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News zum Russland-Ukraine-Krieg: Das geschah in der Nacht zu Donnerstag (22. September)

September 22
04:26 2022

Mit eindrücklichen Worten hat sich der ukrainische Präsident per Video an die Uno gewandt – es gab stehende Ovationen. Der Bundespräsident fürchtet weitere Eskalationen. Und: Kiew und Moskau tauschen Gefangene aus. Das geschah in der Nacht.

Das sagt Kiew

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor den Vereinten Nationen eine Bestrafung Russlands für den Angriffskrieg gegen sein Land verlangt. »Es wurde ein Verbrechen gegen die Ukraine begangen, und wir fordern eine Bestrafung«, sagte Selenskyj am Mittwoch (Ortszeit) in einer Videobotschaft vor der Uno-Vollversammlung in New York. Russland müsse bestraft werden für das Morden, die Folter, die Erniedrigungen und die desaströsen Turbulenzen, in die es die Ukraine gestürzt habe.

Neben der Einrichtung eines Sondertribunals verlangte Selenskyj unter anderem einen Entschädigungsfonds für die Ukraine und einen Entzug von Russlands Veto-Recht im Uno-Sicherheitsrat.

Nach seiner Rede standen die meisten Vertreter der 193 Mitgliedstaaten im Saal des Uno-Hauptquartiers auf und klatschten knapp eine Minute lang – dies kommt in der Vollversammlung selten vor. Die Vertreter Russlands blieben derweil sitzen.

Selenskyj warnte angesichts der Lage am umkämpften ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja eindringlich vor einer internationalen Nuklearkatastrophe. Das russische Vorgehen dort »macht Sie alle zu einem Ziel«, so Selenskyj. Die »russische Strahlenerpressung ist etwas, das jeden Einzelnen von Ihnen betreffen sollte«, denn niemand werde einen Impfstoff gegen die Strahlenkrankheit haben, ergänzte er.

Der ukrainische Oberbefehlshaber Waleryj Saluschnyj gibt sich trotz der von Russland verkündeten Mobilmachung von bis zu 300.000 Reservisten siegessicher. Die Ankündigung aus Moskau belege nur die Stärke der Ukraine, schrieb er am Mittwoch auf Facebook. »Hunderttausende Männer und Frauen schützen ihr Heimatland, ihre Häuser, ihre Kinder und die Zukunft der Ukraine.« Daran ändere sich durch das Moskauer Vorgehen nichts. »Wir werden jeden vernichten, der mit Waffen in unser Land kommt – ob freiwillig oder durch Mobilisierung«, drohte Saluschnyj.

Die ukrainische Armee wehrte nach Angaben des Generalstabs in Kiew am Mittwoch fünf russische Angriffe ab, darunter bei Kupjansk im Gebiet Charkiw. Über den Eisenbahnknotenpunkt lief bislang der Nachschub für die russischen Truppen im Donbass. Die Ukrainer brachten bei ihrer Gegenoffensive Anfang September Kupjansk zum großen Teil unter ihre Kontrolle. Der Generalstab berichtete von russischem Panzer- und Artilleriebeschuss an vielen Abschnitten der Front. In mehr als 30 Ortschaften sei zivile Infrastruktur beschossen worden. Die Militärangaben waren zunächst nicht unabhängig überprüfbar.

Das passiert derzeit in Russland

Bei Demonstrationen gegen die Teilmobilmachung in Russland sind nach Angaben von Aktivisten landesweit mehr als 1300 Menschen festgenommen worden. Es habe bei spontanen Protesten in mindestens 38 Städten am Mittwoch Festnahmen gegeben, erklärte die Organisation OVD-Info, die Festnahmen in Russland dokumentiert. Es sind die größten Proteste in Russland seit den Demonstrationen, die es Ende Februar nach Beginn des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine gegeben hatte.

SPIEGEL-Korrespondentin Christina Hebel berichtet, auf dem Arbat, einer zentralen Straße in Moskau, machten die Sicherheitsbehörden Jagd auf einzelne. Viele Frauen seien gekommen. (Mehr dazu erfahren Sie hier.)

Nordkorea wird nach eigenen Angaben keine Waffen oder Munition an Russland liefern. Dies berichtet die nordkoreanische staatliche Nachrichtenagentur KCNA. »Wir haben noch nie Waffen oder Munition nach Russland exportiert und werden dies auch nicht tun«, zitierte KCNA am Donnerstag einen ranghohen Mitarbeiter des nordkoreanischen Verteidigungsministeriums. Die USA und andere feindliche Kräfte hätten Nordkorea die Verletzung einer Resolution des Uno-Sicherheitsrats vorgeworfen und Gerüchte über Waffengeschäfte zwischen der Volksrepublik Nordkorea und Russland in die Welt gesetzt.

Der stellvertretende Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, hatte Anfang des Monats erklärt, Russland sei dabei, Millionen von Raketen und Artilleriegranaten aus Nordkorea für den Einsatz in der Ukraine zu kaufen.

