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Friedrich Merz’ Asyl-Äußerungen: Bodo Ramelow sieht AfD durch Äußerung unterstützt – Hendrik Wüst verteidigt den CDU-Chef

September 29
06:26 2023

Thüringens linker Ministerpräsident Bodo Ramelow hat dem Unionsfraktionsvorsitzenden Friedrich Merz (CDU) vorgeworfen, mit seiner Äußerung zur Zahnbehandlung abgelehnter Asylbewerber das Geschäft der AfD zu betreiben. »Die AfD haut sich auf die Schenkel, fühlt sich bestätigt und durch die Bestätigung ihrer Klischees sogar noch unterstützt«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wer »Ressentiments bedient, der lenkt von den eigentlichen Problemen der medizinischen Versorgung ab«, fügte er hinzu mit Blick auf die wachsende Konzentration von Arztpraxen in den Händen großer Firmen.

Merz hatte am Mittwoch in einer Diskussion über die Migrationspolitik im Fernsehsender »Welt« gesagt: »Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300.000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen. Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.«

SPD und Grüne reagierten empört. Bundesinnenministerin Nancy Faeser, SPD-Spitzenkandidatin für die Hessen-Wahl in eineinhalb Wochen schrieb: »Das ist erbärmlicher Populismus auf dem Rücken der Schwächsten. Wer so spricht, spielt Menschen gegeneinander aus und stärkt nur die AfD«. Sie wies Merz' Aussagen als falsch zurück: Asylsuchende würden nur behandelt, wenn sie akut erkrankt seien oder unter Schmerzen litten. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion Katja Mast forderte in der »Rheinischen Post« eine Entschuldigung von Merz.

Tatsächlich bekommen Asylbewerber – auch Geduldete, deren Antrag abgelehnt wurde – in den ersten 18 Monaten nur eine medizinische Akutversorgung, danach aber nahezu vollen Zugang zum Gesundheitssystem.

Wüst erklärt Merz' Aussage

In der Union bekam Merz für seine Äußerung eher Rückendeckung. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte, Merz habe nur auf die generelle Belastung des Staates, der Gesellschaft und der Sozialsysteme durch die stark gestiegene irreguläre Migration aufmerksam machen wollen.

Der Nachrichtenagentur dpa sagte er: »Alle, die sich um Flüchtlinge kümmern, sind gerade am Limit, ob es die Kommunen sind, ob es die Schulen sind, die Kitas, die Kindergärten. Auch die Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer sagen uns, es ist einfach echt zu viel. Das gilt auch für die sozialen Sicherungssysteme, und ich glaube, darauf wollte Friedrich Merz hinweisen.«

Wüst sagte, man müsse mit dem Thema verantwortungsvoll umgehen, aber auch Lösungen anbieten. Man müsse unterscheiden zwischen denen, die vielleicht persönlich gute Gründe hätten, in Deutschland leben zu wollen, aber kein Recht dazu, und jenen, die vor Krieg und Vertreibung geflohen seien. »Wir werden der Gruppe derer, die wirklich ein recht haben, hier zu sein, nur gerecht, wenn wir uns diese Unterscheidung zumuten«, sagte Wüst, der als möglicher CDU/CSU-Kanzlerkandidat gehandelt wird.

Der frühere Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission, der Historiker Andreas Rödder, pflichtete Merz ebenfalls bei. Was der Parteichef anspreche, sei »die toxische Kombination, unter der unser Land leidet: die Überforderung durch ungesteuerte Migration plus die wachsenden Defizite unserer Infrastruktur. Insofern hat er völlig recht«, sagte Rödder der Zeitung »Welt«. »Das Problem von Friedrich Merz ist nicht die Aufregung der Linken, sondern (sind) die Heckenschützen in der eigenen Partei.«

Parteifreunde verteidigten den CDU-Chef unterdessen. Der stellvertretende CSU-Vorsitzende und Chef der christdemokratischen europäischen Parteienfamilie EVP, Manfred Weber (CSU) sagte im Deutschlandfunk: »Friedrich Merz spricht das an, was die Menschen auf der Straße sprechen.« Wenn er im Wahlkampf in Bayern unterwegs sei, seien das die Themen, die die Leute interessierten.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Tino Sorge (CDU), sagte der »Rheinischen Post«: »Friedrich Merz hat Recht. Die scheinheilige Empörung aus Reihen der Ampel sagt viel darüber aus, wie mit kritischen Meinungen umgegangen wird.«

Der CDU-Chef war schon einige Male mit zugespitzten Wortmeldungen zur Migration angeeckt – hatte sich aber gegen Populismusvorwürfe verwahrt und davor gewarnt, heikle Themen nicht anzusprechen. »Wir müssen auch in der Lage sein, mal Probleme zu adressieren. Auch mal mit Formulierungen, die nicht jedem gefallen«, sagte er bei einem CDU-Grundsatzkonvent im Juni. Das sei nicht gleich rechts und nicht gleich rassistisch »und vor allen Dingen nicht irgendwo AfD-Sprech.«

Merz räumte als Fehler ein, im Zusammenhang mit Ukraine-Flüchtlingen von angeblichem »Sozialtourismus« gesprochen zu haben. Zugleich sagte er bei dem CDU-Konvent im Juni: »Bei den Paschas bleibt's.« Nach Silvester-Krawallen in Berlin hatte der CDU-Vorsitzende auf Integrationsprobleme in Schulen hingewiesen – und darauf, dass Väter es sich verböten, dass Lehrerinnen »ihre Söhne, die kleinen Paschas, da mal etwas zurechtweisen«. Auch damals erntete er viel Kritik.

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