Olafur Eliasson über Corona: “In Krisen zeigen die Menschen immer die schlechtere Version von sich selbst”

Künstler Eliasson: "Ich bin als Däne-Isländer eigentlich in der Diaspora"
Steffen Jänicke/ DER SPIEGEL
SPIEGEL: Herr Eliasson, können Sie in die Zukunft sehen?
Olafur Eliasson: Nein, leider nicht. Ich freue mich, dass ich als Künstler Anerkennung erlebe, aber ich bin kein besonderer Mensch. Ich wehre mich dagegen, als eine Art Genie mythologisiert zu werden. Das ist hochgefährlich, weil man sich damit außerhalb der allgemeinen Moral stellt und Populisten in die Hände spielt. Die unterscheiden Menschen ja danach, wer mehr oder wer weniger wert sei.
SPIEGEL: Unsere Frage bezieht sich auf Ihr Kunstwerk "Earth Speakr", das Sie im Auftrag der Bundesregierung gestaltet haben. Da Ihr Projekt über eine App läuft, ist es so ziemlich der einzige Programmpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, der die Pandemie unbeschadet überlebt hat.
Eliasson: Das war keine Hellseherei, sondern Glück. Ich habe zusammen mit dem Auswärtigen Amt, das mir den Auftrag gegeben hat, überlegt, wie wir die Idee des europäischen Raums mit Emotionen besetzen und möglichst viele Menschen einbeziehen können. Ich wollte als Künstler nicht im Mittelpunkt stehen, die Autorenschaft des Projekts sollte dezentralisiert werden. Und weil die meisten Leute ein Smartphone besitzen, haben mein Team und ich die interaktive App entwickelt, mit der junge Menschen ihre Ideen für den Planeten und die Zukunft einbringen können.