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Österreich im Fußballrausch: Arnautović hat feuchte Augen, “Schneckerl” fordert eine Statue

June 21
23:16 2024

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Österreich feiert – und wie: Der Trainer verliert kurzzeitig seine Brille von der Nase, dem Kapitän kommen die Tränen. Beim zweiten EM-Spiel erlöst sich das Land und hofft auf den Einzug ins Achtelfinale. Ein Spieler, der wieder mal im Fokus steht: Marko Arnautović.

Das "Schneckerl" forderte noch am Abend zwei Statuen. Eine für Christoph Baumgartner und die andere für Marko Arnautović. Aufgestellt werden sollen sie vorm Ernst-Happel-Stadion in Wien. Der Leipziger und der "wuide Hund" hatten Österreichs Fußballer beim emotionalen Heimspiel in Berlin, dort haben sie ihre EM-Basis bezogen, zuvor den ersten Sieg in ihrer EM-Gruppe geschenkt. Nach der Top-Leistung zum Auftakt am Montag gegen Frankreich, die aber nicht belohnt worden war (0:1), gab es nun einen klaren 3:1-Sieg gegen Polen. Und der wurde wie wild gefeiert, Trainer Ralf Rangnick flog die Brille kurzzeitig von der Nase und Arnautović konnte nach seinem Treffer zum 3:1 aus elf Metern die Tränen nicht zurückhalten.

Polen – Österreich 1:3 (1:1)

Tore: 0:1 Trauner (9.), 1:1 Piatek (30.), 1:2 Baumgartner (66.), 1:3 Arnautovic (78., Foulelfmeter)
Polen: Szczęsny – Bednarek, Dawidowicz, Kiwior – Piotrowski (46. Moder), Slisz (75. Grosicki) – Frankowski, Zalewski – Zieliński (87. Urbanski) – Buksa (60. Lewandowski), Piatek (60. Swiderski). – Trainer: Probierz
Österreich: Pentz – Posch, Lienhart, Trauner (59. Danso), Mwene (63. Prass) – Seiwald, Grillitsch (46. Wimmer) – Laimer, Baumgartner (81. Schmid), Sabitzer – Arnautović (81. Gregoritsch). – Trainer: Rangnick
Schiedsrichter: Halil Umut Meler (Türkei)
Gelbe Karten: Slisz, Moder, Lewandowski, Szczęsny – Wimmer, Arnautović
Zuschauer: 70.000 (ausverkauft) in Berlin

Auf den Tribünen ging's ohnehin hoch her. Die Alpenrepublik plötzlich ein Land der Fußball-Begeisterten, ja da schau her, die Österreicher! Die Chance aufs Achtelfinale bei der EM ist bestens intakt, der nächste Gegner hat es allerdings in sich. Die Niederländer warten im letzten Gruppenduell. Aber wovor soll sich diese Mannschaft denn verstecken? Vermutlich steht da die beste Generation auf dem Feld, die das Land je gesehen hat. Und das trotz der Ausfälle von einem Giganten wie David Alaba oder dem Leipziger Abräumer Xaver Schlager.

Einer, der nicht mehr ganz lange zu dieser Generation gehören wird, ist Arnautović. Mittlerweile ist der Stürmer 35 Jahre alt. Er ist, das darf man behaupten, auf den letzten Metern seiner schillernden Karriere unterwegs. Die alle Extreme berührte. Während aus dem großen Red-Bull-Imperium, einer Herzkammer des österreichischen Erfolgs, sehr nette Jungs kommen, ist Arnautović ein bisschen der Gegenentwurf. Was nicht bedeuten soll, dass er nicht nett ist. Er muss es sein, jedenfalls ist das ganze Land (so denn fußballinteressiert) in den Kapitän verliebt. Als junger Fußballer galt er als herausragend talentiert, aber als untrainierbar. Trainer-Legende José Mourinho, der den Wiener einst bei Inter Mailand traf, sagte damals: "Ein fantastischer Spieler mit der Einstellung eines Kleinkindes." Arnautović, wegen seiner brillanten Fähigkeiten auch "Astronautovic" genannt, hat es seinen Mitspielern und Trainern nicht immer leicht gemacht.

