Nachrichten in der Welt


Nachrichten der Welt

Drittknappster Erfolg seit 1888: Trump verkauft Sieglein als Erdrutsch

November 30
10:16 2024

Politik

Den letzten Erdrutschsieg gab es 1984.

Den letzten Erdrutschsieg gab es 1984.

Donald Trump ist bekannt für seine Superlative. Seit der Wahl sprechen er und seine Anhänger von einem "Erdrutschsieg", die USA hätten ihm ein "beispielloses und mächtiges Mandat" geschenkt. Die Zahlen zeigen etwas anderes.

Als Donald Trump in den frühen Morgenstunden des 6. November seine Siegesrede hält, hat er Geschichte geschrieben. Behauptet er. "Das ist die größte politische Bewegung, die das Land je gesehen hat", sagt der designierte Präsident. Das amerikanische Volk habe ihm ein "beispielloses und mächtiges Mandat" gegeben. Trumps Verbündete sehen es ähnlich: Seit der Wahl sprechen republikanische Abgeordnete und Loyalisten von einem "Erdrutschsieg". Das Gegenteil ist der Fall. Trumps Sieg zählt zu den kleinsten Erfolgen eines Präsidenten in der US-Geschichte.

239281c8957cd8907dcd1077c7ee09d3.jpg

Politik 27.11.24 Weißes Haus statt Gefängnis Trump hat höchstmöglich gepokert – und gewonnen

Noch sind nicht alle Stimmzettel ausgezählt, jedoch ist davon auszugehen, dass Trump insgesamt weniger als die Hälfte der Stimmen erhalten wird. Aktuell liegt er in der Popular Vote, also der Gesamtheit der abgegebenen Stimmen, bei 49,9 Prozent, Kamala Harris bei 48,3 Prozent. Nach der Auszählung von 99 Prozent, also knapp 154 Millionen Stimmen, hat Trump damit weniger als 2 Prozent Vorsprung. Hätten sich rund 235.000 Wählerinnen und Wähler in den Swing States Michigan, Pennsylvania und Wisconsin anders entschieden, hätte Harris gewinnen können. In den meisten US-Bundesstaaten gilt das "Winner takes all"-Prinzip: Wer sich die Mehrheit sichert, bekommt die Stimmen aller Wahlleute, die letztlich den Sieg bringen.

Drittkleinster Vorsprung seit 1888

Richard Stengel, ehemaliger Beamter des US-Außenministeriums in der Regierung von Präsident Barack Obama, wies bei X auf den historischen Vergleich hin: "Trump ist bei der Popular Vote unter 50 Prozent gefallen. Sein Vorsprung ist der drittkleinste seit 1888." Auch Laurence Tribe, amerikanischer Rechtswissenschaftler und ehemaliger Professor an der Harvard Universität, kommentierte Trumps Triumphgesang: "Geben Sie sich nicht der Illusion hin, dass Trump das Mandat hat, den Rechtsstaat mit Füßen zu treten oder die Verfassung zu ignorieren. Das ist kein Mandat, sondern ein knapper Sieg", schrieb er.

Den letzten Erdrutscherfolg gab es in den USA im Jahr 1984. Damals begann der Republikaner Ronald Reagan seine zweite Amtszeit nach einem Erfolg mit 18,2 Prozent Vorsprung in der Popular Vote. Zwölf Jahre zuvor hatte der Republikaner Richard Nixon mit 23,2 Prozent vor seinem Kontrahenten George McGovern gesiegt, 1964 gewann Lyndon Johnson mit 22,6 Prozentpunkten Vorsprung. Trump wird bei der Zertifizierung des Wahlergebnisses am 6. Januar 312 Wahlleutestimmen erhalten, Kamala Harris lediglich 226. Doch damit liegt er weit hinter Obama, der auf 365 kam, oder Ronald Reagan, der vor 40 Jahren sogar auf 525 erhielt.

US-Wahl 2024 US-Wahl 2020 US-Wahl 2016 US-Wahl 2012 US-Wahl 2008 US-Wahl 2004 US-Wahl 2000

Obwohl die diesjährige Wahl zu den sechs knappsten der vergangenen hundert Jahre zählt, feiern Trumps Anhänger den Sieg ihres Kandidaten als Durchmarsch. Ähnlich wie der designierte Präsident, der bekannt für seine Superlative ist, tragen auch sie die Fabel vom großen Wahlsieg weiter. Schon zwei Tage nach der Wahl verkaufte sein Team T-Shirts mit "Erdrutschsieg"-Aufdruck; Elon Musk und Vivek Ramaswamy, die Trump als Berater für einen radikalen Umbau des Regierungsapparates ernannt hat, kommentierten dessen Sieg im "Wall Street Journal" als die Entscheidung der Bevölkerung für ein "klares Mandat für umfassende Veränderungen".

Kein überzeugendes Mandat

Doch Trumps Sieg ist kein Freifahrtschein. Die absolute Mehrheit hat er nicht gewonnen, und im Repräsentantenhaus ist die sie äußerst dünn. Ob der größere Teil der Bevölkerung hinter seiner Agenda steht, die eine radikale Umgestaltung der Außen- und Innenpolitik, Massenabschiebungen oder die Aufhebung von Klimaschutzprogrammen bedeuten könnte, ist damit unklar.

Trump schlug seine Kontrahentin in allen sieben Swing States, auch der Senat wird unter republikanischer Kontrolle sein. Trump ist zudem der erste Republikaner seit 20 Jahren, der die Popular Vote gewonnen hat; trotz zahlreicher Ermittlungen, vier Anklagen, zwei Amtsenthebungsverfahren, mehrerer Zivilgerichtsverfahren und einer Verurteilung. Durch ein Erdrütschchen.

Quelle: ntv.de

Neueste Beiträge

4:06 Warnung vor wachsenden Gefahren: Faeser: Putin hat es auf Deutschland abgesehen

0 comment Read Full Article