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Mick Schumacher in der Formel 1: Kein Supertalent, aber sehr lernfähig

December 02
21:03 2020
Mick Schumacher im Overall seinen jetzigen Teams Prema Racing Icon: vergrößern

Mick Schumacher im Overall seinen jetzigen Teams Prema Racing

Foto: Frank Hoermann / imago images / Sven Simon

Mick Schumacher hat es geschafft, er fährt künftig in der Formel 1, der Motorsport-Königsklasse. Trotzdem wird der 21-Jährige noch eine Weile lang damit leben müssen, dass keine Geschichte über ihn auskommt, ohne ihn mit seinem Vater zu vergleichen. So auch in diesem Fall. Denn tatsächlich ist es spannend zu sehen, wie verschieden das Rennfahrernaturell der beiden ist.

Als Michael Schumacher 1991 in die Formel 1 kam und bei seinem Debüt im belgischen Spa seinen unterlegenen Jordan-Rennwagen gleich auf den siebten Startplatz stellte, waren die Attribute schnell gefunden, die ihn fortan begleiten sollten: kommender Weltmeister, Supertalent, Überflieger. So offensichtlich war sein Talent.

Für Mick Schumacher, der beim Saisonfinale im Dezember in Abu Dhabi im freien Training erstmals in der Formel-1-Luft auftreten und dann ab 2021 endgültig zum Stammfahrer beim italo-amerikanischen Haas-Team wird, gelten andere Vorzeichen. Auch wenn er optisch und in seiner Art zu sprechen durchaus an den jungen Michael Schumacher erinnert, ist er doch ein ganz anderer Typ.

Erst okay, dann der große Sprung

Am Anfang seiner Karriere startete er noch unter dem Mädchennamen seiner Mutter Corinna (Betsch), um nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der große Überflieger, der als Wunderkind durch die Kart-Serien und dann durch die Nachwuchsformeln gestürmt wäre, war Mick Schumacher schon damals nicht. Immer wieder fiel das auf, was jetzt auch sein neuer Teamchef Günther Steiner feststellte: »Die erste Saison war ganz okay, der große Sprung kam dann immer in der zweiten.« Für den Ex-GP-Piloten Marc Surer ein Zeichen dafür, dass Schumacher vielleicht nicht das absolute große Naturtalent ist, das sofort als der absolute Überflieger auffällt, dafür aber jemand, der besser lernt als viele andere. »Jemand, der alle verfügbaren Informationen aufsaugen und dann entsprechend umsetzen kann. Und das ist in der heutigen Formel 1 vielleicht sogar wichtiger«, glaubt Surer.

Sein etwas längerer Weg nach oben hat Schumacher Zeit gegeben, zu reifen. Mit seinen 21 Jahren tritt er bereits sehr gefestigt auf, sicher auch geprägt von den familiären Umständen, von der Tragödie um seinen Vater Michael. Zudem wird er von Beginn an durch ein Management vertreten, das schon für Michael Schumacher arbeitete. Gerade am Anfang stark abgeschirmt, konnte er sich entwickeln.

»Wir werden sicher nicht um Siege mitfahren«

»Mick ist für sein Alter schon sehr weit, dabei auch ein sehr netter, höflicher junger Mann – und er ist schnell, das ist das Wichtigste«, sagt Haas-Teamchef Steiner. Der Wechsel in die Formel 1 dürfte trotzdem zumindest ein kleiner Kulturschock werden. Die Umgebung ist eine andere als bei seinem bisherigen Arbeitgeber, dem Prema Powerteam in der Formel 2. Künftig hat Schumacher es mit erheblich mehr Leuten zu tun, mit denen er im Team zusammenarbeiten muss: »Das wird ungewohnt sein. Ich hoffe, ich kann mich schnell einarbeiten«, sagte er dazu auf einer Pressekonferenz am Mittwoch, bei der er offiziell vorgestellt wurde. Sein Vertrag bei Haas läuft über »mehrere Jahre«, wie es hieß, was im Formel-1-Jargon meist mindestens zwei Jahre plus Optionen auf Verlängerung bedeutet.

Die Erwartungen sind schon allein ob des Namens groß, das weiß Mick Schumacher: »Wir werden nächstes Jahr sicher nicht um Siege mitfahren«, sagte er. Tatsächlich gehört das Haas-Team eher zu den Hinterbänklern. Es im Qualifying ins Q2 zu schaffen, dann im Rennen ab und zu mal einen Punkt zu holen – das wäre schon ein großer Erfolg für Schumacher. Und natürlich, vor seinem Teamkollegen Nikita Mazepin zu bleiben.

Eine besondere Rolle wird für Schumacher sein neuer Boss spielen, Teamchef Günther Steiner. Der Südtiroler ist mit seiner direkten, kompromisslosen Art, zu sagen, was er denkt, eine große Ausnahme in der Formel 1. All die Winkelzüge dieser Unterhaltungsmaschine, die ganze Politik und ihre Spielchen – Steiner kennt sie sehr genau und äußert sich gern dazu. In der Netflix-Dokuserie wurde er dadurch zu einer Kultfigur. Für alle, die direkt mit ihm arbeiten, kann seine Art aber durchaus gewöhnungsbedürftig sein. Andererseits kann Mick Schumacher sich so ziemlich sicher sein, immer zu wissen, woran er bei seinem Arbeitgeber ist. Insgesamt sind dies gute Voraussetzungen, um die Formel 1 schnell kennenzulernen.

Einige andere Rennfahrersöhne, die es in die Formel 1 schafften, konnten dabei noch auf die direkte Unterstützung ihrer Väter zählen. Nico Rosberg etwa, dessen Vater Keke immer ein Ansprechpartner war, oder Nelson Piquet jr. Bei Pietro Fittipaldi, der jetzt in Bahrain als Ersatzmann für Romain Grosjean nach dessen Feuerunfall im Haas sitzen wird, kommt extra Großvater Emerson, Weltmeister 1972 und 1974, zur Unterstützung an die Strecke. Die Fittipaldis sind ein Musterbeispiel für Familiendynastien im Rennsport – Pietro ist der Vierte aus der Familie, der in der Königsklasse starten wird.

Diese Verbindungen helfen vor allem am Anfang einer Karriere dabei, Sponsorengelder aufzutreiben. So war es auch bei Jacques Villeneuve oder Damon Hill, deren Väter Gilles und Graham früh starben, die aber trotzdem ihren Weg nach oben machten. Dass ein großer Name aber zusätzlichen Druck bedeuten kann, erfuhren sie genauso wie Bruno Senna, auch wenn bei dem nicht der Vater, sondern der Onkel Ayrton die Legende war, gegen die es anzukämpfen galt. Mick Schumacher kennt das alles nur zu gut. Bisher kommt er damit ziemlich gut zurecht.

Icon: Der Spiegel

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