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Saskia Esken kritisiert Horst Seehofer: taz-Kolumne kein Grund, um Strafanzeige zu erstatten

June 24
00:36 2020
SPD-Chefin Esken mit Innenminister Seehofer im Bundestag Icon: vergrößern

SPD-Chefin Esken mit Innenminister Seehofer im Bundestag

Christoph Soeder/ picture alliance/ dpa

Noch immer ist unklar, ob Horst Seehofer wirklich Anzeige gegen eine KolumnistIn der Tageszeitung "taz" erstatten wird – doch allein die Ankündigung hat dem Bundesinnenminister viel Kritik eingebracht. Auch der Koalitionspartner SPD spricht von einem falschen Signal. "Die Autorin ist schon sehr unter Beschuss geraten", erklärte SPD-Chefin Saskia Esken. "So was dürfen wir als Staat keinesfalls befördern."

In der "taz"-Kolumne ging es um eine mögliche Abschaffung der Polizei, die im Zusammenhang mit Rassismusvorwürfen auch in den USA diskutiert wird. Dabei hatte die AutorIn Hengameh Yaghoobifarah auch geschrieben, am Ende seien bisherige Polizeibeamte dann am besten auf einer "Mülldeponie" aufgehoben – und würden sich dort "unter ihresgleichen" am wohlsten fühlen. Der wohl satirisch gemeinte Text wurde allerdings von Kritikern auch so interpretiert, dass Yaghoobifarah die Polizisten mit Müll vergleiche.

Seehofer sprach in diesem Zusammenhang von einer "Enthemmung der Worte", auf die "unweigerlich eine Enthemmung der Taten" folge. Er stellte dabei auch eine Verbindung zu den Stuttgarter Krawallen vom Wochenende her. Seehofer kündigte am Sonntag zunächst in der "Bild"-Zeitung an, Strafanzeige zu stellen, erklärte später aber, das Ministerium werde das Vorhaben erst noch prüfen. Bis zum Dienstagnachmittag fiel dazu nach Angaben eines Ministeriumssprechers noch keine Entscheidung.

Esken ergänzt: "Polizisten vor der Wut der Straße schützen"

Esken sagte, sie selbst habe die Kolumne "auch nicht lustig" gefunden. "Aber das ist kein Grund, Anzeige zu erstatten – und schon gar nicht von staatlicher Seite." Esken betonte zugleich, dass es wichtig sei, "Polizisten vor der Wut der Straße zu schützen". Die SPD-Chefin hatte selbst eine Debatte losgetreten, als sie einen "latenten Rassismus" in den Reihen der deutschen Sicherheitskräfte ausmachte. Widerspruch kam unter anderem von Seehofer, aber auch von SPD-Innenministern. Später relativierte Esken ihren Vorwurf.

Der Presserat äußerte sich ebenfalls kritisch zu Seehofers Ankündigung. "Der Weg über das Strafrecht ist immer mit Einschüchterung verbunden", sagte Geschäftsführer Roman Portack der "Augsburger Allgemeinen". "Eine Folge dieses Falls könnte daher sein, dass Journalisten möglicherweise später einmal zögern, bevor sie etwas veröffentlichen. Wir wollen aber keine Schere im Kopf."

Bei einem Meinungsbeitrag in der Presse "sollte man mit einer Strafanzeige nicht gleich zum schärfsten Schwert des Rechtsstaats greifen", sagte Portack. Das sei "kein guter Schritt von Seehofer". Von einem Angriff auf die Pressefreiheit wollte er aber nicht sprechen.

Der Presserat ist das Selbstkontrollorgan der Print- und Onlinemedien in Deutschland. Ihm lagen laut Portack bis Dienstagvormittag 318 Beschwerden wegen der "taz"-Kolumne vor. "Solche Massenbeschwerden haben wir immer wieder, dieser Fall ist also nichts Ungewöhnliches für uns", sagte Portack.

Rückendeckung bekam Seehofer hingegen aus der Unionsfraktion. Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) sagte der "Welt", eine Anzeige des Bundesinnenministers "wäre aus meiner Sicht ein starkes Signal". Jeder müsse sich an rechtsstaatliche Regeln halten, "auch die Presse". Es sei legitim, prüfen zu lassen, ob Grenzen überschritten worden seien.

Icon: Der Spiegel

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