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USA: Donald Trump plant massiven Truppenabzug aus Deutschland

June 05
23:10 2020
Lächeln mit dem Präsidenten: Über die US-Base in Ramstein werden fast alle militärischen Transporte in Richtung Irak oder Afghanistan abgewickelt Icon: vergrößern

Lächeln mit dem Präsidenten: Über die US-Base in Ramstein werden fast alle militärischen Transporte in Richtung Irak oder Afghanistan abgewickelt

JONATHAN ERNST/ REUTERS

US-Präsident Donald Trump plant eine drastische Reduzierung der amerikanischen Truppenpräsenz in Deutschland. Nach SPIEGEL-Informationen hat das Weiße Haus Teile des US-Kongresses darüber informiert, dass das Pentagon bis zum Herbst 2020 zwischen 5000 und 15.000 der derzeit rund 35.000 US-Soldaten aus Deutschland abziehen werde.

Am Freitagabend berichtete auch die US-Zeitung "Wall Street Journal" über entsprechende Abzugspläne der US-Regierung. Demzufolge habe Präsident Donald Trump das Pentagon angewiesen, rund 9500 US-Soldaten aus Deutschland abzuziehen. Ein entsprechendes Memorandum habe Trumps Sicherheitsberater Robert O'Brian unterzeichnet, so der Bericht des "WSJ".

Nato-Partner Deutschland nicht informiert

Die Bundesregierung wurde durch den Schritt einigermaßen kalt erwischt. Sowohl ein Sprecher des Verteidigungsministeriums als auch das Auswärtige Amt, die DER SPIEGEL bereits am frühen Nachmittag mit Nachfragen zu den Details der US-Entscheidung konfrontiert hatte, wollten sich zunächst nicht äußern.

Ein Sprecher der US-Botschaft in Berlin verwies nach einer gleichlautenden Anfrage des SPIEGEL ans Weiße Haus und an das US-Verteidigungsministerium. Das US-Verteidigungsministerium wollte Fragen des SPIEGEL nicht beantworten. Eine Sprecherin teilte per E-Mail mit, das Weiße Haus sei zuständig. Dem Vernehmen nach hatte die US-Regierung den Nato-Partner Deutschland nicht wie üblich vorab über die Entscheidung informiert. Wegen der Tragweite der Pläne kann man dies durchaus als Provokation bezeichnen.

Wichtiges militärisches Drehkreuz

Deutschland ist für die US-Armee eines der wichtigsten militärischen Drehkreuze weltweit. Insgesamt sind aktuell rund 35.000 US-Soldaten in Deutschland stationiert, hinzu kommen 17.000 amerikanische und 12.000 deutsche Zivilisten, die von der US-Armee beschäftigt werden.

Mit dem Personal betreibt die US-Armee unter anderem den Stützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein, über den fast alle militärischen Transporte in Richtung Irak oder Afghanistan abgewickelt werden. Ähnlich zentral ist das US-Lazarett in Landstuhl, wo viele verletzte Soldaten aus den Einsatzgebieten im Irak oder Afghanistan behandelt werden. Außerdem steuern die USA von Süddeutschland aus alle Militärmissionen in Afrika.

Hintergrund der Pläne könnte die Verärgerung des US-Präsidenten über Kanzlerin Angela Merkel sein, die Trumps Einladung für einen G7-Gipfel vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl ausgeschlagen hat. Merkels Sprecher Steffen Seibert hatte Ende Mai erklärt, die Kanzlerin könne die Einladung Trumps zu einem Gipfel in Washington im Juni wegen der Corona-Epidemie leider nicht annehmen.

Trump wollte den Gipfel auch als Signal dafür verwenden, dass die Pandemie besiegt und es nun an der Zeit sei, wieder zur Normalität zurückzukehren. Der Präsident sei der Überzeugung, dass es kein besseres Signal für eine Öffnung des Landes gebe als einen G7-Gipfel in Washington, hatte seine Sprecherin Kalyeigh McEnany erklärt. Merkel vertritt dagegen die Auffassung, dass die Pandemie noch lange nicht überwunden sei.

Im "Wall Street Journal" wurden indes nicht namentlich genannte US-Regierungsbeamte zitiert, die einen Zusammenhang zwischen dem Truppenabzug und dem Ärger über Merkels Gipfel-Absage bestritten. Vielmehr gebe es spätestens seit Herbst 2019 eine Diskussion über die US-Präsenz in Deutschland. In Berlin waren diese durchaus wahrgenommen worden. Einen drastischen Schritt wie jetzt beschlossen hatte aber niemand erwartet.

Bereits frühere Drohungen eines Abzugs

Trump hat schon früher mit einem Truppenabzug aus Deutschland gedroht. Vor einer Europareise im Herbst 2019 spielte er mit der Idee, US-Soldaten von Deutschland nach Polen zu verlegen. Damals hieß es vonseiten der US-Regierung, Deutschland profitiere von der Präsenz der amerikanischen Truppen, wolle sich aber nicht ausreichend an den Kosten beteiligen.

"Es ist wirklich beleidigend zu erwarten, dass der US-Steuerzahler weiter mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwenden", sagte der damalige US-Botschafter Richard Grenell.

Die Bundesregierung nahm die Anwürfe, Deutschland beteilige sich nicht ausreichend an den Kosten für die US-Präsenz, bisher immer recht gelassen und wies die Vorwürfe eines mangelnden finanziellen Engagements zurück. Allein in den letzten sieben Jahren zahlte Berlin mehr als 240 Millionen Euro an die Versorgungsleistungen für ehemalige Mitarbeiter sowie für die Bewirtschaftung von Grundstücken und Gebäuden, die von der US-Armee genutzt werden.

Icon: Der Spiegel

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