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News des Tages: Rammstein-Sänger Till Lindemann, Nahrungsergänzungmittel ,Joe Bidens Sturz

June 02
23:46 2023

1. Junge Frauen erheben schwere Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann – doch am krassen Machtgefälle im Musikgeschäft dürfte sich erst mal wenig ändern

Die Songs der Band Rammstein haben oft einen tollen Wumm, für den ich mich begeistern könnte, wenn ich nicht die allermeisten Texte abenteuerlich schlecht fände. »Der kalte Mond in voller Pracht / hört die Schreie in der Nacht«, wird da zum Beispiel gedichtet. Derlei Grusellyrik ist nicht mein Fall. Heute wurde bekannt, dass nicht nur die Irin Shelby Lynn, die sich als Twitternutzerin »das Mädchen, der BEI Rammstein was in den Drink getan wurde« nennt, sondern auch mehrere andere Frauen schwere Vorwürfe vor allem gegen das Rammstein-Umfeld und Till Lindemann, den Sänger der Band, erheben. Anknüpfend an die Vorwürfe von Lynn erklärt die Band, sie könne »ausschließen, dass sich was behauptet wird, in unserem Umfeld zugetragen hat«.

Die »Süddeutsche Zeitung« und der NDR berichten, junge Frauen würden offenbar gezielt für Sex mit Lindemann ausgewählt.

Zwei Frauen berichten demnach von mutmaßlichen sexuellen Handlungen, denen sie nicht zugestimmt hätten. Laut »SZ« und NDR haben sowohl Lindemann als auch die Band Fragen zu konkreten Vorwürfen inhaltlich unbeantwortet gelassen. Anfragen des SPIEGEL erging es ebenso, ein Anwalt der Band erklärte lediglich, dass es für die vorgeworfenen sexuellen Übergriffe an einem »Mindestbestand an Beweistatsachen« fehle.

Die Artikel zeichnen nach, wie junge Frauen offenbar gezielt angesprochen worden seien – auf Konzerten selbst oder auf Instagram –, um sie zu speziell für Lindemann ausgerichteten Aftershowpartys einzuladen.

Im aktuellen SPIEGEL-Leitartikel geht meine Kollegin Melanie Amann der Frage nach, »warum zum Teufel im Jahr 2023 noch immer so viele Stars ihre weiblichen Fans so mies behandeln«. Und wieso viele Frauen einen Umgang erdulden, wie er jetzt im Fall der Band Rammstein berichtet wird .

Vielleicht seien die möglichen Übergriffe nicht das größte Problem, schreibt Melanie. »Viel gravierender sind die nicht justiziablen Umstände, die Übergriffe erleichtern oder ermöglichen. Die von den Frauen geschilderten Taten sind letztlich eine Eskalation der herrschenden Zustände im Superstar-Kosmos.«

Die Musikwelt lebe oft vom Star als Bad Guy und den Fans, die sich gerade deshalb an ihn ranschmeißen. »Die kreischenden Girls, die Stars in ihre Hotels verfolgen und Selbstbestätigung ziehen aus einem Zwinkern oder Lächeln von der Bühne hinab, die von einem Kuss oder einer heißen Nacht träumen – kann es in so einer Szene überhaupt #MeToo geben? Ja, kann es.« Denn das System habe die zentrale Zutat aller #MeToo-Fälle: ein krasses Machtgefälle.

»Das Traurige ist: Die Zustände lassen sich nicht mit schärferen Regeln beseitigen«, schreibt meine Kollegin. »Strukturen, die Machtmissbrauch befördern, müssen von den Mächtigen beseitigt werden, die sie geschaffen haben – idealerweise, weil diese Leute erkennen, dass es nicht cool oder ruhmreich ist, von jungen Frauen ständige sexuelle Verfügbarkeit zu erwarten. Oder notfalls unter Zwang, wenn die Fans nicht mehr mitspielen, oder das Groupie-Wesen nicht mehr glorifiziert und verharmlost wird . Aber dafür dürfte dieser Fall kaum reichen.«

  • Lesen Sie hier den ganzen Leitartikel: Bad Guys und Groupies

2. Viele Deutsche kaufen und schlucken nutzlose Nahrungsergänzungmittel – und schaden sich in vielen Fällen sogar damit

»Die meisten Menschen sterben an ihren Arzneien und nicht an ihren Krankheiten«, hat der große Komödiendichter Molière behauptet. Molière hätte vermutlich gestaunt über die Pillen und Pulver, die sich viele Menschen heute selbst verordnen, weil sie sich davon die Verbesserung ihrer Gesundheit, Schönheit oder ein langes Leben versprechen. Die aktuelle SPIEGEL-Titelgeschichte handelt vom gefährlichen Geschäft mit Vitaminen, Mineralstoffen und Pflanzenextrakten – Nahrungsergänzungsmittel verkaufen sich prächtig. Sie sind aber für die meisten Menschen nutzlos und können sogar Darm, Herz, Niere oder Leber angreifen.

