Ortskräfte im Visier der Taliban: Grüne werfen Union vor, Aufnahmezusagen abzuwürgen
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Es war ihnen zugesagt worden: Am Mittwoch landete ein Aufnahmeflug mit Afghanen in Leipzig.
Durch die Taliban sind frühere afghanische Ortskräfte, die für Deutschland arbeiteten, massiv gefährdet – weshalb Berlin ihnen die Aufnahme versprach. Dass die Union nun "aus allen Rohren" dagegen schieße, erzürnt Grünen-Politiker von Notz. Das erschüttere das Vertrauen in deutsche Zusagen.
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz hat die Kritik der Union an den Aufnahmeflügen für Menschen aus Afghanistan scharf zurückgewiesen. "Erneut schießt man aus der Union aus allen Rohren gegen die Aufnahme von Menschen, die vor der Terrorherrschaft der Taliban geflüchtet sind", sagte von Notz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dies sei "nicht nur menschlich zutiefst schäbig, sondern erschüttert auch das Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat und die von ihm gemachten Zusagen".
Es gehe hierbei um Menschen, die "äußerst intensiv und gleich von mehreren deutschen Behörden sicherheitsüberprüft" seien, führte von Notz aus. Sie hätten "eine rechtsverbindliche Aufnahmezusage von Deutschland".

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Zudem verteidigte er das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan. Das Programm stehe "für legale, gesteuerte und sicherheitsüberprüfte Einwanderung". Es abzuwürgen, bedeute, "eingegangene Verpflichtungen wissentlich zu brechen und Humanität über Bord zu werfen". "Solcher Trumpismus darf in Deutschland keinen Platz haben", sagte von Notz in Anspielung auf US-Präsident Donald Trump und dessen Einschnitte bei US-Regierungsprogrammen.
Auch das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte begrüßte die Aufnahmeflüge. Angesichts der Sicherheitsüberprüfungen, die "mittlerweile auf einem extrem hohen Niveau" erfolgten, habe er "deutlich weniger Angst als bei Menschen aus Afghanistan, die auf unkontrollierten Fluchtwegen nach Deutschland kommen", sagte der zuständige Projektbeauftragte Markus Kurczyk dem RND.
Politiker der Union hatten empört auf geplanten Flüge reagiert. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es: "Wir werden freiwillige Bundesaufnahmeprogramme so weit wie möglich beenden (zum Beispiel Afghanistan) und keine neuen Programme auflegen." Darauf verwies der CDU-Innenexperte Alexander Throm. Die geschäftsführende Außenministerin Annalena Baerbock wolle offensichtlich Fakten schaffen, bevor die neue Bundesregierung im Amt, kritisierte er in der ARD. Unionsfraktionsvize Jens Spahn sagte im ZDF: "Jeder Flieger aus Afghanistan ist ein stärkeres AfD-Unterstützungsprogramm, als es jeder Vorsitz in irgendeinem Ausschuss sein könnte." Sachsens Innenminister Armin Schuster hatte erklärt: "Der politische Anstand gebietet einer geschäftsführenden Bundesregierung, maßzuhalten und nicht noch das zu intensivieren, wofür die neue Bundesregierung bekanntermaßen genau nicht stehen wird."
Berlin gab Afghanen verbindliche Zusagen
Am Mittwoch war ein weiterer Aufnahmeflug mit Menschen aus Afghanistan in Deutschland gelandet. Die im pakistanischen Islamabad gestartete Maschine mit 138 Menschen an Bord landete in Leipzig. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums handelte es sich um Menschen, die über verbindliche Aufnahmezusagen Deutschlands verfügten. Laut einem Sprecher des Auswärtigen Amts werden jetzt "prioritär die Fälle abgearbeitet", bei denen bereits Aufnahmezusagen erteilt worden seien. Dabei gehe es um ungefähr noch 2600 Menschen.

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Die Aufnahmezusagen sowie die Aufnahmen erfolgen im Rahmen eines Programms für frühere afghanische Ortskräfte der Bundeswehr und weiterer deutscher Institutionen sowie weiterer Aufnahmeprogramme. Dabei geht es um Menschen, die nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Afghanistan 2021 als besonders gefährdet gelten – beispielsweise Menschenrechtsaktivisten und Medienschaffende. An den Aufnahmeflügen gibt es vor allem aus der Union heftige Kritik. Die Union macht dabei Sicherheitsbedenken geltend.
Generalmajor a.D. Markus Kurczyk vom Verein Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte betonte dagegen im Interview mit ntv.de, dass die Afghanen, die über die Aufnahmeprogramme kämen, sicherheitstechnisch durchleuchtet worden seien. Außerdem machte er moralische Gründe geltend: "Diese Menschen haben mit Arbeitsvertrag für Deutschland gearbeitet, sie haben Deutschland überhaupt erst in die Lage versetzt, die Dinge zu tun, die wir in Afghanistan getan haben." Dass der Einsatz strategisch gescheitert sei können man nicht den Menschen anlasten, die dort für Deutschland gearbeitet hätten. "Nach unserem Verständnis haben wir eine rechtliche Verpflichtung, sie nach Deutschland zu holen, wenn es eine Gefährdung gibt und die Sicherheitsinterviews positiv verlaufen."
Quelle: ntv.de, ghö/AFP