Waffen mit größerer Reichweite: Verteidigungspolitiker setzten Scholz vor Selenskyj-Treffen unter Druck
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Deutschland und die USA verweigern der Ukraine den Wunsch, ihre gelieferten Waffen gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet einzusetzen. Politiker der Grünen, FDP und Union fordern nun eine Umkehr für Kiew. Auch die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern ist nun wieder im Gespräch.
Vor dem Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj haben Außen- und Verteidigungsexperten von Grünen, FDP und Union die Lieferung deutscher Waffensysteme mit größerer Reichweite an das von Russland angegriffene Land gefordert. "Wir müssen deutlich mehr Luftverteidigung, Munition und weitreichende Waffen an die Ukraine liefern", sagte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter der Düsseldorfer "Rheinischen Post". "Reichweitenbeschränkungen gelieferter Waffen tragen nicht zur Deeskalation bei, sondern ermöglichen weitere russische Angriffe", mahnte der Grünen-Politiker.
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"Die Ukraine ist im Begriff zu ertrinken, und nach wie vor werfen wir ihr nur Rettungsringe zu, um sie vor dem Ertrinken zu retten", kritisierte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Europaparlament, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. "Warum ist dieser Bundeskanzler nicht dazu bereit, seinen Teil dazu beizutragen, die Ukraine aus dem Wasser zu ziehen?" Sie wünsche sich sehr, dass Selenskyj dem Kanzler noch einmal klarmache, dass es im Fall einer Niederlage der Ukraine nicht der letzte Krieg in Europa gewesen sei, fuhr die FDP-Politikerin fort.
Der CDU-Verteidigungsexperte Johann Wadephul bekräftigte seine Forderung, der Ukraine deutsche Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen. "Die Lieferung von Taurus wäre eine wichtige Hilfe. Das zeigen die erfolgreichen ukrainischen Angriffe auf russische Depots weit im Hinterland durch Marschflugkörper mit vergleichbarer Schlagkraft."
Selenskyj in Berlin erwartet
Selenskyj wird im Rahmen seiner Reise durch mehrere europäische Hauptstädte in Berlin erwartet. Nach Angaben aus Kiew ist für 14.30 Uhr ein Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz geplant. Bei seiner Europa-Reise wirbt Selenskyj um weitere Unterstützung der westlichen Partner für den Kampf gegen die russischen Invasionstruppen. Die Ukraine hat angesichts der überlegenen russischen Luftwaffe von ihren westlichen Verbündeten wiederholt mehr Kampfjets und eine bessere Luftabwehr gefordert, um ihre Bevölkerung zu schützen.
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Selenskyj drängt die USA und Großbritannien zudem seit Monaten, den Einsatz der von ihnen gelieferten Waffen gegen Ziele weit auf russischem Staatsgebiet zu erlauben. Bisher haben die USA und Länder wie Deutschland eine Genehmigung für Angriffe auf Ziele innerhalb Russlands mit ihren Waffen aber nur für unmittelbar an die ostukrainische Region Charkiw angrenzendes Gebiet erteilt.
Selenskyj hatte am Donnerstag in London den britischen Regierungschef Keir Starmer und NATO-Generalsekretär Mark Rutte getroffen. Später kam er in Paris mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron zusammen, bevor er nach Rom zu Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni weiterreiste.
Quelle: ntv.de, gut/AFP