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Ukrainetalk bei Illner: Die “Fakten” der Sahra Wagenknecht

July 12
06:56 2024

Politik

Die Ukraine habe zivile Opfer letztlich selbst zu verantworten, wenn sie russische Raketen abfängt, meint Wagenknecht.

Die Ukraine habe zivile Opfer letztlich selbst zu verantworten, wenn sie russische Raketen abfängt, meint Wagenknecht.

Die NATO steht vor schweren Herausforderungen. Eigentlich wollen die Gäste in der ZDF-Talkshow Maybrit Illner darüber diskutieren. Doch dann sehen sie sich mit russischer Propaganda konfrontiert.

Nach dem völkerrechtswidrigen russischen Einmarsch in die Ukraine steht die NATO vor der größten Herausforderung in ihrer 75-jährigen Geschichte. Neben der Unterstützung der Ukraine ist da auch noch die Krise in der Regierung der USA, dem wichtigsten NATO-Partner. Denn der aktuelle US-Präsident Joe Biden verliert mehr und mehr an Vertrauen. Erste Wahlkampfspender sind abgesprungen, und immer mehr Politiker der US-Demokraten fordern, der 81-Jährige solle auf seine Präsidentschaftskandidatur verzichten. Wie sein Herausforderer Donald Trump nach den Wahlen im November außenpolitisch agiert, ist nicht klar.

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Bei einer Rede während des NATO-Gipfels diese Woche in den USA macht der US-Präsident klar: Er sei es, der die Welt lenke. "Die Welt hört das nicht mehr so gerne, weil die Zeiten stürmisch sind", sagt Journalist Claus Kleber. Die Welt brauche eine Führungsperson mit einer festen Hand und einem sicheren Stand. Beides habe der US-Präsident in der letzten Zeit nicht mehr gezeigt. Selbst bei Spendensammelveranstaltungen habe Biden seine Reden vor Freunden angeblich von einem Teleprompter abgelesen. Würde Biden sich nicht aus dem Präsidentenwahlkampf zurückziehen, dann würde ein von seinen eigenen Leuten lahmgeschlagener Kandidat in die Endausscheidung des Wahlkampfes gehen.

Auch Grünen-Chef Omid Nouripour ist sich nicht sicher, wie lange Biden dem Druck standhalten kann, der auf ihm lastet. Er habe während des NATO-Gipfels eine Rede nach innen gehalten, analysiert der Politiker. Bidens Lage sei dramatisch, denn er müsse darum kämpfen, von der Bevölkerung anerkannt zu werden. "Die Frage ist: Kann die Demokratische Partei sich in den nächsten zwei Wochen zu einer anderen Entscheidung durchringen?"

"Wahl zwischen Dementem und Unzurechnungsfähigem"

Auch die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht ist pessimistisch, was die Wahlen in den USA angeht. "Es ist schon eine Tragödie, dass jetzt die Wahl besteht zwischen einem Dementen und einem Unzurechnungsfähigen", sagt sie bei Illner. Die USA seien eine riesige Weltmacht im Niedergang, die mit allen Mitteln dagegen ankämpfe, dass ihre globale Vorherrschaft verfalle, so die Politikerin. "Und das ist natürlich das Kernproblem, das die Lage so gefährlich macht, dass sie uns in Europa und womöglich die ganze Welt in einen Krieg hineinziehen kann."

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Diese nicht ganz exakte Einschätzung der politischen Lage durch Sahra Wagenknecht nehmen die Gäste bei Illner noch hin. Denn zweifellos sind es im Moment nicht die USA, die die Welt in einen Krieg hineinziehen. Das besorgt der russische Präsident Wladimir Putin. Diese Woche hat der ungarische Präsident Viktor Orbán versucht, Putin zu Friedensgesprächen zu überreden. Das hat offensichtlich nicht geklappt, analysiert Sicherheitsexpertin Claudia Major: "Was wir in den letzten Tagen gesehen haben, war ein missglückter Versuch von Friedensverhandlungen. Nachdem Viktor Orbán in Moskau war, kamen ein Angriff auf ein Kinderkrankenhaus in Kiew und weitere Angriffe auf die Ukraine. Wenn Russland ein Interesse an Verhandlungen und einem Ende des Krieges hätte, dann könnte es das sehr klar signalisieren. Wir haben in den letzten zwei Jahren zahlreiche Friedensinitiativen gesehen, von Brasilien, von afrikanischen Ländern, vom Papst. Was uns schwerfällt in Europa ist, anzuerkennen, dass Russland kein Interesse an Verhandlungen hat, sondern diesen Krieg gewinnen will."