Internationale Reaktionen auf Russlands Teilmobilmachung

US-Außenminister Antony Blinken hat die Mobilisierung als Zeichen des Scheiterns gewertet. Der Schritt spiegele die Schwierigkeiten des Kremls auf dem Schlachtfeld wider, erklärte Blinken am Mittwochabend (Ortszeit) in einer schriftlichen Stellungnahme. Es zeige, wie unpopulär der Krieg in Russland sei und wie wenig die Russen bereit seien, darin zu kämpfen. »Präsident Wladimir Putin handelt nicht aus einer Position der Stärke heraus«, betonte Blinken mit Blick auf den Kremlchef: »Vielmehr ist dies ein weiteres Zeichen seiner fehlgeschlagenen Mission.«

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wertet die russische Teilmobilmachung als besorgniserregendes Zeichen für eine weitere Eskalation des Kriegs in der Ukraine. »Das alles spricht sehr dafür, dass hier zu letzten Mitteln gegriffen wird, um die Situation weiter zu eskalieren – keine guten Zeichen für den weiteren Fortgang dieses Kriegs«, sagte Steinmeier am Mittwoch am Rande eines Staatsbesuchs in Mexiko.

Russlands Führung sei offenbar bereit, auch mehr Opfer unter den eigenen jungen Leuten in Kauf zu nehmen, betonte Steinmeier. »Und wer die Rede von Präsident Putin nachgelesen hat, kann sie nicht anders als zynisch empfinden.« Er baue den Westen zu einem riesigen Monster auf, in dem Nazis angeblich Russland und seine territoriale Integrität bedrohten. »Alles das, um zu begründen, dass jetzt eine Teilmobilmachung unter den jungen Leuten in Russland stattfinden soll.«

Außenministerin Annalena Baerbock hat Putin angesichts dessen jüngster Eskalation im Ukrainekrieg einen brutalen Angriff auf die Vereinten Nationen und den Weltfrieden vorgeworfen. Putin führe seinen Krieg nicht nur mit Panzern, Energie und Nahrungsmitteln, sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch am Rande der Uno-Generalversammlung. Baerbock weiter: »Jetzt führt der russische Präsident seinen Krieg auch mit der Methode Angst.« Die Bundesregierung lasse sich aber »nicht von Angst leiten, sondern wir lassen uns von Verantwortung leiten« – gegenüber der Friedensordnung in Europa und den Menschen in der Ukraine.

Die Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten könnte die russischen Truppen nach Meinung des Deutschen Reservistenverbandes eher schwächen als stärken. »So schlecht vorbereitete Soldaten in einen Krieg zu schicken, ist menschenverachtend und wird militärisch ein Desaster für Russland«, sagte der Präsident des Reservistenverbandes, Patrick Sensburg, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Auch Reservisten müssten gut ausgebildet und vorbereitet werden.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat dem russischen Präsidenten angesichts neuer nuklearer Drohungen Leichtsinn vorgeworfen. Putin wisse selbst, dass ein Atomkrieg niemals gekämpft werden sollte und nicht gewonnen werden könne, sagte Stoltenberg am Mittwoch dem ZDF-»heute journal« von New York aus. Ein Nuklearkonflikt sei gefährlich für Russland und für den Rest der Welt.

Es sei nicht das erste Mal, dass Putin »nukleare Rhetorik« verwende. Das ändere aber nichts an der Pflicht des Westens, ruhig zu bleiben. Der Chef des Verteidigungsbündnisses betonte: »Die Nato will keine Konfrontation mit Russland.« Die Allianz sei nicht Teil des Konfliktes.

Humanitäre Lage

Nach Angaben eines hohen ukrainischen Regierungsbeamten hat Russland 205 ukrainische Gefangene und zehn Ausländer freigelassen. Darunter befänden sich auch Offiziere des Asow-Regiments, die bei der Belagerung von Mariupol gefangen genommen wurden. Im Gegenzug habe die Ukraine den Chef einer verbotenen prorussischen Partei, Viktor Medwedschuk, und 55 weitere Gefangene an Russland übergeben.

Was heute passiert

  • Am Rande der 77. Generaldebatte der UnoVollversammlung in New York soll sich am Donnerstag (ab 16 Uhr deutscher Zeit) der Uno-Sicherheitsrat mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine befassen. Zu der Sitzung werden unter anderem die Außenminister Russlands, der Ukraine und Deutschlands, Sergej Lawrow, Dmytro Kuleba und Annalena Baerbock erwartet. Baerbock wird auch an Nebenveranstaltungen zur Strafverfolgung während des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, zur Reform des Uno-Sicherheitsrates sowie zu feministischer Außenpolitik teilnehmen und sich mit Partner aus der Pazifikregion sowie ihrem chinesischen Amtskollegen Wang Yi treffen.

  • Der Bundestag berät in seiner Plenarsitzung am Donnerstag (ab 9 Uhr) erstmals über das von der Regierung geplante Inflationsausgleichsgesetz. Dieses sieht Senkungen der Einkommensteuer als Ausgleich für die sogenannte kalte Progression vor. Zudem soll die Mehrwertsteuer auf Gas als Ausgleich von Mehrbelastungen durch die geplante Gasumlage von diesem Oktober bis Ende März 2024 von 19 auf sieben Prozent gesenkt werden. Die Union fordert in einem Antrag die stärkere Unterstützung der Ukraine auch durch die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern.

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