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Republikaner verordnen Maulkorb: Wer Trumps Prozesse im Kongress erwähnt, kann bestraft werden

June 24
20:57 2024

Politik

Donald Trump, im Wahlkampf.

Donald Trump, im Wahlkampf.

Die Regeln im US-Kongress sind speziell, manche Hunderte Jahre alt. Das kommt Donald Trump zugute, den die Republikaner vehement verteidigen. Im Repräsentantenhaus haben sie ein umstrittenes Redeverbot über ihn verhängt.

Es klingt skurril, ist aber wahr. Im Land der Meinungsfreiheit dürfen Abgeordnete in Washington offiziell nicht aussprechen, was jeder weiß: Donald Trump ist ein verurteilter Verbrecher. Dies sollen die Politiker nicht erwähnen. Warum? Die Republikaner sind in der Mehrheit in Repräsentantenhaus – und haben sämtlichen Abgeordneten einen wahlkampfgerechten Maulkorb verpasst. Wer ihn ignoriert, kann mit Sanktionen bestraft werden. Vor einigen Wochen statuierten sie ein Exempel. Demokraten sind empört.

Alle Abgeordneten stehen im November zur Wahl – und simulieren mit der Regel business as usual. Etwas, das die ganze Welt weiß, wird zur Unaussprechlichkeit. Der Konflikt in Washington darüber, was überhaupt gesagt werden darf, ist exemplarisch für einen Wahlkampf, der mit dem TV-Duell zwischen Trump und Joe Biden in dieser Woche in eine neue Phase eintreten wird. Er zeigt auch, wie sehr sich die Republikanische Partei ihrem designierten Präsidentschaftskandidaten unterordnet.

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Politik 23.06.24 Biden wollte etwas anderes Trump hat das letzte Wort bei TV-Debatte

Es gibt übliche Verhaltensregeln im Repräsentantenhaus, die seit Jahrhunderten gelten: Formelle Anreden sind wichtig, niemand der Anwesenden sollte direkt angesprochen werden, und politische Rivalen dürfen nicht verbal angegriffen werden. Das Vergehen heißt: "Sich mit Persönlichkeiten befassen." Diese Regeln können jedoch von der gewählten Mehrheit angepasst werden, in diesem Fall verschärft. Trump als Verbrecher zu bezeichnen, so das Argument der Demokraten, ist wegen dessen Verurteilung im Schweigegeldprozess um die Pornodarstellerin Stormy Daniels eine Tatsache. Auch die anderen Gerichtsprozesse sind schlicht Fakten.

Redeverbot für einen Tag

"Ich kann mich an keinen anderen Fall erinnern, in dem Tatsachen verbannt worden sind", sagte der Demokrat Jamie Raskin, der im Aufsichtsausschuss der Kammer sitzt. Das Verbot sei "orwellianisch", in Anlehnung an die strikten Redeverbote in George Orwells dystopischer Zukunftsvision "1984". Die Republikaner haben in den vergangenen Wochen immer wieder Demokraten ermahnt, weder Name noch Verurteilung zu erwähnen, schreibt die "New York Times". Denn alles, was die Abgeordneten in der Kammer sagen, wird für die Nachwelt aufgezeichnet. Eigentlich.

Die Worte von Jim McGovern, ein Demokrat aus Massachusetts, sind nicht mehr zu finden. Der hatte sich kurz vor der Urteilsverkündung gegen Trump gegen den Ex-Präsidenten in der Kongressammer beschwert: "Es gibt einen designierten Kandidaten mit 88 Anklagepunkten gegen sich und wir dürfen es noch nicht einmal erwähnen", wetterte er, und zählte Urteile und Vorwürfe der verschiedenen Gerichtsprozesse gegen Trump auf, bevor er schloss: "Aber in diesem von den Republikanern kontrollierten Repräsentantenhaus darf man über den (Schweigegeldprozess) reden, muss ihn aber einen Scheinprozess nennen."

Ein Republikaner erhob Einspruch, der Vorsitzende beriet sich und ließ McGoverns Äußerungen schlussendlich streichen. Zur Strafe durfte er zudem den restlichen Tag nichts mehr sagen. Die Begründung: Ein designierter Präsidentschaftskandidat müsse genauso behandelt werden wie ein amtierender Präsident. Kritik an politischen Positionen sind laut Republikanern erlaubt, aber keine Anschuldigungen, Unterstellungen oder tatsächlich illegales Verhalten. Die Regel basiert auf einer ähnlichen des britischen Unterhauses, das zu Zeiten der US-amerikanischen Unabhängigkeit abwertende Äußerungen gegen den König untersagte.

"Reueloser Verbrecher"

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Allerdings gilt das nicht immer für Joe Biden, dem im Repräsentantenhaus wiederholt Vergehen vorgeworfen worden sind; ohne Beweise oder gar Verurteilung. Die Demokraten empörten sich und kündigten an, auch weiterhin über Trumps Gerichtsprozesse zu sprechen, wenn auch manchmal verklausuliert. Raskin etwa erwähnte zuletzt einen "unaussprechlichen amerikanischen Verbrecher, einen von 19 Millionen im Land", und einen "reuelosen und anonymen verurteilten Verbrecher aus New York". Der Schweigegeldprozess solle der Vergessenheit anheimfallen, "um jemandem verletzte Gefühle zu ersparen", sagte er zynisch.

Der Demokrat ist ohnehin einer der größten Kritiker Trumps, immer wieder attackiert er den Republikaner und dessen Unterstützer im Kongress. "Wir schwören einen Eid auf die Verfassung, nicht auf einen Typen oder eine Partei, oder die Interessen eines Sugar-Daddy-Milliardärs, aber genau das passiert gerade", sagte er Mitte Juni. Da hatten die Republikaner den einflussreichen Trump das erste Mal seit dem Aufstand vom 6. Januar 2021 im Kongress empfangen.

Quelle: ntv.de

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