Grüße sogar vom Bundeskanzler

Aber weil er ist, wie er ist, lieben sie ihn eben. Den Marko. Beim ersten Spiel in Düsseldorf wurde er spät für Michael Gregoritsch eingewechselt. Auf den Rängen riefen sie seinen Namen lauter als jeden anderen. Es ging nochmal ein Ruck durch das Team, auch wenn der nicht mehr für Risse in der französischen Abwehrmauer sorgte. Dieses Mal durfte er beginnen. Und seine Ausstrahlung hilft der Mannschaft noch immer, auch seine raffinierte Art auf dem Feld. Vor dem 2:1 von Baumgartner ließ er einen Pass von Marcel Sabitzer clever durchlaufen. Das sorgte für einen kleinen Überraschungsmoment in der polnischen Abwehr, drin war das Ding. Später traf er dann selbst, aus elf Metern. Gekonnt ausgeguckt, statt wuchtig reingeknallt. Man kennt solche Momente auch von ihm.

"Es war eine große Anspannung vor dem Spiel. Ich denke, wir haben von der ersten Minute an gezeigt, dass wir gewinnen wollen. Die Ansprache vom Trainer war dann so deutlich, dass wir in der zweiten Halbzeit gezeigt haben, wer wir sind", sagte Arnautović laut der Zeitung "Kurier". Tatsächlich war das schwungvolle Duell in der ersten Halbzeit deutlich ausgeglichener gewesen als nach dem Wiederanpfiff.

Und Arnautović wäre nicht er selbst, wenn es an diesem Abend nicht auch ein kleines bisschen um ihn selbst gehen würde: "Natürlich hört man von der Außenwelt: 'Der ist zu alt, der kann das Spiel vom Ralf Rangnick nicht mehr.' Ich denke, es ist nicht so. Ich kann noch immer. Ich habe Spaß, in diesem Nationalteam zu sein." Warum er nach seinem Treffer Tränen in den Augen hatte, erklärte er ebenfalls: "Es war sehr emotional für mich, es war ein Familiengrund. Es gab einen Vorfall mit meinem Vater, dem es nicht so gut gegangen ist. Er war heute aber im Stadion – alles perfekt." Auch für den Bundeskanzler. Karl Nehammer freute sich bei X über den Sieg der "Burschen" und "besonders freue ich mich über das Tor von Marko Arnautović. Herzlichen Glückwunsch!" Wer ist der Held in Österreich? Noch Fragen?

Einmal Rebell, immer Rebell

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Den Rebellen, den er seit je her in sich und nicht immer unter Kontrolle hat, bekommt er aber auf den letzten Metern nicht mehr heraus. Als Sabitzer in der ersten Halbzeit den Abschluss suchte, statt zu passen, zeigte der Stürmer einen ganz langen Augenblick an, was die bessere Option gewesen wäre: er nämlich. Später rempelte er einen Gegner weg, falls Österreich noch einen Push brauchte. Arnautović lieferte ihn. Das Vertrauen in sich selbst ist unerschütterlich. Das hat in der Vergangenheit zu Problemen geführt. Auch mit seiner Nation. 2011, im März, liefert er sich wutentbrannt eine handgreifliche Auseinandersetzung mit Stefan Maierhofer. Er wurde daraufhin suspendiert. Viele Jahre später bezeichnete Arnautović diesen Fehltritt als den Tiefpunkt seiner an Eskapaden und Skandalen reichen Laufbahn. Da habe er einfach "nicht viel nachgedacht". Wie so oft. Doch "Gott sei Dank sind sie dann drauf gekommen, dass sie mich doch brauchen", sagte er dann.

113 Mal hat er mittlerweile für sein Land gespielt, niemand tat das häufiger. Die Fans verehren ihn. Weil er ihnen immer wieder große Momente auf dem Platz schenkte und unvergessliche Anekdoten daneben. Als er etwa nach einem nächtlichen Autorennen zu Polizisten sagte: "Ich verdiene so viel, ich kann dein Leben kaufen", war es um seinen Status geschehen: Er wurde eine Legende. Die jetzt eine Statue bekommen soll. So wünscht es sich das "Schneckerl", Österreichs Jahrhundert-Fußballer Herbert Prohaska (in seiner Kolumne für die "Krone"). Gute Nachrichten gibt es übrigens auch von der Sehhilfe des Trainers: "Die Brille ist glaube ich noch okay, ansonsten habe ich noch zwei Ersatzbrillen dabei", sagte Rangnick. Österreich im Fußballrausch.

Quelle: ntv.de

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