Mein Kollege Jörg Blech berichtet von kritischen Ärzten und Wissenschaftlerinnen, die den Boom der Supplemente mit Sorge sehen. Die Präparate hielten fast nie, was sie versprechen. »Mehr noch, sie können sogar schaden und das Leben verkürzen.« Tatsächlich seien die meisten Menschen in Deutschland durch die normale Auswahl aus dem Super- oder Wochenmarkt ausreichend mit Nährstoffen versorgt. Viele Nahrungsergänzungsmittel aber enthielten grundsätzlich gesunde Stoffe in so abnorm hohen Konzentrationen, dass sie ihren Nutzern gefährlich werden können.

Dass die zweifelhaften Produkte reißenden Absatz finden, liege an den oftmals maßlosen Gesundheitsversprechen der Hersteller. Auch Influencerinnen und Influencer tragen mit Werbung für Nahrungsergänzungsmittel und Beiträgen in ihren Stories, Videos und Fotoposts zum Erfolg der Ware bei. In der Regel könne man schon froh sein, schreibt Jörg, »wenn Nahrungsergänzungsmittel im Körper keinen Schaden anrichten und man sie wieder ausscheidet – als teuren Urin.«

Das Chaos auf dem Markt der Ergänzungsmittel werde von den Verbraucherzentralen seit Langem kritisiert. Sie fordern, so schreibt mein Kollege, unter anderem »die Festlegung von Höchstmengen für Mineralstoffe sowie Vitamine« und »eine Meldestelle, wo Neben- und Wechselwirkungen der Präparate erfasst werden«.

  • Lesen Sie hier die SPIEGEL-Titelgeschichte: Das gefährliche Geschäft mit den Nahrungsergänzungsmitteln

3. Nach seinem erneuten Sturz vor Kameras versucht US-Präsident Joe Biden, Bedenken wegen seines Alters wegzulächeln – seine Berater sorgen sich trotzdem

Der amtierende US-Präsident Joe Biden ist 80 Jahre alt und bei einem öffentlichen Auftritt nicht zum ersten Mal ins Straucheln gekommen. Die Bilder von Bidens Sturz auf den Boden einer Rednerbühne, auf der er vor Absolventen einer Militärakademie gesprochen hatte, haben heute viele Menschen beschäftigt.

Biden selbst machte nach seiner Rückkehr in die US-Hauptstadt Washington vor Fernsehkameras einen Scherz und einen kleinen Hüpfer. Sein Vorgänger im Amt, der Republikaner Donald Trump, 77, hat den Sturz des Demokraten Biden – offenbar stolperte er über einen auf der Bühne herumliegenden Sandsack – mit überraschend milden Worten kommentiert.

Ist ein hohes Alter im politischen Geschäft hinderlich oder doch eher von Vorteil? Mein in Washington arbeitender Kollegen Rolland Nelles hat erst gestern in einem Kommentar, den ich sehr überzeugend finde, darauf hingewiesen, dass Biden wegen seines Auftretens und seines Alters von vielen Leuten unterschätzt werde. »Der alte Herr im Weißen Haus ist der erfolgreichste US-Präsident seit Jahren . Auf jeden Fall hat er in seiner Regierungszeit mehr politische Großprojekte mit Zustimmung aus beiden Parteien durchgesetzt als sein Vorgänger Donald Trump«, schreibt Roland. Die solide politische Handwerkskunst, die Biden auszeichnet, verdanke er seinem Geschick und seiner Erfahrung.

Biden ist 2021 als ältester Präsident aller Zeiten ins Weiße Haus eingezogen. Ende April kündigte er an, er wolle bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr für eine zweite Amtszeit antreten.

Wie beurteilt Roland heute die Reaktion des Präsidenten? »Biden versucht die Sache wegzulächeln, seine Anhänger auch. Es gibt schon den Vorschlag, der Präsident sollte einen Gehstock benutzen«, sagt er. »Zugleich ist genau das der Albtraum im Biden-Lager: Wenn der Präsident ausfällt, etwa nach einem weiteren Sturz, diesmal mit Komplikation, gibt es bei den Demokraten keinen Plan B für die nächste Präsidentenwahl.« Umgekehrt gelte: »Auch Trump könnte gesundheitliche Probleme bekommen, er ist ja auch nicht mehr der Jüngste.«

  • Lesen Sie hier mehr: Biden stürzt auf Bühne bei Absolventenfeier

Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine:

  • Luftalarm in gesamter Ukraine, Schweizer Parlament stimmt gegen Waffentransfer: Eine weitere russische Angriffswelle richtet sich gegen Kiew. Die Schweiz will keine Waffen an die Ukraine liefern lassen. Und: Nato-Luftwaffenübung über Deutschland.

