Russland-Ukraine-News am Samstag: Gazprom will mehr Erdgas über Ukraine-Pipeline liefern
Wegen des angekündigten längeren Lieferstopps über die Nord-Stream-Pipeline plant der russische Gazprom-Konzern, nun minimal mehr Gas über die Ukraine zu schicken. Und: Kiew meldet mindestens 380 getötete Kinder seit Kriegsbeginn. Die News.
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Grüne wollen "verstärkt" Waffen liefern
11:54 Uhr: Angesichts des Ukraine-Kriegs fordern die Grünen mehr "Wehrhaftigkeit" – und die Bereitschaft des Westens, autokratischen Regierungen wie in Russland und China offen die Stirn bieten. "Der russische Angriffskrieg in der Ukraine führt uns vor Augen, wie fatal es ist, wenn wir uns von Autokraten und außenpolitisch aggressiven Akteuren abhängig machen", zitieren die Zeitungen der Funke Mediengruppe aus dem Leitantrag des Bundesvorstands für den Grünen-Parteitag im Oktober.
"Deshalb liefern wir Waffen an die Ukraine und wollen das auch weiterhin verstärkt tun, wo nötig auch aus den Beständen der Bundeswehr und der Industrie", heißt es in dem Antrag weiter. Der Parteivorstand sieht im Einsatz von Waffen die Möglichkeit, sich politische Spielräume zu verschaffen: "Militär bringt niemals die Lösung, aber es schafft manchmal Zeitfenster, in denen Konflikte im Rahmen einer regelbasierten Weltordnung politisch gelöst werden können."
Der Grünen-Ko-Chef Omid Nouripour bekräftigte die harte Linie gegenüber Moskau. "Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist ein historischer Einschnitt für unsere Friedensordnung in Europa", sagte Nouripour den Funke-Zeitungen. "Die Ukraine verteidigt auch unsere demokratischen Prinzipien, sie hat unsere volle Solidarität. Wir werden den Bruch des Völkerrechts durch Russland niemals akzeptieren."
Scharfe Kritik üben die Grünen in dem Leitantrag an Russland und China. "Russland und China weisen beide, trotz erheblicher Interessenunterschiede, eine gemeinsame autokratische Haltung auf, die die völkerrechtlich verbriefte Gleichberechtigung aller Staaten ablehnt."
Gleichzeitig wollen die Grünen unverändert als Friedenspartei betrachtet werden: "Auch wenn militärische Mittel aktuell zur Verteidigung des Friedens und zur Solidarität mit den Menschen in der Ukraine unausweichlich sind, stehen wir im Sinne einer feministischen Außenpolitik langfristig für die Prinzipien von Abrüstung und Demilitarisierung sowie den Vorrang des Zivilen ein."
Kiew schätzt die Zahl der getöteten Kinder auf mindestens 380
9:50 Uhr: Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine vor mehr als einem halben Jahr sind nach Angaben aus Kiew mindestens 380 Kinder getötet worden. Das teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft am Samstag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Zudem seien mindestens 737 Kinder in den vergangenen sechs Monaten verletzt worden. Die Staatsanwaltschaft verwies darauf, dass es sich um vorläufige Zahlen handle. Es sei schwierig, Daten in von Russland besetzten oder umkämpften Gebieten zu erfassen.
Im Gebiet Donezk im Osten habe es mit 388 Opfern die meisten verletzten und getöteten Kinder gegeben, gefolgt vom Gebiet Charkiw (204). Ferner seien insgesamt 2328 Bildungseinrichtungen durch Bomben oder Beschuss beschädigt worden. 289 davon seien völlig zerstört worden. Die Behörde machte Russland dafür verantwortlich.
Gazprom will nach Nord Stream-Stopp etwas mehr Erdgas über die Ukraine nach Europa leiten
9:34 Uhr: Stunden nachdem der russische Gazprom-Konzern angekündigt hatte, den Gastransport zur Nord-Stream-Pipeline einzustellen, teilte er mit, am Samstag 42,7 Millionen Kubikmeter Erdgas durch die Ukraine nach Europa liefern. Das wären rund 1,4 Millionen Kubikmeter mehr als bisher. Am Freitag waren an der Einfüll-Stelle Sudscha 41,3 Millionen Kubikmeter Gas registriert worden, die durch die Pipeline geliefert wurden.
Gazprom hatte am späten Freitagabend bekanntgegeben, dass während der Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 ein Ölleck festgestellt worden sei und man deshalb den Gasfluss nicht wieder aufnehmen könne. Ein Zeitrahmen für die Behebung des Problems wurde nicht genannt.
IAEA-Chef nach AKW-Inspektion: "Alles gesehen, was ich sehen wollte"
9:11 Uhr: Angesichts des andauernden Beschusses des von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerks Saporischschja bangen internationale Experten nach einem Besuch um die Sicherheit dort. Seine größte Sorge bleibe, dass das AKW durch weiteren Beschuss schwer beschädigt werden könnte, sagte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Rafael Grossi in Wien. Zwar seien Schäden offenkundig und inakzeptabel, aber wichtige Sicherheitselemente wie die Stromversorgung des Kraftwerks funktionierten.
