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Wirecard-Treuhänder auf den Philippinen wehrt sich

June 22
20:06 2020
Wirecard-Zentrale in Aschheim bei München Icon: vergrößern

Wirecard-Zentrale in Aschheim bei München

Sven Hoppe/ dpa

Der philippinische Wirecard-Treuhänder Mark Tolentino, der im Auftrag des Zahlungsverkehrsdienstleisters 1,9 Milliarden Euro verwaltet haben soll, hat nach eigenen Angaben nichts mit möglichen unlauteren Geschäften des deutschen Skandalkonzerns aus Aschheim zu tun. In einem Statement, das dem SPIEGEL vorliegt, versichert sein Anwalt Dennis Manalo "unerbittlich", dass Tolentinos Kanzlei MKT Law keinerlei Kenntnis von "angeblichen Unregelmäßigkeiten" habe, wonach Belege über die Bankguthaben bei zwei philippinischen Banken gefälscht sein könnten.

Die 1,9 Milliarden Euro gelten derzeit als verschwunden. Wirecard selbst geht mittlerweile davon aus, dass das angebliche Bankguthaben "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit" gar nicht existiert. Das Unternehmen hat durch den Skandal einen schweren Imageschaden erlitten und kämpft ums Überleben.

Zentrale Figur des Skandals

Tolentinos Kanzlei halte sich strengstens an die Gesetze des asiatischen Landes, so Anwalt Manalo. Ohne den Namen des Klienten zu bestätigen, wird aus dem Schreiben klar, dass Wirecard gemeint ist. Telefonisch war Manalo nicht erreichbar, die Echtheit des Schreibens konnte vom SPIEGEL nicht vollständig verifiziert werden.

Tolentino ist eine der zentralen Figuren des Wirecard-Skandals. Treuhänderisch soll er für Wirecard Geld verwaltet haben, das der Konzern für sein asiatisches Geschäft benötigt. Wirecard wickelt Zahlungsverkehr zwischen Endkunden und Händlern ab und garantiert letzteren, dass das Geld für den Kauf von Produkten fließt. Dafür muss der Konzern Geld vorhalten. Da er in Asien, anders als in Europa, keine Lizenzen hält, um ein Geschäft abzuwickeln, braucht er in Fernost Partner und darf das Geld angeblich nicht selbst verwalten.

Tolentino ist seit 2019 als Treuhänder für Wirecard unterwegs, nachdem sein Vorgänger wegen der vielen Ungereimtheiten rund um das Unternehmen sein Mandat aufgegeben hatte. Die 1,9 Milliarden Euro soll Tolentino im Auftrag von Wirecard bei den philippinischen Großbanken BDO Unibank und Bank of the Philippine Islands (BPI) deponiert haben. Die Institute indes haben nach eigenen Angaben keine Kenntnis von dem Geld. "Wirecard ist kein Kunde von uns", teilten sie mit. Dokumente, die externe Prüfer von Wirecard vorgelegt hätten, seien gefälscht; Papiere, die ein Konto von Wirecard bestätigen sollten, trügen gefälschte Unterschriften von Bankenvertretern. Auch die Zentralbank der Philippinen ist ratlos.

Wo das Geld ist, ob es jemals existiert hat oder Teil eines gigantischen Bilanzbetrugs ist, ist unklar. Wirecard selbst glaubt, betrogen worden zu sein und hat Anzeige gegen unbekannt gestellt.

Der verschwundene Geldbetrag entspricht rund einem Viertel der Bilanzsumme des Zahlungsverkehrsdienstleisters. Weil er fehlt, verweigert der Bilanzprüfer EY (vormals Ernst & Young) das Prüfsiegel für die Wirecard-Bilanz des Jahres 2019. Vorstandschef Markus Braun ist zurückgetreten, auch sein Intimus Jan Marsalek musste gehen. Am Montag teilte Wirecard mit, man habe den Vertrag Marsaleks außerordentlich gekündigt.

Icon: Der Spiegel

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