News zum Russland-Ukraine-Krieg: Das geschah in der Nacht zu Mittwoch (17. Mai)
Ein Video zeigt den Anführer der Wagner-Söldner angeblich mit einem toten freiwilligen Kämpfer aus den USA. Und: Der Kreml widerspricht Kiews Angaben zur Raketenabwehr. Die jüngsten Entwicklungen.
Was in den vergangenen Stunden geschah
Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgenij Prigoschin, hat den Tod eines freiwilligen Kämpfers aus den USA bekannt gegeben, der im Osten der Ukraine aufseiten Kiews gekämpft habe. In einem von russischen Militärbloggern verbreiteten Video präsentierte Prigoschin inmitten von Trümmern den Leichnam eines Soldaten, bei dem es sich um einen US-Bürger handeln soll.
In dem kurzen Video ist Prigoschin dabei zu sehen, wie er mit seinen Männern nachts unterwegs ist, während dumpfe Explosionen zu hören sind. Wann und wo die Bilder entstanden, ist unklar.
Dann ist Prigoschin neben einem Soldaten mit nacktem Oberkörper und einer Wunde im Bauch zu sehen. In feierlichem und ironischem Ton sagt er: »Er ist zu unserem Treffen gekommen. Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika.« Zudem zeigt er auf mutmaßlich persönliche Dokumente des Soldaten, ohne dessen Namen zu nennen.
»Wir werden ihn in die USA zurückschicken. Wir werden ihn in einen Sarg (mit) amerikanischer Flagge legen. Mit Respekt, weil er nicht in Großvaters Bett gestorben ist, sondern im Krieg«, sagte der Geschäftsmann, dessen paramilitärische Wagner-Gruppe in der umkämpften Stadt Bachmut an vorderster Front für Russland kämpft.
Die Angaben Prigoschins waren zunächst nicht von unabhängiger Seite zu überprüfen.
In einer am Dienstagabend von seinem Pressedienst veröffentlichten Mitteilung bekräftigte Prigoschin, dass er den Toten auf jeden Fall den US-Behörden übergeben werde. »Ich werde es besonders für die ›Washington Post‹ machen«, fügte er hinzu.
Die US-Zeitung hatte vor wenigen Tagen berichtet, dass Prigoschin dem ukrainischen Geheimdienst angeboten habe, ihm Informationen über die Stellungen der russischen Armeeeinheiten zu liefern – im Gegenzug für einen Abzug der ukrainischen Truppen aus Bachmut. Prigoschin hatte diese Informationen am Montag als »lächerlich« zurückgewiesen.
Das sagt Kiew
Nach dem erneuten heftigen Raketenbeschuss auf die Ukraine hat sich Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seinen Unterstützern bedankt und den europäischen Zusammenhalt betont. »Russland bemüht sich sehr, seine Fähigkeit zu töten zu verbessern. Wir bemühen uns sehr, den Schutz unserer Bevölkerung zu verbessern. Und ich danke allen Ländern und Führern, die uns dabei helfen, unsere Luftverteidigung insgesamt zu verbessern. Wir zeigen, was unsere 100 Prozent bedeuten und was die Macht der freien Welt bedeutet«, sagte Selenskyj beim Europaratsgipfel in Reykjavik per Videoschalte.
Der Europarat war 1949 als Hüter von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat in Europa gegründet worden und ist von der EU unabhängig. Russland war nach der russischen Invasion in der Ukraine ausgeschlossen worden, Belarus ist bei dem Gipfel nur noch als Beobachter vertreten. Es ist erst das vierte Gipfeltreffen des Europarats in seiner mehr als 70-jährigen Geschichte.
»Wir sind Europäer, also schätzen wir den Frieden, wir sind Europäer, also handeln wir mit 100 Prozent unserer Kräfte, wenn es darum geht, unsere Lebensweise zu schützen«, so Selenskyj.
Das sagt Moskau
Russland hat Angaben der Ukraine zum Abschuss moderner russischer Hyperschallraketen dementiert. Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti, Russland habe gar nicht so viele Hyperschallraketen abgefeuert wie der ukrainischen Regierung zufolge in der Nacht zuvor abgefangen worden waren.
Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow hatte erklärt, bei erneuten russischen Luftangriffen auf Kiew seien sechs russische Hyperschallraketen vom Typ Kinschal abgefangen worden. »Ein weiterer unglaublicher Erfolg für die ukrainischen Luftstreitkräfte«, hatte Resnikow bei Twitter geschrieben.
Präsident Selenskyj hatte in einer Videoschalte bei dem Gipfeltreffen des Europarats erklärt, »100 Prozent« der russischen Raketen, die in der Nacht von Montag auf Dienstag auf ukrainisches Territorium abgefeuert worden seien, seien abgefangen worden.
