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News: Israel, Benjamin Netanyahu, Olaf Scholz, Emmanuel Macron, Credit Suisse, Ukraine-Krieg

March 16
08:57 2023

Diplomatie-Test für den Kanzler

Der israelische Ministerpräsident kommt nach Berlin. Das ist so selbstverständlich wie wichtig. Deutschlands besondere historische Verantwortung für Israel bleibt, die Existenz und Sicherheit des jüdischen Staates sind Teil der deutschen Staatsräson.

Doch die unverbrüchliche Freundschaft wird in diesen Tagen auf eine harte Probe gestellt. Die rechtsreligiöse Regierung von Immer-wieder-Premier Benjamin Netanyahu treibt nicht nur den Siedlungsbau in den besetzten palästinensischen Gebieten voran, sondern will auch wichtige Justizrechte abbauen. Seit Wochen protestieren in Israel Hunderttausende gegen die Reform. Der Zentralrat der Juden ist besorgt. 1000 israelische Künstler und Intellektuelle sehen ihr Land »auf dem Weg von einer lebendigen Demokratie zu einer theokratischen Diktatur« und forderten die Absage des Netanyahu-Empfangs in Berlin.

Das stand für Olaf Scholz nicht zur Debatte. Doch ist der Besuch des schwierigen Freundes aus Jerusalem für den Kanzler eine diplomatische Herausforderung.

Über Netanyahus Angriffe auf die Demokratie zu schweigen, ist keine Option. Ihn auf offener Bühne zu maßregeln aber auch nicht. Scholz müsste womöglich mit einem scharfen Konter rechnen: Als Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Kanzleramt den Holocaust relativierte, versäumte der Kanzler zunächst den öffentlichen Widerspruch. Nicht ausgeschlossen, dass Netanyahu ihn daran erinnern würde.

Also Klartext, aber nur hinter verschlossenen Türen? Das wäre sicher zu wenig, dafür ist die Lage in Israel zu ernst. Der Kanzler muss deutliche Worte finden, ohne seinen Gast vorzuführen oder zu belehren. Vielleicht wäre der Verweis auf den israelischen Präsidenten Isaac Herzog hilfreich. Dieser hat jetzt einen Kompromiss vorgeschlagen, der nach seinen Worten das Parlament und die Regierung stärken, aber zugleich eine unabhängige Justiz gewährleisten soll. Aus Netanyahus Regierung kamen am Mittwochabend allerdings bereits ablehnende Signale.

Fest steht: Es wird kein einfacher Auftritt für Scholz. Und es allen recht zu machen, geradezu unmöglich.

  • Israelischer Wissenschaftler Yashiv: »Netanyahu ist kein Partner für den Westen, sondern ein Problem«

Macron boxt sich durch

Es stinkt in Paris. Seit zehn Tagen streikt die Müllabfuhr in der französischen Hauptstadt, inzwischen türmen sich Tausende Tonnen Abfall auf den Straßen. Und der Ausstand soll noch bis Anfang nächster Woche weitergehen.

Die Müllberge sind zum Symbol des Widerstands gegen die Rentenreform geworden. Mehrfach haben Hunderttausende gegen die Pläne des Präsidenten protestiert, Gewerkschaften zu Streiks aufgerufen, bei den Verkehrsbetrieben, Kraftwerken, Raffinerien – oder eben bei der Müllabfuhr.

Doch es hilft wohl alles nichts. An diesem Donnerstag dürfte Emmanuel Macron am Ziel sein: Nachdem der Vermittlungsausschuss von Senat und Nationalversammlung am Mittwoch einen Kompromiss zwischen den Kammern beschlossen hat, kann der Präsident darauf hoffen, dass ihm Abgeordnete der konservativen Républicains heute im Parlament zu einer Mehrheit für die Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre verhelfen.

