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Dieselskandal: EuGH hat zu sogenanntem Thermofenster entschieden

March 21
13:00 2023

Haben Diesel-Kläger Anspruch auf Schadensersatz vom Hersteller, wenn ihr Auto zu viele Abgase ausstößt? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der Frage nun ein wegweisendes Urteil gesprochen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) senkt die Hürden für Schadenersatz-Klagen von Diesel-Käufern bei unzulässiger Abgastechnik. Die Autobauer könnten auch dann haften, wenn sie ohne Betrugsabsicht einfach nur fahrlässig gehandelt hätten, urteilten die Luxemburger Richter in einem Fall, bei dem es um ein Mercedes-Modell ging.

Im Juni 2022 hatte der zuständige Generalanwalt am EuGH bereits in seinem juristischen Gutachten ähnlich argumentiert. Er war ebenfalls der Auffassung, dass Autobauer auch bei Fahrlässigkeit haften. Das EU-Recht schütze hier die Interessen von individuellen Käufern, argumentierte er. Es sei Sache der Mitgliedstaaten, die Regeln für Schadensersatzansprüche festzulegen.

Die Einschätzung der Europäischen Richter könnte nun große Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechung haben. Denn beim Bundesgerichtshof (BGH) hatten Klägerinnen und Kläger bisher nur dann eine Chance auf Schadensersatz, wenn sie vom Hersteller bewusst und gewollt auf sittenwidrige Weise getäuscht wurden. Diese strengen Kriterien waren nur beim VW-Skandalmotor EA189 erfüllt. Dem EuGH genügt nun fahrlässiges Handeln – was sich leichter nachweisen lässt.

Die Richter in Deutschland müssen diese Vorgaben nun umsetzen. Um das EuGH-Urteil abzuwarten, hatten Gerichte aller Instanzen massenhaft Diesel-Verfahren auf Eis gelegt, bei denen es auf diese Frage ankommt. Allein beim BGH sind im Moment mehr als 1900 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden anhängig, die deutliche Mehrzahl war wegen des EuGH-Verfahrens erst einmal zurückgestellt worden.

Der zuständige Senat des BGH hat für den 8. Mai bereits eine Verhandlung angesetzt, in der er die sich »möglicherweise ergebenden Folgerungen für das deutsche Haftungsrecht« erörtern will, um den unteren Instanzen möglichst schnell Leitlinien an die Hand zu geben. Denn mit dem EuGH-Urteil sind noch längst nicht alle Fragen geklärt. Offen ist zum Beispiel, wie viel Geld betroffenen Autokäufern zusteht.

Über konkrete Klagen entscheiden nationale Gerichte

Thermofenster sind Teil der Motorensteuerung, die bei kühleren Temperaturen die Abgasreinigung drosseln. Sie wurden von verschiednen Herstellern standardmäßig eingesetzt. Die Firmen argumentieren, das sei notwendig, um den Motor zu schützen. Umweltorganisationen sehen darin hingegen ein Instrument, das dabei hilft, die Emissionen von Autos unter Testbedingungen kleiner erscheinen zu lassen, als sie es im realen Straßenverkehr sind.

Das europäische Gericht hat in entsprechenden Verfahren schon mehrmals entschieden. Im Juli 2022 erklärte es Thermofenster für unzulässig – außer in bestimmten Ausnahmefällen, wenn es den Fahrer vor Gefahr durch plötzliche und unvorhersehbare Motorschäden schützt. Im November urteilte er, dass Umweltverbände gegen die Zulassung von Autos mit Thermofenster gerichtlich vorgehen dürfen.

Über konkrete Klagen von Autokäufern entscheiden nationale Gerichte. Sie sind dabei aber an die Rechtsauslegung des EuGH gebunden. Der BGH hatte bislang damit argumentiert, dass es sich beim Thermofenster nicht um vorsätzliche Schädigung von Autokäufern handle, sondern höchstens um Fahrlässigkeit. Er hatte Käufern keine Schadensersatzansprüche zugestanden. Diese Argumentation wird sich nun möglicherweise nicht mehr halten lassen.

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