Nobelpreisträgerin Esther Duflo: “Geld für Fluggesellschaften, damit hilft man der Wirtschaft nicht”
SPIEGEL: Frau Professor Duflo, viele Staaten haben die erste Welle der Corona-Infektionen überstanden und öffnen sich wieder. Welche Lehren lassen sich aus der Pandemie ziehen?
Duflo: Wir haben in dieser Krise gesehen, wie wichtig der Staat ist. In den vergangenen Jahrzehnten ist das Vertrauen der Menschen in zahlreiche Institutionen langsam erodiert, auch in den Staat. Aber viele Dinge kann der Markt nicht regeln. Dazu gehört auch die Schaffung eines Gesundheitssystems, in dem alle Menschen krankenversichert sind.
SPIEGEL: Die Erfolge der Staaten bei der Bekämpfung der Krise fallen allerdings sehr unterschiedlich aus.
Duflo: Viele Staaten wollten in der Vergangenheit weder Steuern erhöhen noch ihr Haushaltsdefizit ausweiten. Das hat dazu geführt, dass wichtige Aufgaben vernachlässigt wurden. Dazu gehört, ausreichend Kapazitäten in den Krankenhäusern für Notfälle bereitzuhalten. Deutschland hatte genug Beatmungsgeräte und anderes medizinisches Equipment, als die Pandemie ausbrach. Die Todeszahlen sind viel niedriger als etwa in Italien.