Kehrt dann wieder Ruhe ein in Frankreich? Damit ist nicht zu rechnen. Macron geht es nur noch darum, die Reform, ohnehin nur eine abgespeckte Version früherer Pläne, irgendwie durchzuboxen und seinen Ruf als Reformer wiederherzustellen. Akzeptanz hat er so nicht geschaffen. Stattdessen muss er nicht nur befürchten, dass die Proteste weitergehen, sondern dass viele Französinnen und Franzosen aus Frust zu den Populisten abwandern.

Die Rechtsnationalistin Marine Le Pen inszeniert sich schon lange als Anwältin des Volkes und freut sich über gute Umfragewerte. Bei der Präsidentschaftswahl 2027 hofft sie auf ihre nächste Chance. Macron darf dann nach zwei Amtszeiten nicht wieder antreten.

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Gefährliche Begegnung über dem Schwarzen Meer

Immerhin, sie reden miteinander. Das ist gut. Und irgendwie beruhigend. Für den Moment.

Denn einerseits: Dass sich der amerikanische Verteidigungsminister nach Monaten der Funkstille zu einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen genötigt sieht, zeigt, wie ernst der Zwischenfall über dem Schwarzen Meer ist. Dort war am Dienstagabend eine US-Drohne nach einer Berührung mit einem russischen Kampfjet abgestürzt.

Andererseits: Wer redet, der schießt (noch) nicht. Es ist wichtig, wenn zwei Atommächte in Krisenzeiten Kommunikationskanäle offenhalten, um notfalls Missverständnisse ausräumen zu können. Um ungewollte Eskalationen zu vermeiden.

Ob die gefährliche Konfrontation der Atommächte vom Dienstagabend ein Missverständnis war, sei dahingestellt. Die öffentlichen Darstellungen, wie genau sich die Begegnung der Su-27-Kampfflieger mit der Reaper-Drohne abgespielt hat, gehen weiter auseinander. Das direkte Gespräch zwischen Lloyd Austin und Sergej Schoigu lässt aber erkennen, dass beide Seiten an einer Eskalation kein Interesse haben.

Der Reaper-Zwischenfall lässt sich wohl auch deswegen bald abhaken, weil niemand zu Schaden kam. Nur sind im internationalen Luftraum über dem Schwarzen Meer nicht nur unbemannte und unbewaffnete Fluggeräte der Amerikaner unterwegs, denen russische Kampfjets begegnen könnten. Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass ein Telefonat stets ausreicht, um einen Flächenbrand zu verhindern.

  • Konfrontation bei Aufklärungsflug: Verteidigungsminister Russlands und der USA telefonieren wegen Drohnenabsturz

Mehr Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

  • »Wir haben Videobeweise für all das«: Washington und Moskau stellen den Absturz einer US-Drohne über dem Schwarzen Meer ganz unterschiedlich dar. Nun erwägen die USA, Bildmaterial von dem Vorfall zu veröffentlichen.

  • Erlässt Den Haag einen Haftbefehl gegen Putin? Der Internationale Strafgerichtshof will russische Verantwortliche laut einem Zeitungsbericht wegen der Verschleppung ukrainischer Kinder und Angriffen auf zivile Infrastruktur anklagen. Die USA sind dabei keine Hilfe.

  • Aus Niedersachsen direkt an die Front: Ukrainische Soldaten haben ihre Ausbildung am Kampfpanzer Leopard 2 in Deutschland abgeschlossen. Bald kehren sie an die Front im Donbass zurück – und hoffen auf einen Durchbruch gegen Hunderttausende russische Rekruten.

  • Russische Öleinnahmen sinken um 42 Prozent: Wirkt der Ölpreisdeckel der G7? Nach den Daten der IAE verdient Russland inzwischen deutlich weniger mit dem Verkauf von Erdöl. Und die Probleme könnten noch größer werden.

Der alte (aber nicht so alte) Fifa-Präsident wird auch der neue sein

Gestern schrieb ich an dieser Stelle ein paar kritische Zeilen über Gianni Infantino. Mir ist dabei ein Fehler unterlaufen. Nicht im Urteil über den Fifa-Präsidenten, aber ich habe ihn viel älter gemacht, als er ist. 73 sei er, habe ich behauptet. Wie ich darauf kam? Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist Infantino erst 52 Jahre alt, in einigen Tagen wird er 53. Ich bitte um Entschuldigung.

