US-Präsident hat Hintertüren: Republikaner vermutet Trump-Manöver bei Epstein-Akten
Politik
US-Präsident hat HintertürenRepublikaner vermutet Trump-Manöver bei Epstein-Akten
18.11.2025, 21:31 Uhr Von Roland Peters, New York

Die Kritiker an Trumps Regierung haben sich ein Stück weit durchgesetzt, das US-Repräsentantenhaus stimmt für die Freigabe der Informationen über Sexualstraftäter Epstein. Kommt jetzt alles ans Licht? Noch lange nicht.
Der US-Kongress hat ein neues Kapitel in der Epstein-Saga aufgeschlagen. Das Repräsentantenhaus entschied nach monatelangem politischen und medialen Gerangel mit 427 zu 1 Stimmen: Das Justizministerium soll demnach alle Informationen über den verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein veröffentlichen. Damit wäre jetzt der Senat am Zug, das Votum zu bestätigen, und US-Präsident Donald Trump müsste es unterschreiben.
Ist also bald alles vorbei? Wird die Welt erfahren, ob und welche Prominenten sich von Epstein Minderjährige vermitteln ließen? Wer davon wusste? Ob Trumps Name in weiteren Akten auftaucht? Welche seiner Freunde? Das ist möglich. Aber noch lange nicht sicher.
Der Skandal um die Epstein-Akten hat unter Republikanern und Trumps MAGA-Basis ungeahnte Risse offengelegt. Mindestens vier Abgeordnete der Konservativen im Kongress hatten sich offen gegen den Willen des Präsidenten gestellt, die Veröffentlichung zu blockieren. Auch Anrufe von Trump selbst sowie Krisensitzungen konnten sie nicht umstimmen. Die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene brach mit dem Präsidenten. Vorgestern schwenkte Trump dann um – und befürwortete die Abstimmung. Er würde den Beschluss auch unterschreiben, kündigte er an.
Fast einstimmiges Votum US-Repräsentantenhaus stimmt für Freigabe der Epstein-Akten
"Ruhe, Schweinchen!"
Es ist das erste Mal in seiner zweiten Amtszeit, dass Trump Druck aus dem von Republikanern dominierten Kongress nachgibt. Der Präsident zeigt sich bei dem Thema weiterhin dünnhäutig. Als ihn eine Reporterin am Wochenende fragte, ob in Epsteins E-Mails irgendetwas "Belastendes" sei, schnappte er mit erhobenem Zeigefinger: "Ruhe, Schweinchen!" ("Quiet, piggy") Es ist unklar, ob er das wegen des Inhalts der Frage sagte, oder weil eine weitere Journalistin gleichzeitig eine andere stellte.
Nun gibt es mehrere Möglichkeiten. Erstens, Trump hat tatsächlich seine Meinung geändert, weil er von nichts in den Epstein-Akten weiß, was ihm schaden könnte. Zweitens, er opfert in den Materialien erwähnte Verbündete und Freunde, um weiteren politischen Schaden von sich abzuwenden. Eben das vermutet der Republikaner Thomas Massie: Trump "versucht, eine Reihe reicher und mächtiger Freunde, Milliardäre, Spender seiner Kampagne und Freunde aus seinem Umfeld zu schützen". Dies sei seine Theorie dafür, warum er sich so sehr bemühe, die Akten unter Verschluss zu halten.
Die oppositionellen Demokraten im Kongress halten das monatelange Tauziehen um die Veröffentlichung für eine Farce. Nachdem Trump am Sonntag das Repräsentantenhaus aufgefordert hatte, den Beschluss zu fassen, sprach der Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer öffentlich Trump an. "Die Abstimmung soll SIE dazu zwingen, sie freizugeben", schrieb Schumer auf X: "Machen wir es einfacher. Geben Sie die Akten einfach jetzt frei." Die Macht dazu hätte Trump, sagen Juristen. Zudem ist das Justizministerium nicht nur Teil seiner Regierung, das Ressort unter Ministerin Pam Bondi ihm auch hörig.
"Ob Sie untersucht oder strafrechtlich verfolgt werden, ob Sie begnadigt werden oder Ihre Strafe umgewandelt wird, hängt davon ab, ob Sie ein Feind oder ein Freund von Donald Trump sind", wird Mary McCord von der "New York Times" zitiert. McCord leitete früher die Abteilung für nationale Sicherheit im US-Justizministerium und lehrt inzwischen Jura an der Georgetown Universität. "Es gibt auch keinen Schein auf unparteiische Gerechtigkeit", sagte sie. "Dieses Grundprinzip gibt es nicht mehr."
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"Könnte eine Nebelkerze sein"
Was als Nächstes passiert, ist derzeit unklar. Das Justizministerium kündigte noch vor wenigen Tagen, nach einer entsprechenden Forderung Trumps, an, Ermittlungen gegen Demokraten aufzunehmen. Darunter ist etwa Ex-Präsident Bill Clinton. Noch vor wenigen Monaten hatte Bondi begründet, es werde nichts veröffentlicht, weil es nichts zu sehen gebe – und deshalb auch keine weiteren Ermittlungen.
Die Kehrtwende im Weißen Haus und dem Justizressort sei "ein letzter verzweifelter Versuch, die Veröffentlichung der Epstein-Akten zu verhindern", vermutet der Republikaner Massie, der die Beschlussinitiative im Repräsentantenhaus angeschoben hatte. "Wenn in bestimmten Bereichen Ermittlungen laufen, können diese Dokumente nicht veröffentlicht werden", sagte Massie. "Sie könnten also eine große Nebelkerze sein, um die Veröffentlichung der Epstein-Akten zu verhindern."
Mehrere Personen aus Trumps Umfeld sagten der "New York Times", die eingeleiteten Untersuchungen gegen Demokraten seien ein Versuch, abzulenken. Und zwar von den Inhalten, die darauf hindeuten, dass der Präsident weit mehr über Epsteins Missbrauch Minderjähriger wusste, als er bislang zugegeben hat. Epstein hatte unter anderem in am Freitag von Demokraten im Kongress veröffentlichten E-Mails geschrieben, dass Trump "von den Mädchen wusste".
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Was ist geheim?
Das Kongresskapitel in der Epstein-Saga könnte also längst nicht das letzte gewesen sein. Schließlich lässt auch der Beschluss des Repräsentantenhauses eine Hintertür weit offen. Darin steht, es sollten alle Informationen veröffentlicht werden, die nicht geheim seien.
Sollte Trump oder jemand anders in der Regierung ein Interesse daran haben, dass bestimmte Namen oder ihre Machenschaften nicht ans Licht kommen, könnten sie sich darauf berufen, dass dies die nationale Sicherheit gefährden würde. Es wäre nicht das erste Mal, dass persönliches Interesse einen Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt.

