Studie zu gefährlichem Konsum: Energydrinks könnten Herzstillstand triggern
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Zu viel Koffein schlägt aufs Herz.
Als Wachmacher am Morgen, beim Sport oder im Club gemixt mit Alkohol: Energydrinks sind beliebt – vor allem bei jungen Menschen. Doch einer neuen Studie zufolge bergen die süßen Aufputschmittel große Gefahren. Für manche könnten sie sogar lebensgefährlich sein.
Sie sind bunt, süß und putschen ordentlich auf: Energydrinks. Vor allem bei jungen Menschen sind die flüssigen Wachmacher äußerst beliebt. Nach Erhebungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) konsumieren etwa 60 Prozent der deutschen Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren Energydrinks, 37 Prozent trinken sie in Kombination mit Alkohol. Dass das allerdings gewisse Risiken bergen kann, zeigt jetzt eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift "Heart Rhythm" veröffentlicht wurde.

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Vor allem bei Menschen mit genetischen Herzerkrankungen könnte der Konsum von Energydrinks ein geringes, aber signifikantes Risiko für einen plötzlichen Herztod darstellen, schreiben Ärzte der Mayo Clinic in Rochester im US-Bundesstaat Minnesota. Studienleiter Michael Ackerman, Kardiologe und Leiter einer Forschungseinrichtung, die genetische Hintergründe des plötzlichen Herztods aufklären will, hat mit seinem Team 144 Überlebende eines plötzlichen Herzstillstands befragt. Das Ergebnis: Jeder Zwanzigste konsumierte einen Energydrink unmittelbar vor dem Zusammenbruch. Die Patienten waren jung, im Mittel 29 Jahre alt, der jüngste erst 21, der älteste 37 Jahre.
Die Forschenden weisen darauf hin, dass es sich lediglich um erste Hinweise handele und für definitive Aussagen, weitere Untersuchungen nötig seien. Dennoch seien die Ergebnisse "besorgniserregend". "Obwohl das relative Risiko gering und das absolute Risiko eines plötzlichen Todes nach dem Konsum eines Energydrinks sogar noch geringer ist, sollten Patienten mit einer bekannten genetischen Herzerkrankung, die Risiken und Vorteile des Konsums solcher Getränke gegeneinander abwägen", sagt Studienleiter Ackerman.
Abschreckende Fallbeispiele
"Der Markt für Energydrinks ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen", so Ackerman. "Er richtet sich explizit an Jugendliche und junge Erwachsene." Abgesehen von den verschiedenen Verbindungen, die Energydrinks oft zugesetzt werden, wie Taurin und Guarana, könne auch der Konsum hoher Mengen an Koffein, das in den meisten Energydrinks enthalten ist, eine Gefahr für die Gesundheit darstellen.

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In den USA starb 2017 ein 16-Jähriger, nachdem er raue Mengen koffeinhaltiger Getränke konsumiert hatte. Die Obduktion ergab, dass das Koffein bei dem sonst gesunden Jungen zu Herz-Rhythmus-Störungen geführt hatte. Insgesamt gibt es international zahlreiche Berichte, die Energydrinks mit schwerwiegenden Ereignissen in Verbindung bringen, einschließlich Herzstillstand.
So wurde in einem Fallbericht aus dem Jahr 2021 bei einem 21-jährigen Mann, der zwei Jahre lang durchschnittlich vier Dosen Energydrinks pro Tag konsumiert hatte, sowohl eine Herz- als auch eine Niereninsuffizienz festgestellt. Seine Herzsymptome und -funktion verbesserten sich deutlich unter medikamentöser Behandlung und nachdem er den Konsum von Energydrinks eingestellt hatte. In einem anderen Fallbericht zeigte ein 24-jähriger Mann, der zwei Wochen lang 8 bis 10 Dosen Energydrinks pro Tag konsumiert hatte, Anzeichen von Herzschäden, einschließlich einer erweiterten linken Herzkammer und Problemen mit der Fähigkeit des Herzens, Blut zu pumpen.
So viel Koffein wie in drei Tassen Kaffee
Manche beliebte Energydrink-Marken enthalten laut Ackerman bis zu 300 Milligramm Koffein pro Dose, also dreimal mehr als eine Tasse Filterkaffee. "Vorherige Studien haben gezeigt, dass mehr als zehn Tassen Kaffee am Tag einen plötzlichen Herztod auslösen können", erklärt der Kardiologe. Hinzu komme ein weiteres Problem: Man wisse nicht genau, wie zum Beispiel Koffein und Taurin in Kombination wirkten. Taurin hätte in Versuchen an Kaninchenherzen einen negativen Effekt auf den Schlagrhythmus gezeigt. Und auch Guarana, ebenfalls ein Bestandteil von Energydrinks, stehe im Verdacht, Rhythmusstörungen auszulösen.

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Dennoch waren Energydrinks bei den befragten Patientinnen und Patienten wohl nicht der alleinige Grund für den plötzlichen Herzstillstand. Zwar hätten alle kurz davor solche Drinks konsumiert, allerdings fanden die Forschenden zudem eine ganze Reihe weiterer Stressfaktoren fürs Herz, darunter Schlafmangel, Diät, Einnahme von antipsychotischen Medikamenten oder eine Geburt. "Der Konsum von Energydrinks hat sich höchstwahrscheinlich mit anderen Variablen kombiniert, um einen 'perfekten Sturm' von Risikofaktoren zu erzeugen", heißt es in der Studie.
"Die Studie kommt nicht zu dem Schluss, dass Energydrinks diese fast tödlichen Ereignisse verursachen", sagte Kardiologe Majid Basit, der nicht an der Studie beteiligt war, gegenüber "Medical News Today". "Es hat sich jedoch gezeigt, dass der häufige und übermäßige Konsum von Substanzen wie Energydrinks und Alkohol andere Herzkrankheiten wie Herzversagen, Schlaganfall und unregelmäßige Herzrhythmen wie Vorhofflimmern verursachen kann."
Das Tückische am plötzlichen Herztod: Die Menschen, die ihn erleiden, haben zwar oft ein Risiko, etwa eine besondere genetische Disposition, Herzklappenerkrankungen oder angeborene Herzfehler, ahnen aber nichts davon. Laut Basit haben etwa zwei von 100.000 Menschen eine Störung im elektrischen System ihres Herzens und könnten dem Risiko eines plötzlichen Herztods ausgesetzt sein.
Quelle: ntv.de, hny