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Podcast mit Bestseller-Autor Dmitry Glukhovsky: »Dieser Krieg löscht Russlands Zukunft aus«

November 12
03:16 2022

In seinem neuen Buch schildert Dmitry Glukhovsky den Alltag in seiner russischen Heimat in grotesken Kurzgeschichten. Im Podcast erzählt er, warum er diese Form wählte und welche Wahrheiten dahinterstecken.

Plötzlich landet ein UFO.

Mitten in Moskau und zur besten Sendezeit. TV-Journalist Sascha kann sein Glück kaum fassen, denn jetzt hat er die Möglichkeit, das erste Interview mit einem Außerirdischen zu führen, live und für den »wichtigsten Kanal« des russischen Fernsehens, denn in diesem Moment beginnt gerade die »wichtigste Nachrichtensendung«. Aber daraus wird nichts: Immer wieder wird ein Bericht über den Präsidenten vorgezogen. Oder einer über den Premierminister. Schließlich ist die Sendung vorbei und die Aliens fliegen wieder ab. Ohne ihre wichtige Botschaft an die Menschheit vorzutragen.

»Sorry, dein Thema hat leider nicht in die Sendung gepasst«, meldet sich der Chefredakteur bei Sascha, »es kamen halt lauter wichtige Meldungen dazwischen, das verstehst du doch!«

In seinem aktuellen Buch »Geschichten aus der Heimat« erzählt Dmitry Glukhovsky vom Alltag in seiner russischen Heimat. Und jede einzelne Geschichte ist eine Groteske, die entscheidende Aspekte des Lebens in Russland überzeichnet und gleichzeitig seiner Gesellschaft den Spiegel vorhält. Berühmt geworden ist der Schriftsteller durch seinen Roman »Metro 2033«. Nachdem ein Atomkrieg die Erde verwüstet hat, leben die Menschen in Moskau im Untergrund der U-Bahn-Stationen, immer auf der Hut vor den Monstern und Mutanten, die an der Oberfläche lauern. Nachdem Russland die Ukraine angegriffen hatte, schrieben ihm Menschen aus der Ukraine, die Tage und Wochen in den U-Bahn-Schächten von Kiew und Charkiw ausharren mussten: »Jetzt leben wir in deinem Roman.«

»Es ist jedem klar, dass dieser Krieg so schädlich für Russland ist; er löscht einfach Russlands Zukunft aus«, sagt Dmitry Glukhovsky.

Auf der Fahndungsliste des Regimes

»Man muss wissen, dass die ›Geschichten aus der Heimat‹ natürlich sehr komisch, grotesk und absurd sind«, erzählt der Autor im Podcast. »Aber es ist auch ein ernsthafter Versuch zu erklären und zu verstehen, warum so viele Sachen bei uns in Russland so dumm sind. Anders als durch eine mystische Einmischung, eine religiöse Erklärung oder eine von Science-Fiction beeinflusste Handlung, kann man diese Sonderbarkeiten nicht erklären.«

Trotz aller Leidenschaft für Science-Fiction und Grotesken schätzt Dmitry Glukhovsky die Zukunft seines Landes düster ein. Er selbst lebt seit Monaten im Exil und steht nach wiederholter Kritik an Wladimir Putins Politik und dem Krieg in der Ukraine auf der Fahndungsliste des Regimes.

»Ich erwarte jetzt eine wesentliche Verschlimmerung der Freiheitslage in Russland, weil wir ab jetzt wesentlich mehr unter westlichen Sanktionen leiden werden«, sagt er nüchtern. »Der Staat, die Bevölkerung und auch der Krieg konsumiert zu viel Geld. Und es ist ganz klar, dass das nächste Jahr wirtschaftlich und auch gesellschaftlich besonders schwierig sein wird. Deswegen wird der Staat mehr Propaganda und mehr Repressalien anwenden, um einfach die Bevölkerung unter der Kontrolle zu halten«.

Wie die Propaganda Putin während seiner Regierungszeit zu einem gottgleichen Wesen verklärte, welche Auswirkungen die Mobilmachung auf die Gedanken des russischen Volkes hat und warum er Russlands Bürokratie mit der italienischen Mafia vergleicht, das erzählt Dmitry Glukhovsky in dieser Episode des SPIEGEL-Auslandspodcasts »Acht Milliarden«.

Die aktuelle Folge hören Sie hier:

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