Will Minsk Gefangenenaustausch?: Belarussisches Staatsfernsehen führt Deutschen in Video vor
Politik

Der verurteilte Deutsche bittet im belarussischen Staatsfernsehen um seine Begnadigung.
Einen Monat nach dem Todesurteil gegen einen Deutschen in Belarus strahlt das Staatsfernsehen ein Video des Mannes aus. Der 30-Jährige fleht um Gnade und wirft der deutschen Regierung Untätigkeit vor. Offenbar will Minsk damit Berlin zum Verhandeln drängen.
Das staatliche Fernsehen in Belarus hat ein Video ausgestrahlt, in dem der zum Tode verurteilte Deutsche Rico Krieger Machthaber Alexander Lukaschenko um Gnade bittet. Die deutsche Regierung tue nichts für seine Rettung, sagt Krieger darin. Unter welchen Umständen das Video aufgenommen wurde, ist unklar.
Der 30-Jährige war in Minsk unter anderem wegen Terrorismus im Auftrag des ukrainischen Geheimdienstes verurteilt worden. Nach Recherchen des "Spiegel" ist der Deutsche nach einer Explosion an einem Eisenbahngleis im Minsker Außenbezirk Oserischtsche Anfang Oktober 2023 in Belarus inhaftiert worden. Demnach wurde er möglicherweise in eine Falle gelockt. "Ich bekenne mich schuldig, definitiv", sagte Krieger in dem Video weiter. Teils waren die deutschen Aussagen klar zu hören zwischen der russischen Übersetzung.
Das autoritär geführte Belarus vollstreckt als letztes Land in Europa noch die Todesstrafe, und zwar durch Genickschuss. Das Auswärtige Amt in Berlin hatte erklärt, der Fall sei bekannt. Der Mann werde konsularisch betreut und man setze sich gegenüber den belarussischen Behörden intensiv für ihn ein. Die Todesstrafe sei eine grausame und unmenschliche Form der Bestrafung, die Deutschland unter allen Umständen ablehne, hieß es weiter. Zu einem von Minsk vorgelegten Verhandlungsangebot äußerte sich das Amt nicht.
"Die Regierung sollte um mich kämpfen"
Nur die eigene Familie kämpfe noch um sein Leben, von offizieller Seite setze sich niemand für ihn ein, sagte Krieger in dem Video. "Noch lebe ich, noch hat man die Zeit zu verhandeln, noch ist es nicht zu spät", flehte der Deutsche. "Die Regierung sollte um mich kämpfen." In dem offensichtlich von der belarussischen Führung lancierten Video bat der Verurteilte zudem unter Tränen darum, seine Tochter, seine Freundin und seinen Vater wiedersehen zu können.
Immer wieder betonte er, dass er den größten Fehler seines Lebens gemacht habe. "Ich bereue jede einzelne Sekunde", sagte er. "Ich kann nur von Glück reden, dass niemand getötet oder verletzt wurde. Gott sei Dank!" Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU habe ihn damit beauftragt, militärische Anlagen in Belarus zu fotografieren und einen Rucksack mit einem Sprengsatz auf Bahngleisen abzulegen.
Kriegers letzte Hoffnung ist eine Begnadigung durch Machthaber Lukaschenko, der als letzter Diktator Europas gilt und der auch schon Todesurteile gegen Ausländer vollstrecken ließ. "Ich kann nur hoffen, dass der Präsident dieses Landes, Herr Lukaschenko, mir verzeiht", sagte er.
Minsk will Berlin "Vorschläge" unterbreitet haben
Krieger war bereits Ende Juni zum Tode verurteilt worden. Das Urteil wurde allerdings erst einen Monat später durch Bürgerrechtsorganisationen bekannt. Der Schuldspruch erging unter anderem wegen Söldnertums. Das belarussische Regime beschuldigt den 30-jährigen Deutschen dem Kastus-Kalinouski-Regiment von Belarussen anzugehören, die im Ukrainekrieg auf der Seite Kiews kämpft. Das Regiment bestreitet allerdings, dass Krieger Teil des Kampfverbandes gewesen sei.
Das Außenministerium in Minsk hatte am Wochenende mitgeteilt, Berlin Vorschläge zur Lösung der Situation gemacht zu haben, ohne weitere Details zu nennen. Es habe Gespräche mit deutschen Diplomaten gegeben. Es wird spekuliert, dass es das mit Russland verbündete Belarus auf einen Gefangenenaustausch abgesehen haben könnte. So ist Kremlchef Wladimir Putin an der Rückholung eines Russen interessiert, der in Deutschland wegen eines Mordes im Berliner Kleinen Tiergarten im Auftrag russischer Behörden verurteilt wurde.
Mehrere Menschenrechtsorganisationen haben die Behörden in Belarus aufgerufen, die Hinrichtung zu stoppen. Das Todesurteil sei besonders alarmierend, weil es vor belarussischen Gerichten zahlreiche und systematische Verstöße gegen das Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren und einen fairen Prozess gebe, teilte die Organisation Libereco Anfang der Woche mit.
Quelle: ntv.de, ino/dpa