Auch die Zusammenarbeit zwischen den russischen Besatzern und dem ukrainischen Personal klappe auf professioneller Ebene einigermaßen, sagte Grossi am Freitagabend nach seiner Rückkehr aus der Ukraine am Flughafen Wien. Er erwarte eine genaue Analyse der Sicherheit des Kraftwerks durch seine vor Ort verbliebenen Experten im Laufe der nächsten Woche. Noch seien sechs IAEA-Experten beim Atomkraftwerk. Vier würden zurückkehren, zwei bis auf Weiteres vor Ort bleiben.
Er habe nicht den Eindruck, dass die russischen Besatzer etwas verborgen haben. "Wir haben alles gesehen, was ich sehen wollte", sagte Grossi. Ein entscheidender Unterschied zu vorher sei auch, dass er nun aus eigenen Quellen erfahre, was vor Ort passiere.
Der IAEA-Chef betonte erneut, dass er die Mission seiner Behörde als permanent ansehe. "Die IAEA ist da, um so lange wie nötig zu bleiben." Dazu gebe es aktuell die Zustimmung der Ukraine und Russlands. Dass sich die Dinge ändern könnten, sei ihm klar. Am meisten sorge ihn derzeit, dass das Kriegsgeschehen rund um das Kraftwerk an Intensität zunehme, sagte Grossi. Die IAEA-Experten sind seit Donnerstag in der Kraftwerksstadt Enerhodar.
Oleksij Makejew wird neuer ukrainischer Botschafter in Berlin
8.03 Uhr: Seit fast acht Jahren ist Andrij Melnyk ukrainischer Botschafter in Deutschland – zuletzt machte er sich dabei nicht nur Freunde. Nun erteilte Bundespräsident Steinmeier sein Agrément für Melnyks Nachfolger. Hier lesen Sie mehr.
Ukraine will Atomstrom nach Deutschland liefern
6.38 Uhr: Die Ukraine will Deutschland mit der Lieferung von Atomstrom auf dem Weg aus der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen unterstützen. »Derzeit exportiert die Ukraine ihren Strom nach Moldau, Rumänien, in die Slowakei und nach Polen. Aber wir sind durchaus bereit, unsere Exporte auf Deutschland zu erweitern«, sagte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal der Nachrichtenagentur dpa. »Wir haben eine ausreichende Menge an Strom in der Ukraine dank unserer Kernkraftwerke. Bei meinem Besuch in Berlin und dann auch in Brüssel werde ich das ansprechen.«
Schmyhal wird heute in Berlin erwartet und am Sonntag von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt empfangen. »Das wäre für beide Seiten sehr gut. Die EU bekäme mehr Energie und wir die Devisen, die wir dringend benötigen«, sagte Schmyhal.
Deutsche Rechtsextremisten in der Ukraine
6.20 Uhr: Seit dem Überfall Russlandssind nach Kenntnis des Innenministeriums 26 deutsche Rechtsextremisten in die Ukraine gereist. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf Frage der Linkenfraktion im Bundestag hervor. Bei einer mittleren einstelligen Zahl lägen tatsächliche Anhaltspunkte für eine angestrebte Beteiligung an Kampfhandlungen vor, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. »Bei knapp der Hälfte der hier bekannten ausgereisten Rechtsextremisten liegen Hinweise vor, dass sie mit der Absicht ausgereist sind, humanitäre Hilfe zu leisten«, schreibt das Innenministerium weiter. Zu einer niedrigen einstelligen Zahl der bekannten Ausreisefälle lägen Hinweise zu journalistischen Aktivitäten vor.
Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner geht davon aus, dass »die tatsächliche Zahl« der ausgereisten Neonazis über den offiziellen Zahlen liegt. »Ungeachtet dessen besteht eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Deutschland, wenn die Neonazis mit Kampferfahrung und möglicherweise Waffen und Munition aus der Ukraine zurückkehren«, sagte Renner.
Uno: Kontakt mit den USA wegen Visa für russische Diplomaten um Lawrow
6.03 Uhr: Vor der anstehenden Generaldebatte der Uno-Vollversammlung in New York verzögern die USA offenbar die Ausstellung von Visa für eine russische Delegation um Außenminister Sergej Lawrow. »Wir arbeiten proaktiv mit der US-Mission an Visa für Delegationen zu bevorstehenden Uno-Treffen im Hauptquartier und nehmen Kontakt mit der Mission zu bestimmten Fällen auf, die uns zur Kenntnis gebracht werden. Das tun wir in diesem Fall«, teilte eine Uno-Sprecherin mit. Uno-Generalsekretär António Guterres sei in engem Kontakt mit dem Gastland USA und mit betroffenen Vertretungen, darunter Russland.
Ein Abkommen zwischen den USA als Gastland und den Vereinten Nationen regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen unter anderem für die Vergabe. Dementsprechend sind die Vereinigten Staaten verpflichtet, Diplomaten und Angehörigen von Regierungsdelegationen die Einreise in die USA zu ermöglichen, wenn sie zum Uno-Hauptquartier an den East River nach Manhattan wollen. Dort kann ihre Bewegungsfreiheit allerdings auf nur wenige Blocks um das Uno-Gebäude herum begrenzt werden.
Die diesjährige Generaldebatte der Uno-Vollversammlung startet am 20. September und geht eine Woche. Mehr als 150 Staats- und Regierungschefs haben sich angekündigt.