Anklage noch offen: Polizei sieht aktive Beteiligung Bolsonaros an Putschversuch
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Brasiliens Ex-Präsident droht ein Prozess. Der Grund ist ein Bericht über seine Rolle im gescheiterten Staatsstreich 2022. Die ist offenbar größer als bisher angenommen. Bolsonaro soll den Plan mit entwickelt haben. Im für ihn schlimmsten Fall verschwindet er über Jahre im Gefängnis.
Der frühere brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat Ermittlern zufolge nach seiner Wahlniederlage im Jahr 2022 aktiv an einem versuchten Staatsstreich mitgewirkt, um im Amt zu bleiben. Der rechtsextreme Politiker sei sich auch eines mutmaßlichen Plans zur Ermordung Lulas "vollständig bewusst" gewesen und habe dazu beigetragen, hieß es in einem Bericht der brasilianischen Bundespolizei, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Er habe ein Ende der Rechtsstaatlichkeit in Brasilien herbeiführen wollen, sei aber letztlich gescheitert.
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Bolsonaro sei "aktiv" an der Ausarbeitung des Putschplans beteiligt und "direkt in die Ausarbeitung von Dokumenten und Strategien involviert" gewesen, um auch nach der Wahlniederlage an der Macht zu bleiben. "Er war eine der zentralen Figuren bei den Treffen, bei denen die zu ergreifenden Schritte und Maßnahmen festgelegt wurden", hieß es weiter.
Die Bundespolizei hatte vergangene Woche eine Anklage gegen Bolsonaro und 36 weitere Personen empfohlen und einen 900-seitigen Bericht an den Obersten Gerichtshof weitergeleitet, der den Bericht nun öffentlich machte. Bolsonaro wies die Anschuldigungen zurück, bezeichnete sie als "absurd" und behauptete, er sei ein Opfer "politischer Verfolgung". "Das Wort 'Putsch' stand noch nie in meinem Wörterbuch", sagte Bolsonaro am Montag in der brasilianischen Hauptstadt Brasília. Generalstaatsanwalt Paulo Gonet muss entscheiden, ob Bolsonaro tatsächlich vor Gericht gestellt wird.
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Nach Einschätzung von Rodrigo Rios, Juraprofessor an der PUC-Universität in Curitiba, könnte Bolsonaro im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe von 15 Jahren oder mehr drohen. "Bolsonaros Zukunft sieht düster aus", sagte Rios der AP.
Bolsonaro verlor 2022 die Wahl gegen den linksgerichteten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Laut dem Polizeibericht kam es nicht zu dem Putsch, weil der damalige Militärchef Marco Antônio Freire Gomes und andere ranghohe Vertreter der Streitkräfte nicht mitziehen wollten. In der vergangenen Woche waren allerdings vier Soldaten festgenommen worden, die an dem mutmaßlichen Anschlagsplan auf Lula beteiligt gewesen sein sollen.
Quelle: ntv.de, als/AP/AFP