Uno-Sicherheitsrat verlängert Syrienhilfe mit Einschränkungen

Zerstörtes Gebäude in al-Zahraa nordwestlich von Aleppo
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Nach wochenlangem Ringen hat sich der Uno-Sicherheitsrat auf eine eingeschränkte Fortsetzung der humanitären Hilfe für Millionen Syrer geeinigt. Das mächtigste Uno-Gremium stimmte am Samstag (Ortszeit) für einen deutsch-belgischen Resolutionsvorschlag, der die Offenhaltung von nur noch einem Grenzübergang aus der Türkei nach Nordsyrien über einen Zeitraum von zwölf Monaten vorsieht. Er sei erleichtert über die Annahme des Resolutionsentwurfs, teilte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Samstagsabend mit
Die Abstimmung der 15 Ratsmitglieder über den von Deutschland und Belgien vorgelegten Text erfolgte wegen der Corona-Pandemie schriftlich. Unter anderem Russland und China hatten sich enthalten.
Die Regelung entspricht in einem Kernpunkt den Forderungen Russlands. Moskau hatte in den vergangenen Tagen mehrere deutsche Vorschläge mit zwei Grenzübergängen zusammen mit China durch Vetos verhindert. Anschließend wurde ein russischer Gegenvorschlag mit großer Mehrheit abgelehnt.
Hintergrund ist eine seit 2014 bestehende Uno-Resolution, die in der Nacht zu Samstag nach sechs Jahren ausgelaufen ist. Sie erlaubte es den Vereinten Nationen, wichtige Hilfsgüter über Grenzübergänge auch in Teile Syriens zu bringen, die nicht von der Regierung kontrolliert werden. Von den Gütern, die diese Punkte passieren, sind westlichen Angaben zufolge etwa 2,8 Millionen Menschen abhängig. Nach russischem Widerstand wurden die einst vier Übergänge Anfang des Jahres bereits auf zwei reduziert – seitdem hat sich die Versorgungslage für einige Regionen Hilfsorganisationen zufolge deutlich verschlechtert.
Berlin wollte Scheitern der Verhandlungen vermeiden
Dies könnte sich mit der Einigung vom Samstag zuspitzen, denn im Nordwesten Syriens sind Uno-Angaben zufolge 2,8 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. "Beide Grenzübergänge sind erforderlich, um die Lieferung aufrechtzuerhalten", hatte Uno-Nothilfekoordinator Mark Lowcock Ende Juni vor dem Sicherheitsrat gesagt. Der Übergang Bab al-Salam, der nun geschlossen wird, hätte den direkten Zugang in eine Region mit einer der höchsten Zahlen an Vertriebenen gesichert. Syrien betont immer wieder, dass die Lieferungen auch dort agierenden Terroristen zukämen.
Es war bereits der siebte Anlauf, das Uno-Mandat für die internationalen Hilfslieferungen doch noch zu verlängern.
Russland hatte in den schwierigen Verhandlungen der vergangenen Wochen eine stärkere Verhandlungsposition und machte deutlich, dass es auch ein Scheitern der Verlängerung der humanitären Hilfe in Kauf nehmen würde – das wollte Deutschland auf jeden Fall vermeiden. Moskau – ein enger Verbündeter Syriens – verfolgt den Ansatz, den Mechanismus schrittweise auslaufen zu lassen. Die Einstellung oder Beschneidung der Uno-gesteuerten Hilfe würde die Position von Machthaber Baschar al-Assad nach Einschätzung von Beobachtern stärken.
Seit Ausbruch des Syrienkriegs im März 2011 sind Schätzungen zufolge mindestens 500.000 Menschen ums Leben gekommen. Die Regierungsanhänger kontrollieren mittlerweile wieder rund zwei Drittel des Landes, darunter die großen Städte. Zu einer schweren Wirtschaftskrise kommt in dem Land momentan noch die Corona-Gefahr. In Idlib gaben die örtlichen Gesundheitsbehörden gerade den Nachweis eines ersten registrierten Corona-Falls bekannt.
Das syrische Pfund war in den vergangenen Monaten abgestürzt, die Preise stark gestiegen. Auch in den Regierungsgebieten klagen viele Syrer über eine mangelnde Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten. Nach WFP-Schätzungen haben rund 9,3 Millionen Syrer nicht mehr genug zu essen und sind deshalb auf humanitäre Hilfe angewiesen – 1,4 Millionen mehr als sechs Monate zuvor. Die Lage im von Regierungsgegnern kontrollierten Nordwesten des Landes ist besonders angespannt. Anfang des Jahres waren rund eine Million Menschen vor einer Regierungsoffensive in die Region geflohen.
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