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So entscheidend ist die ukrainische Offensive wirklich

September 17
04:56 2022

Die erfolgreiche Gegenoffensive der ukrainischen Armee hat viele überrascht; Kommentatoren und Politiker sprechen gar von einem »Wendepunkt« des Krieges. Aber wie haltbar ist dieser Erfolg? Und wie fällt die Reaktion in Russland aus?

Mindestens 100 Panzer sollen die russischen Truppen auf ihrem Rückzug vor der ukrainischen Offensive zurückgelassen haben, die Hälfte davon noch funktionstüchtig. Dazu eine Menge Munition und anderes Kriegsgerät – willkommene Unterstützung, um mehrere Tausend Quadratkilometer zurückerobertes Gebiet zu verteidigen.

Die Offensive der Ukraine im Nordosten des Landes hat viele Beobachter überrascht; der durchschlagende Erfolg dieses Manövers noch mehr. Wochenlang hatten ukrainische Offizielle nur von einer bevorstehenden Attacke gegen die Besatzer bei der Stadt Cherson im Süden gesprochen. Alles nur ein Ablenkungsmanöver?

»Die Führung in Kiew hatte wohl erst geplant, nur im Süden anzugreifen«, erzählt SPIEGEL-Redakteur Oliver Imhof im Podcast. »Dann haben sie das mit ihren internationalen Partnern durchgespielt, gesehen, dass das keinen Sinn macht, und haben sich dann für zwei kleine Offensiven entschieden. Diese Offensive im Süden hat das einerseits als ein richtiger Angriff vorbereitet und andererseits als Ablenkungsmanöver gedient. Und dadurch wurden die Russen in den Süden gezogen.«

Zurück blieben offensichtlich nur schwache Verteidigungslinien, die sich schnell auflösten, als die Ukrainer teils bis zur russischen Grenze im Osten vorrückten. Mit den fliehenden Soldaten flüchteten auch die Menschen, die sich mit den Besatzern arrangiert hatten, wie SPIEGEL-Korrespondentin Christina Hebel aus der Stadt Belgorod berichtet, die wenige Kilometer von der Grenze entfernt liegt, auf russischem Staatsgebiet.

»Etwa 13.000 Menschen sollen hier angekommen sein«, berichtet sie, »Das sind auch Menschen, die mit den russischen Behörden kooperiert haben, die sich russische Pässe ausstellen lassen haben. Die, die vor Ort dann die Macht übernommen haben, in der Zeit der Besetzung. Sie gelten in der Ukraine als Kollaborateure und darauf stehen viele Jahre Haft.«

Die russische Führung beeilte sich klarzustellen, es handele sich lediglich um Umgruppierungen im Donbass, geplante Manöver. Tatsächlich könnte die Eroberung der strategisch wichtigen Stadt Isjum zumindest in jener Region die russischen Aggressoren entscheidend geschwächt haben.

»Die Donbass-Offensive läuft ja mittlerweile schon seit Monaten und der Plan war eigentlich Slowjansk, eine strategisch enorm wichtige Stadt, von zwei Richtungen einzukreisen«, erklärt Oliber Imhof, »Einmal von Luhansk aus und einmal von Isjum aus. Und das ist jetzt einfach nicht mehr möglich. Slowjansk kann nicht mehr eingekreist werden. Und damit ist dann die Donbass-Offensive der Russen vermutlich schon am Ende.«

Während die ukrainische Offensive rollte, feierte Russlands Staatschef Wladimir Putin in Moskau den 875. Geburtstag der Stadt mit Prunk, Paraden, Feuerwerk und Tanz – und gibt damit dem Volk, was es will.

»Die Mehrheit der Menschen will sich ablenken. In Belgorod gab es über die letzten Monate sehr viele Festivals, Blumen, Konzerte und auch den Stadt-Geburtstag. Es wurde alles zelebriert, sogar das Festival der Melone«, erzählt Christina Hebel. »Und diese Feuerwerke in Moskau – nicht nur zum Geburtstag der Stadt, sondern es gibt immer wieder auch kleinere – das ist absolut surreal, wenn man weiß, dass in der Ukraine Städte beschossen werden und Menschen sterben und verletzt werden.«

Wie haltbar sind die Geländegewinne der Ukrainer? Bedeuten sie tatsächlich eine Wende im Kriegsgeschehen? Und wie werden die Ereignisse der vergangenen Woche in Russland besprochen? Darüber sprechen Christina Hebel und Oliver Imhof in dieser Folge des SPIEGEL-Auslandspodcast »Acht Milliarden«.

Die aktuelle Episode hören Sie hier:

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