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Sudan: Tausende flüchten vor Kämpfen aus Hauptstadt Khartum

April 20
05:56 2023

Trotz »umfassender Waffenruhe« fielen im Sudan auch am Abend Schüsse in der Hauptstadt. Kanzler Scholz sprach von einer bedrohlichen Lage und deutete eine Evakuierung von EU-Ausländern durch die Bundeswehr an.

In Khartum waren auch am Mittwoch laute Explosionen und heftige Gefechte zu hören. Augenzeugen berichteten von Leichen auf den Straßen, Tausende Menschen flohen wegen der schweren Kämpfe aus der sudanesischen Hauptstadt. Regierungen anderer Länder begannen mit Planungen, ihre Mitarbeiter aus dem Sudan in Sicherheit zu bringen. Die Bundeswehr musste unterdessen wegen der anhaltenden Kämpfe in Khartum eine Evakuierungsaktion abbrechen. Tausende Ausländer sind noch vor Ort, darunter viele Uno-Mitarbeiter.

Die Bundesregierung sei »entsetzt über das Ausmaß der Gewalt« insbesondere gegenüber Zivilisten, Diplomaten und Mitarbeitern von Hilfsorganisationen, sagte Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach am Rande eines Besuchs in Portugal von einer »bedrohlichen Situation« und einer »schwierigen Lage, die wir sehr genau beobachten«.

Scholz will auch Bürgern anderer Staaten Ausreise ermöglichen

Deutschland werde bei einem möglichen Rettungseinsatz auch versuchen, Bürgern anderer Staaten eine Ausreise zu ermöglichen, sagte der SPD-Politiker in Lissabon. »Der Krieg zwischen den Parteien, der da jetzt ausgebrochen ist im Sudan, ist sehr plötzlich über das Land gekommen. Viele sind sehr verzweifelt im Land«, sagte Scholz. Er sprach von einem Ausbruch schlimmer Gewalttätigkeiten, die auch für Bürger anderer Staaten gefährlich seien. »Deshalb fühlen wir uns schon verpflichtet, die Möglichkeit zur Ausreise im Kopf zu haben und dazu beizutragen, dass das funktionieren kann«, sagte er. »Wenn wir was machen, werden wir das nie nur auf uns selbst beziehen«, fügte Scholz mit Blick auf die Frage hinzu, ob Deutschland dann auch Bürger aus anderen EU-Staaten evakuiere.

Wegen Sicherheitsbedenken war Stunden zuvor ein schon angelaufener Einsatz der Bundeswehr und anderer Streitkräfte gestoppt worden, die Schutzbedürftige aus dem Land ausfliegen wollten. Der Flughafen in der Hauptstadt Khartum stand in den vergangenen Tagen im Zentrum der Kampfhandlungen. Diplomaten bemühen sich um eine belastbare Feuerpause für die Evakuierung.

In der sogenannten Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amtes hatte sich nach Angaben einer Sprecherin vom Montag eine »niedrige dreistellige Zahl« deutscher Staatsangehöriger im Sudan registriert. »Die Kampfhandlungen sind sehr schwer zwischen den rivalisierenden Gruppen und Militärs. Es gibt Plünderungen im ganzen Land, Schüsse, Explosionen nicht nur in Khartum, sondern, wie gesagt, auch in anderen Städten Sudans«, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in Berlin. Sie sprach von einer sehr unübersichtlichen Lage.

Uno-Nothilfekoordinator Martin Griffiths teilte unterdessen mit, die Uno habe »Berichte über Angriffe und sexuelle Gewalt gegen humanitäre Helfer« erhalten. Japan gab am Mittwoch bekannt, dass sein Verteidigungsministerium mit den »nötigen Vorbereitungen« begonnen habe, um etwa 60 Japaner aus dem Sudan in Sicherheit zu bringen, darunter auch Mitarbeiter der japanischen Botschaft.

Im Sudan kommt es seit Samstag zu schweren Kämpfen zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Eine Einigung zur Eingliederung der RSF-Miliz in die Armee war zuvor gescheitert.

Am Mittwoch waren RSF-Kämpfer auf gepanzerten Fahrzeugen und Pick-ups voll beladen mit schweren Waffen und Munition in Khartum zu sehen. Armee-Kampfflugzeuge wiederum überflogen die Stadt und feuerten auf RSF-Stellungen, wie Augenzeugen berichteten.

Zunehmend hoffnungslose Lage für Zivilisten

Für die in ihren Wohnungen festsitzenden Zivilisten wurde die Lage unterdessen immer hoffnungsloser: Die Nahrungsmittelvorräte schwinden, der Strom fällt aus, Trinkwasser fehlt. Die Aussicht auf eine Evakuierung der Menschen am Dienstag war zerstört worden, nachdem eine humanitäre Feuerpause nur Minuten nach ihrem Inkrafttreten wieder gebrochen worden war. Am Mittwoch nahmen viele Zivilisten ihr Schicksal dann selbst in die Hand und flüchteten in Autos oder zu Fuß aus der Stadt, darunter viele Frauen und Kinder. Sie berichteten, die Straßen von Khartum seien mit Leichen übersät.

Die RSF-Miliz und die Armee erklärten sich am Mittwoch zwar »zu einer umfassenden Waffenruhe« ab 18.00 Uhr und für 24 Stunden bereit – doch auch zu der verabredeten Zeit waren laut Zeugen vor Ort überall in Khartum noch Schüsse zu hören. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge sind seit Beginn der Kämpfe mindestens 296 Menschen getötet und rund 3000 weitere verletzt worden.

Die angespannte humanitäre Lage in dem nordostafrikanischen Land mit rund 46 Millionen Einwohnern spitzt sich zunehmend zu. In Khartum seien 39 der insgesamt 59 Krankenhäuser und Kliniken außer Betrieb, teilte etwa das sudanesische Ärztekomitee mit. Einige Krankenhäuser seien bombardiert, andere angegriffen und geplündert worden, hieß es. Das Komitee forderte eine »dringende Intervention« zum Schutz des medizinischen Personals und der Patienten.

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