  • Wie der Krieg in der Ukraine die deutsch-russische Diplomatie austrocknet: Deutschland und Russland schließen Generalkonsulate – ein weiterer Schritt im gegenseitigen Schlagabtausch der Diplomaten. Koalitionspolitiker verteidigen die jüngsten Maßnahmen gegen Moskaus Vertreter .

  • Hier finden Sie alle aktuellen Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine: Das News-Update

Was heute sonst noch wichtig ist

  • Chinas neuer Verteidigungsminister droht mit Eroberung Taiwans: Drohungen gegen Taiwan gibt es aus Peking regelmäßig. Der neue Verteidigungsminister nimmt sich nicht aus – hat aber nun den Zeitpunkt provokant gewählt: unmittelbar vor einem Treffen mit Amtskollege Pistorius.

  • Streit über Scholz-Untersuchungsausschuss spitzt sich zu: Noch vor der Sommerpause soll ein Untersuchungsausschuss im Bundestag zur Cum-ex-Affäre starten. Die Union wirft der SPD dennoch Blockade vor – und droht im SPIEGEL mit dem Gang vor das Bundesverfassungsgericht.

  • Rekordhitze in China setzt Stromnetze unter Druck: Schon seit März leiden weite Teile Asiens unter Hitzewellen, diese Woche erlebte auch China neue Höchsttemperaturen. In den nächsten Tagen wird wohl wieder die 40-Grad-Marke übertroffen.

Meine Lieblingsgeschichte heute: Der Untergang des Titan-Ichs

Meine Kollegin Anja Rützel schreibt eine Liebeserklärung über und an Oliver Kahn, der beim FC Bayern gescheitert ist, für sie aber ein Held bleibt. Sie liebe, schreibt Anja, Kahns Begabung, »seine Titanhaftigkeit in Banalitäten zu legen.« Ein Riesenspaß!

  • Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Für immer King Kahn

Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen

  • Was treiben deutsche Kampfpiloten in China? Sie steuerten Jets der Bundeswehr, nun bilden Ex-Soldaten in der Volksrepublik Militärflieger aus – und kassieren dafür horrende Gehälter. Für die deutschen Sicherheitsbehörden stellen sich heikle Fragen .

  • Was steckt hinter Russlands Vorwürfen gegen Apple? Der Geheimdienst FSB behauptet, eine US-Spionageoperation enttarnt zu haben. Apple weist die Vorwürfe gegen sich zurück. Zugleich meldet Kaspersky den Fund einer mächtigen Überwachungssoftware in iPhones .

  • Wie Rindfleisch aus dem abgeholzten Regenwald in Europa landet: Der weltweite Hunger auf Rindfleisch tötet den Regenwald in Brasilien. Eine Recherche zeigt nun: Das Fleisch aus den illegal gerodeten Gegenden kaufen wohl auch deutsche Konzerne wie Tönnies .

  • Ein kurzer Weg vom Tatort zum Grab: Am Landgericht Ulm hat der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder der 14-jährigen Ece aus Illerkirchberg begonnen. Die Eltern des Mädchens sind nicht anwesend, im Ort wirkt das Verbrechen noch stark nach .

Was heute weniger wichtig ist: Streitlustiger Tennisstar

Wut am Netz: Taylor Fritz, 25, hat sich bei den French Open bei seinem Sieg über Lokalmatador Arthur Rinderknech, 27, mit den französischen Fans auf den Rängen angelegt. Der US-Amerikaner wurde lautstark ausgebuht, weil er sich nach dem verwandelten Matchball immer wieder den Zeigefinger auf die Lippen legte. Danach verkündete er spöttisch: »Ich liebe euch, ich liebe euch.«

Mini-Hohlspiegel

Hier finden Sie den ganzen Hohlspiegel.

Cartoon des Tages

Und heute Abend?

Könnten Sie sich in der Mediathek des Ersten den Film »Toni Erdmann« ansehen, ein in vielen Szenen überraschendes Meisterwerk der Regisseurin Maren Ade. Meine Kollegin Hannah Pilarczyk preist ihn als »wild, komisch, klug«.

Die männliche Hauptrolle und den Vater einer von Sandra Hüller gespielten jungen Managerin spielt Peter Simonischek, den ich auch in seinen Theaterrollen sehr geschätzt habe. Er ist am 29. Mai gestorben und war ein Künstler, der seinem Publikum fast immer gute Laune machte.

Einen schönen Abend. Herzlich

Ihr Wolfgang Höbel, Autor im Kulturressort

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