News zum Russland-Ukraine-Krieg: Das geschah in der Nacht zu Montag (12. Dezember)
In Luhansk wurde offenbar ein Hotel beschossen, das russische Söldner beherbergte. Gegen sieben russisch-orthodoxe Kirchenmänner gelten Strafmaßnahmen. Odessa hat teils wieder Strom. Die wichtigsten Entwicklungen.
Was in den vergangenen Stunden geschah
Ukrainische Streitkräfte haben nach Angaben des Gouverneurs in Luhansk ein Hotel in der Stadt Kadiwka angegriffen, in dem sich Mitglieder der russischen privaten Söldnergruppe »Wagner« aufhielten. Bei der Attacke seien viele Mitglieder der Gruppe getötet worden, sagte Serhij Gaidai in einem Interview mit dem ukrainischen Fernsehen.
Beim russischen Verteidigungsministerium war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
In der Hafenstadt Odessa ist nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Stromversorgung teilweise wiederhergestellt worden. Man tue alles, um unter diesen Bedingungen nach den russischen Drohnen-Angriffen das maximal Mögliche zu erreichen, sagte Selenskyj in seiner nächtlichen Videobotschaft. Odessa zähle zu den Regionen mit den häufigsten Blackouts. Nach russischen Angriffen auf die Energieinfrastruktur waren am Vortag mehr als 1,5 Millionen Menschen in der südukrainischen Region Odessa ohne Strom.
Das sagt Kiew
Der ukrainische Generalstab hat am Sonntag eine Reihe von Luftangriffen gegen Ziele in den russisch besetzten Gebieten des Landes bestätigt. Zeitgleich seien seit Samstagabend eine Reihe von Kommandostellen, Unterkünften und Nachschublagern mit Rohr- und Raketenartillerie beschossen worden, heißt es in der Mitteilung der Militärführung in Kiew. Die genauen Ziele wurden jedoch nicht genannt.
Allerdings habe auch die russische Luftwaffe am Sonntag mehrere Angriffe geflogen. »Und es besteht immer noch die Gefahr, dass der Feind Angriffe mit Raketen und Drohnen gegen Objekte der energetischen Infrastruktur auf dem gesamten Gebiet der Ukraine führt.«
Von russischer Seite waren am Samstagabend mehrere Artillerieangriffe des ukrainischen Militärs unter anderem auf die russisch besetzte Stadt Melitopol im Südosten der Ukraine gemeldet worden. Zudem war die russische Flugabwehr über der Region aktiv geworden, ebenso wie bei Simferopol auf der Krim.
Die ukrainischen Streitkräfte werden nach den Worten ihres Verteidigungsministers bei günstigen Witterungsbedingungen ihre Gegenoffensive gegen die russischen Besatzer wieder aufnehmen. Der aktuelle Übergang »vom trockenen Herbst zum noch nicht frostigen Winter« biete weder für Rad- noch Kettenfahrzeuge günstige Einsatzbedingungen, sagte Minister Olexij Resnikow am Sonntag bei einem Treffen mit seinem schwedischen Kollegen Pål Jonson in Odessa. »Ich denke, der (gegenwärtige) Rückgang von Aktivität an der Front ist auf das Wetter zurückzuführen.«
»Aber die ukrainischen Streitkräfte denken nicht ans Aufhören«, sagte Resnikow. Vielmehr wollten sie den Moment nutzen, in dem der Boden durch Frost fester wird, um ihre Gegenangriffe fortzusetzen. Der Plan der Ukraine dabei sei »sehr einfach«, betonte Resnikow. »Es ist die Befreiung aller vorübergehend besetzten Gebiete der Ukraine in den Zustand von 1991, als die Grenzen der Ukraine international anerkannt wurden.«
Die Fronten in der Ukraine sind seit einigen Wochen weitgehend statisch, ungeachtet fortgesetzter schwerer Kämpfe an diversen Brennpunkten, vor allem mit Artillerie, Raketen und Drohnen.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die ablehnende Haltung Deutschlands zur Lieferung von Kampfpanzern kritisiert. »Wir verstehen nicht ganz, warum diese Entscheidung bisher nicht gefallen ist, warum man wohl Artillerie liefern kann, aber keine Panzer«, sagte er am Sonntag in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin«. »Diese Argumentation verstehen wir, ehrlich gesagt, nicht.«
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, hatte zuvor gesagt, Kiew habe von der Bundesregierung Zusagen für weitere Waffenlieferungen erhalten. »Im direkten Gespräch wurden uns mehr Waffen und weitere Munition zugesichert«, sagte Makeiev der »Welt am Sonntag«: »Welche, werden wir zu gegebener Zeit gemeinsam bekanntgeben.«
Die Bundesregierung hat der Ukraine bereits schwere Artillerie und Flugabwehr geliefert, erfüllt die Forderung Kiews nach der Abgabe moderner Panzer vom Typ Leopard und Marder aber bisher nicht. Die Ukraine sei mit der Bundesregierung »weiter im Gespräch« über die Lieferung solcher Panzer, sagte Makeiev der Zeitung. Auch Kuleba kündigte weitere Gespräche an: »Es gibt da keine Zusagen. Aber wir arbeiten daran.«
Selenskyj dankte US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat für die Hilfe der Regierung in Washington seit dem Einmarsch der russischen Streitkräfte im Februar. »Ich habe mich für die beispiellose Verteidigungs- und Finanzhilfe der USA für die Ukraine bedankt«, schrieb Selenskyj auf seinem offiziellen Telegramkanal. Dies trage nicht nur zum Erfolg auf dem Schlachtfeld bei, sondern unterstützt auch die Stabilität der ukrainischen Wirtschaft. »Wir schätzen auch die Hilfe, die die USA bei der Wiederherstellung des ukrainischen Energiesystems leisten.«
Die USA werden offiziellen Angaben zufolge der Unterstützung der ukrainischen Luftverteidigung Priorität einräumen. Biden habe dies in dem Telefonat mit Selenskyj zugesagt, teilte das Weiße Haus mit. Biden habe auch Selenskyjs »erklärte Offenheit für einen gerechten Frieden auf der Grundlage der in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundprinzipien« begrüßt.
