Syrien: Uno einigt sich auf Hilfe – Russland und China in der Kritik

Syrische Kinder in einem Flüchtlingscamp im Norden von Idlib: 2,8 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen
Foto: Aaref Watad/ AFP
Nach langem Streit hat der Uno-Sicherheitsrat eine eingeschränkte Fortsetzung der humanitären Syrienhilfe beschlossen. Hilfsorganisationen zufolge könnte diese Lösung jedoch die Versorgung von Millionen Notleidenden gefährden. Deutschlands Außenminister Heiko Maas zeigte sich angesichts der Einigung trotzdem erleichtert.
Der SPD-Politiker bezeichnete es als "gute Nachricht für Millionen von Menschen", dass der Kompromissvorschlag angenommen wurde. Das sahen die meisten Mitglieder des Uno-Sicherheitsrats in einer hitzigen Diskussion nach der Annahme der Resolution anders.
Deutschlands Uno-Botschafter Christoph Heusgen, der die Verhandlungen geleitet hatte, gab den Vertretern Russlands und Chinas eine Nachricht für ihre Regierungen mit: "Sagt ihnen, dass der deutsche Botschafter fragt, ob die Leute, die die Anweisungen dafür gegeben haben, 500.000 Kindern die Hilfe zu entziehen, morgen noch in den Spiegel gucken können."
Die angenommene Regelung sieht die Offenhaltung von nur noch einem Grenzübergang aus der Türkei für Hilfslieferungen nach Nordsyrien über einen Zeitraum von zwölf Monaten vor. Das entspricht in einem Kernpunkt den Forderungen Russlands. Moskau – einer der wichtigsten Verbündeten des syrischen Regimes von Machthaber Baschar al-Assad – hatte in den vergangenen Tagen mehrere deutsche Vorschläge mit zwei Grenzübergängen zusammen mit China durch Vetos verhindert.
Versorgungslage in der Region hat sich bereits verschlechtert
Hintergrund ist eine seit 2014 bestehende Uno-Resolution, die in der Nacht zu Samstag nach sechs Jahren zunächst ausgelaufen war. Sie erlaubte es den Vereinten Nationen, wichtige Hilfsgüter über Grenzübergänge auch in Teile Syriens zu bringen, die nicht von der Assad-Regierung kontrolliert werden. Nach russischem Widerstand wurden die einst vier Übergänge Anfang des Jahres bereits auf zwei reduziert – seitdem hat sich die Versorgungslage für einige Regionen Hilfsorganisationen zufolge deutlich verschlechtert.
Dies könnte sich mit der Einigung vom Samstag zuspitzen, denn im Nordwesten Syriens sind Uno-Angaben zufolge 2,8 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. "Beide Grenzübergänge sind erforderlich, um die Lieferung aufrechtzuerhalten", hatte Uno-Nothilfekoordinator Mark Lowcock Ende Juni vor dem Sicherheitsrat gesagt. Der Übergang Bab al-Salam, der nun geschlossen wird, hätte den direkten Zugang in eine Region mit einer der höchsten Zahlen an Vertriebenen gesichert. Das syrische Regime betont immer wieder, dass die Lieferungen auch dort agierenden Terroristen zukämen.
Während der Diskussion hat der russische Vertreter Dmitri Poljanski Deutschland und Belgien Heuchelei vorgeworfen und auch, bei den Verhandlungen ungeschickt und respektlos gehandelt zu haben. Ein chinesischer Diplomat sagte: "Botschafter Christoph, wir brauchen Ihre Vorhaltungen nicht." Die Vertreter der USA und Großbritanniens äußerten sich enttäuscht über den Kompromiss, der den Bedürfnissen der syrischen Bevölkerung nicht gerecht werde.
"Dies ist nicht die Zeit, Hilfe zu reduzieren"
Kritik an der Entscheidung kam auch von der Hilfsorganisation "Save the Children". Es sei "nicht die Zeit, Hilfe zu reduzieren", sagte ihr Leiter Inger Ashing. "Während die Verlängerung um zwölf Monate statt sechs willkommen ist, ist es inakzeptabel, dass es jetzt nur einen nutzbaren Grenzübergang gibt." Das Leben von Millionen syrischen Kindern hänge von dieser Rettungsleine ab, nun müssten sie die Konsequenzen ertragen. Ashing forderte den Sicherheitsrat auf, die Entscheidung zu ändern. Das Gremium müsse "aufhören, Politik zu spielen und das Leben von Kindern an erste Stelle setzen".
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) kritisierte, Russlands Erfolg im Sicherheitsrat bedeute "eine neue drastische Verringerung der grenzüberschreitenden Hilfe für verzweifelte Syrier, die auf diese Hilfe angewiesen sind."
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