Langstreckenraketen in Deutschland

Die NATO hat das offenbar erkannt. Sie will künftig von Wiesbaden aus Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte koordinieren. Gleichzeitig wollen die Vereinigten Staaten ab 2026 wieder Langstreckenwaffen in Deutschland stationieren, zunächst zeitweilig, später dauerhaft. Darauf haben sich Deutschland und die USA geeinigt. Dabei soll es sich um Tomahawk-Marschflugkörper handeln, die eine Reichweite von mehr als 2.000 Kilometer haben. Außerdem sollen auch Flugabwehr-Raketen vom Typ SM-6 und noch zu entwickelnde Überschall-Waffen nach Deutschland kommen.

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Die Gäste bei Maybrit Illner reagieren positiv auf die Entscheidung – bis auf Sahra Wagenknecht. Schließlich könne man mit diesen Waffen auch angreifen, betont sie. "Ich halte diese Vorstellung für abenteuerlich, dass wir in dieser waffenstarrenden Welt mehr Sicherheit bekommen, wenn wir noch mehr Waffen aufstellen", wiederholt die BSW-Vorsitzende die Bedenken der Friedensbewegung aus den 1980er Jahren. Ihre Aussagen unterfüttert Wagenknecht mit "Fakten", die einer Recherche nicht standhalten. So behauptet die BSW-Chefin, Deutschland gebe 90 Milliarden Euro für Waffen aus. Sie verlangt, dass die USA und Russland Verträge wie den INF-Vertrag aushandeln. Der regelte die Vernichtung von allen landgestützten Flugkörpern mit mittlerer und kürzerer Reichweite. Der Vertrag ist seit August 2019 nicht mehr in Kraft, weil Russland inzwischen derartige Marschflugkörper wieder eingesetzt hat. "Der Vertrag ist nicht von Russland gekündigt worden, sondern von Donald Trump", sagt Wagenknecht – und verschweigt dabei die Ursache der Kündigung.

"Ich glaube, dass ich ein anderes Verhältnis zu Fakten habe als Sie", konstantiert Claudia Major. Dann stellt sie klar: Der deutsche Verteidigungshaushalt liegt momentan bei 71 Milliarden Euro, das Sondervermögen für die Bundeswehr eingeschlossen. Davon müssen die Wartung der Waffen, die Unterkunft und die Ausbildung der Soldaten und andere Kosten getragen werden. Bleibt immer noch ein großer Rest für Rüstungsausgaben, aber eben keine 90 Milliarden Euro. Wagenknecht lässt sich dadurch nicht beirren. Sie bleibt lieber bei ihren eigenen "Fakten".

Wagenknecht zitiert russische Quellen

Warum die Stationierung der US-Waffen nötig ist, erklärt Major auch: "Wir machen das, weil Russland nicht nur den INF-Vertrag gebrochen hat, sondern weil Russland 2022 in Kaliningrad auch Kampfflugzeuge mit Kinschal-Raketen stationiert hat, weil da nuklearfähige Iskander-Raketen stationiert sind, und weil Russland 2023 angekündigt hat, taktische Atomwaffen in Belarus zu stationieren. Auf diese Bedrohung muss die NATO reagieren. Und ich erwarte als Bürgerin, dass sie mich schützt." Wenn die amerikanischen Verteidigungssysteme 2026 installiert seien, könne Russland den NATO-Staaten nicht mehr so gut drohen wie jetzt. Außerdem werde für Russland ein Angriffskrieg viel schwieriger. Denn grade die Flugabwehrraketen könnten für die NATO-Länder einen wichtigen Schutz bieten.

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Da ist nun Sahra Wagenknecht ganz anderer Meinung: "Viele zivile Opfer in der Ukraine entstehen auch dadurch, dass Raketen abgefangen werden und die Trümmer in zivile Gebiete fallen", sagt sie. Auch das Kinderkrankenhaus in Kiew könne von einem solchen Raketenteil getroffen worden sein, sagt sie – und wiederholt damit eine Meldung russischer Medien.

Die anderen Gäste reagieren entsetzt, und Claudia Major bringt es auf den Punkt: Es gehe nicht, "falsche Informationen in den Raum zu stellen, Behauptungen aufzustellen, die sich häufig auf russische Quellen stützen, aus einem Land, das keine Informations- und Pressefreiheit hat. Das Problem ist, dass damit die öffentliche Debatte vergiftet wird." Das Kinderkrankenhaus sei von einer russischen Rakete getroffen worden. Das habe das UN-Menschenrechtsbüro belegt. "die andere Quelle ist eine russische, und da habe ich gewisse Zweifel."

Quelle: ntv.de

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