Humanitäre Lage
Kiew geht gegen Vertreter der Moskau zugewandten russisch-orthodoxen Kirche vor. Laut Selenskyj wurden gegen sieben Spitzenvertreter Sanktionen verhängt, darunter ein Einfrieren von Vermögenswerten und ein de-facto-Reiseverbot. Die Orthodoxen des Moskauer Patriarchats sind die zahlenmäßig größte Konfession des Landes. Dieses hatte den Angriff auf das Nachbarland als einen Heiligen Krieg gerechtfertigt, in dem es darum gehe, »das gemeinsame historische Vaterland« gegen die Nato und den verdorbenen Westen zu verteidigen.
Die Kirche stellt in fast allen Regionen der Ukraine die Mehrheit der Kirchengemeinden, rund 12.000 waren es zu Kriegsbeginn. Zur unabhängigen Orthodoxen Kirche der Ukraine zählten rund 7000 Gemeinden.
Internationale Reaktionen
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat seine volle Unterstützung für die ukrainischen Friedensvorstellungen ausgesprochen. In einem Telefonat mit Präsident Selenskyj begrüßte Macron dessen Friedensplan, wie der Élysée-Palast im Anschluss an das Gespräch mitteilte.
Selenskyj hatte mehrfach einen Friedensplan unterbreitet, der unter anderem den vollständigen Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine vorsieht. Auch von der seit 2014 annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim sollen sich die Truppen zurückziehen. Hinzu kommen Reparationszahlungen, die juristische Aufarbeitung von Kriegsverbrechen sowie Sicherheitsgarantien des Westens für die Ukraine.
Der tschechische Präsident Miloš Zeman hat sich für einen Vorrang der Ukrainehilfe seines Landes gegenüber eigenen Wirtschaftsinteressen ausgesprochen. In einem Interview des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Rundfunks betonte er am Sonntag: »Jetzt ist nicht nur die Ukraine bedroht.« In einer solchen Situation müssten Wirtschaftsinteressen in den Hintergrund treten, und die Hilfe für die Ukraine dürfe nun nicht schwächer werden, forderte der in der Vergangenheit oft als »prorussisch« kritisierte Zeman. Seine Amtszeit als Staatsoberhaupt endet Anfang März.
In den vergangenen Monaten gab es in Tschechiens Städten immer wieder große Protestkundgebungen gegen die intensive Militärhilfe der Regierung für die Ukraine und die gleichzeitigen Preissteigerungen, etwa für Lebensmittel und Energie. Demonstranten forderten eine neutralere Haltung des Nato-Mitglieds und wurden dafür von Regierungspolitikern als Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin beschimpft. Zeman widersprach der Ansicht, die tschechische Regierung engagiere sich zu sehr für die Ukraine.
Der Präsident gab im Radio-Interview auch eigene Fehleinschätzungen zu und bedauerte, dass er sich in Putin geirrt habe: »Ich habe in ihm einen Politiker gesehen, den ich zwar nicht idealisierte, von dem ich aber dennoch den Eindruck hatte, es gehe ihm um die Interessen seines Landes. Die Aggression gegen die Ukraine war aber gegen die Interessen der Russischen Föderation. Und wenn sich Wladimir Putin dessen nicht bewusst war, dann ist das umso schlimmer für das Land.«
Was heute passiert
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Die Außenminister der EU-Staaten beraten in Brüssel über die jüngsten Entwicklungen in Iran und in Russlands Krieg gegen die Ukraine. Es wird erwartet, dass bei dem Treffen auch weitere Sanktionen gegen Verantwortliche für schwere Menschenrechtsverletzungen in Iran beschlossen werden. Damit soll auf die anhaltend brutale Unterdrückung der systemkritischen Proteste in dem Land reagiert werden.