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Corona: Verwirrung um Studie zu Ebola-Medikament Remdesivir

April 24
17:51 2020

Das experimentelle Medikament Remdesivir soll Viren zurückdrängen und wird auch an Covid-19-Patienten getestet. Nach anfänglichem Optimismus gab es nun einen Rückschlag.

Noch am vergangenen Freitag gab es einen vorsichtigen Hoffnungsschimmer: Laut einem Bericht des Gesundheitsportals "Stat" sollte das experimentelle Ebola-Medikament Remdesivir Covid-19-Patienten geholfen haben. In einem Krankenhaus in Chicago hätten von 125 behandelten Personen fast alle die Klinik innerhalb einer Woche verlassen können, hieß es. Allerdings waren diese vorläufigen Ergebnisse mit großen Unsicherheiten behaftet.

Offiziell wurden die Ergebnisse bislang nicht veröffentlicht. Unklar war auch, wie alt die untersuchten Patienten waren und ob sie Vorerkrankungen hatten. Beides entscheidet darüber, mit wie großer Wahrscheinlichkeit sie auch ohne das Mittel innerhalb einer Woche wieder gesund geworden wären. Eine Kontrollgruppe gab es nicht. Sie hätte verraten, wie sich eine Infektion in einer vergleichbaren Testpopulation ohne Remdesivir entwickelt hätte.

Nicht mal eine Woche später wurden am Donnerstagabend ebenso ungesicherte Hinweise bekannt, dass das Mittel Patienten möglicherweise doch nicht nutzt: Die "Financial Times" berichtete am Donnerstag, dass es mithilfe von Remdesivir nicht gelungen sei, den Gesundheitszustand von Corona-Patienten zu verbessern. Die Zeitung berief sich dabei auf die unfertige Zusammenfassung einer Studie aus China, die offenbar aus Versehen kurzzeitig auf der Website der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu sehen war. Die WHO bestätigte die Datenpanne.

Wirkung weiter unklar

Laut dem Medienbericht wurden bei diesem klinischen Test 158 Infizierte mit Remdesivir behandelt. Eine Kontrollgruppe aus 79 Patienten erhielt ein Placebo, also eine Behandlung ohne Wirkstoff. Nach einem Monat waren dem Zeitungsbericht zufolge 13,9 Prozent der Probanden gestorben, denen Remdesivir verabreicht worden war. In der Kontrollgruppe, die den Wirkstoff nicht erhalten hatte, waren es 12,8 Prozent. 18 Patienten mussten den Angaben zufolge wegen zu starker Nebenwirkungen aus der Studie ausgeschlossen werden.

Remdesivir erhöhte das Sterberisiko demnach sogar etwas. Allerdings dürfte der Unterschied von nicht mal einem Prozent bei der kleinen Studiengruppe kaum signifikant sein. Genauso gut ist es möglich, dass das Mittel keine Wirkung hat und der Unterschied in der Studie zufällig zustande kam. Auch dass Remdesivir in Wahrheit doch nützt, sich das in der Studienpopulation aber nicht gezeigt hat, wäre vorstellbar.

Ob Remdesivir bei schweren Corona-Infektionen hilft, lässt sich demnach derzeit schlicht nicht sagen. Es ist insgesamt zu wenig über seine Wirkung im Zusammenhang mit Covid-19 bekannt. Aufschluss können nur weitere Studien geben. Sie finden derzeit in Kliniken in mehreren Ländern statt. Auch mehrere deutsche Kliniken sind beteiligt. Insgesamt soll das Mittel an 7600 Patienten untersucht werden. Die WHO räumt dem Wirkstoff seit Januar Priorität in der Forschung ein und lässt ihn weltweit im Zusammenhang mit dem neuen Virus testen.

Nachricht lässt Pharma-Aktienkurs fallen

Die Aktien des Pharmakonzern Gilead Sciences, der Remdesivir entwickelt hat, verloren nach der Veröffentlichung der neuen, schlechten Nachrichten an der Wall Street zeitweilig mehr als sechs Prozent an Wert. Nach den vor einer Woche vorab bekanntgewordenen positiven Daten war Euphorie an den Börsen ausgebrochen. Händler zogen daraus Hoffnung, dass die Corona-Pandemie schnell überwunden werden könne.

Gilead Sciences wies die Darstellung der neuen Studienergebnisse nach Erscheinen des Zeitungsberichts zurück. Der auf der WHO-Website veröffentlichte Beitrag sei eine "unangemessene" Zusammenfassung des Experiments. Die Studie sei wegen geringer Beteiligung vorzeitig beendet worden und daher statistisch nicht aussagekräftig.

Gegenwärtig gibt es kein Medikament und keinen Impfstoff gegen den Corona-Erreger. Remdesivir hat Gilead Sciences ursprünglich zur Behandlung anderer Virenerkrankungen entwickelt, etwa Ebola und Mers und Sars. Die Erreger von Mers und Sars gehören ebenfalls zu den Coronaviren. Bei einer Infektion soll das Mittel verhindern, dass das Virus sein Erbgut in den Körperzellen massenhaft vervielfältigt und es somit zurückdrängen.

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