So oder so, Infantino steht heute beim Kongress des Fußball-Weltverbandes im ruandischen Kigali zur Wiederwahl. Und wenn kein Wunder geschieht, wird der alte (aber eben doch nicht ganz so alte) Fifa-Präsident auch der neue sein. Bei aller Kritik am selbstherrlichen Auftreten des Schweizers – seine Machtbasis ist stabil.

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Verlierer des Tages…

… ist die Credit Suisse. Seit Monaten ist die zweitgrößte Bank in der Krise, nun hat sich die Lage des einst stolzen Geldhauses noch einmal dramatisch verschärft.

Finanzberichte weisen Mängel auf, der größte Anteilseigner aus Saudi-Arabien kann kein weiteres Geld nachschießen – am Mittwoch befanden sich die Aktienkurse der Credit Suisse im freien Fall, auch andere Bankpapiere rutschten ab. Am Abend versuchte die Schweizer Zentralbank gemeinsam mit der dortigen Finanzmarktaufsicht die Lage zu beruhigen: »Im Bedarfsfall« werde man die Credit Suisse stützen. Ein wichtiges Signal. In der Nacht zu Donnerstag erklärte die Credit Suisse dann, sich bis zu 50 Milliarden Franken bei der Nationalbank leihen zu wollen.

Und doch: Erst das Bankenbeben im Silicon Valley, jetzt schwere Turbulenzen in der Schweiz – die Angst vor einer neuen Finanzkrise geht um.

  • Bankensektor: Wie gefährlich ist das Straucheln der Credit Suisse?

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Amnesty berichtet über Folter an festgenommenen Kindern und Jugendlichen: Schläge, Elektroschocks, Vergewaltigungen: Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International gehen Geheimdienste und Sicherheitsbehörden in Iran grausam gegen minderjährige Demonstranten vor.

  • Ministerpräsident Mark Rutte hat ein Problem von rechts: Die Bauern sind wütend, die Menschen im Land unzufrieden – davon profitierten bei den niederländischen Provinzwahlen die Populisten. Ihr Erfolg bedroht nun die Regierungskoalition in Den Haag.

  • In Libyen werden 2,5 Tonnen Uran vermisst: Experten der Uno-Atombehörde waren in dem Land im Einsatz. Ihren Angaben zufolge sind zehn Behälter mit »Yellowcake« unauffindbar: Das nukleare Material sei »nicht dort, wo es eigentlich sein sollte«.

Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • »Das sind normale Reaktionen auf ein unnormales Desaster«: Güler Yavuz Temel saß in Hamburg live am Handy, als in der Türkei die Erde bebte. Ihre Schwiegereltern starben. Jetzt kämpft sie mit Schuldgefühlen. Die Psychiaterin Meryam Schouler-Ocak kennt das Phänomen – und sagt, was hilft.

  • »Tempolimit bringt mehr als alle Staus aufzulösen«: Auf einen Schlag acht Millionen Tonnen CO₂ sparen? Mit einem Tempolimit ginge das, sagt Markus Friedrich. Der Verkehrsprofessor erklärt, wie er auf die Zahl kommt und was an einer alternativen Berechnung der FDP dran ist.

  • »Ihr nennt uns Gesindel, wir nennen uns Bürger«: Paulskirche, Nationalstaat, Parlamentarismus: 1848 gilt als Musterbeispiel der »bürgerlichen Revolution«. Dabei lösten Bauern, Handwerker und Arbeiterinnen die Revolte aus. Weil sie Gerechtigkeit einforderten.

  • Wie sich innerhalb von Sekunden alles ändern kann:Mit kleinen Kindern in den Zoo gehen ist eigentlich immer eine sichere Nummer. Wir sind jede Woche da. Und trotzdem passiert manchmal etwas Episches.

Kommen Sie gut in den Tag.

Herzlich,

Ihr Philipp Wittrock, Chef vom Dienst in Los Angeles

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