Vergangene Woche hatte die Ukraine erstmals den Abschuss einer russischen Kinschal-Hyperschallrakete gemeldet. Der ukrainischen Luftwaffe zufolge war sie mit einem Patriot-Abwehrsystem abgefangen worden.
Internationale Reaktionen
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat beim Europarats-Gipfel für Unterstützung des geplanten Schadenregisters für die Ukraine geworben. Anlässlich des Gipfels positioniere sich der Rat erneut an der Seite der Opfer, indem er ein internationales Register für Schäden einrichte, die durch die Aggression Russlands gegen die Ukraine verursacht wurden, sagte Macron zum Auftakt des Spitzentreffens in Reykjavik. »Ich rufe alle Staaten auf, sich ihm anzuschließen und aktiv zu seiner Ausarbeitung beizutragen.«
Daneben schlug Macron unter anderem mithilfe der Entwicklungsbank des Europarats die Einrichtung von Zentren für psychische Gesundheit in der Ukraine vor – »um all jenen zu helfen, die tagtäglich unter den schweren Traumata leiden, die dieser gewaltsame Konflikt verursacht, und wie es die Ukrainerinnen und Ukrainer selbst gefordert haben«.
Die USA haben ein Kopfgeld von zehn Millionen Dollar (9,2 Millionen Euro) auf einen russischen Hacker ausgesetzt, der hinter Tausenden Cyberattacken in aller Welt stehen soll. Michail Pawlowitsch Matweew sei an Angriffen mit den Erpressungssoftwares LockBit, Babuk und Hive beteiligt gewesen, erklärte das US-Justizministerium in Washington am Dienstag. Ziel der Attacken seien unter anderem Polizeibehörden in den USA, aber auch Schulen und Krankenhäuser gewesen.
Die Hacker sollen von ihren Opfern insgesamt bis zu 400 Millionen Dollar Lösegeld gefordert und bis zu 200 Millionen Dollar Lösegeld erbeutet haben, wie das Ministerium weiter erklärte. Sollte Matweew gefasst, an die USA ausgeliefert und vor Gericht gestellt werden, würden ihm mehr als 20 Jahre Gefängnis drohen.
Erst vor zwei Wochen hatten die USA ebenfalls zehn Millionen Dollar Belohnung für Hinweise versprochen, die zur Ergreifung des mutmaßlichen russischen Cyberkriminellen Denis Gennadjowitsch Kulkow führen. Der Mann soll einer der Köpfe der Plattform Try2Check sein, die bei Kreditkartenbetrug genutzt wird.
Ungarn hat nach eigener Darstellung die Auszahlung der nächsten Tranche militärischer Unterstützung für die Ukraine aus der Europäischen Friedensfazilität (EPF) blockiert. Die Verwendung des EPF nur für die Ukraine führe dazu, dass nicht ausreichend Mittel etwa für den Balkan oder Nordafrika genutzt werden könnten, hieß es auf Anfrage in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur Reuters. Die EU hat im Rahmen der EPF bislang insgesamt rund 3,6 Milliarden Euro an Militärhilfe für die Ukraine bereitgestellt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich beim Europarats-Gipfel dafür ausgesprochen, die Brücken zum »anderen Russland« jenseits von Präsident Wladimir Putin und seiner Regierung nicht abzubrechen. Irgendwann werde Russlands Krieg gegen die Ukraine enden, sagte der SPD-Politiker. »Und eines ist sicher: Er wird nicht mit einem Sieg des Putin'schen Imperialismus enden.« Denn man werde die Ukraine so lange unterstützen, bis ein gerechter Frieden erreicht sei.
»Bis dahin sollten wir als Europarat Brücken aufrechterhalten zu den Vertretern und Vertreterinnen eines anderen Russlands, eines anderen Belarus – und so die Perspektive einer demokratischen, friedlichen Zukunft beider Länder offenhalten – so unwahrscheinlich sie uns heute auch erscheinen mag«, sagte Scholz. Gleichzeitig verlangte er eine konsequente Ahndung russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine und eine systematische Erfassung der von Russland angerichteten Kriegsschäden. Der Europarat könne dabei eine wichtige Rolle spielen.
Was heute passiert
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Im isländischen Reykjavik endet der zweitägige Gipfel des Europarats. Der Europarat will sich für die Wahrung der Menschenrechte einsetzen und ist von der EU unabhängig. Deshalb gehören zu den 46 Mitgliedern auch Länder wie Großbritannien, die Türkei und die Ukraine. Bei dem ersten Gipfel seit 2005 und erst dem vierten Treffen der Staats- und Regierungschefs in dieser Form überhaupt ging es vor allem um den Krieg in der Ukraine.