit RTL bei einem erfolgreichen Event in Frankfurt ausgebaut werden könnte. "Wir waren 2024 bereits sechs Mal in Deutschland, im nächsten Jahr sollen es mehr Veranstaltungen werden. Wir werden vor Oktagon 62 eine Pressekonferenz mit dem Titel 'Oktagon Time' abhalten und alle Städte bekannt geben." Den Wert seiner Organisation schätzt Neruda auf rund 100 Millionen Euro, "sofern man damit jetzt an die Börse" gehen würde. Ein solcher Schritt ist aber noch Zukunftsmusik. "Erstmal wollen wir mit Oktagon 62 Geschichte schreiben!"

Quelle: ntv.de

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