News zum Russland-Ukraine-Krieg: Das geschah in der Nacht zu Freitag (21. Juli)
Was in den vergangenen Stunden geschah
Die Ukraine setzt die von den USA gelieferte Streumunition nach Angaben des Weißes Hauses bereits im Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer ein. »Sie setzen sie angemessen ein, sie setzen sie effektiv ein«, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der US-Regierung, John Kirby, am Donnerstag.
Der Einsatz der Streumunition wirke sich bereits auf russische Verteidigungsstellungen und Offensivmanöver aus, sagte Kirby. Für weitere Details verwies er an die Ukrainer. Das Pentagon hatte vergangene Woche bestätigt, dass die kurz zuvor von den USA zugesagte Streumunition bereits in der Ukraine angekommen sei.
Als Streumunition werden Raketen oder Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper verteilen. Sie ist vor allem deshalb umstritten, weil ein erheblicher Teil davon nicht detoniert, sondern als Blindgänger vor Ort verbleibt und so die Bevölkerung gefährdet. Mehr als 100 Staaten haben ihren Einsatz geächtet, auch Deutschland.
Die Ukraine argumentiert, dass sie diese Waffen dringend zur Verteidigung gegen und zur Befreiung besetzter Gebiete benötigt. Zudem haben internationale Organisationen wie Human Rights Watch nachgewiesen, dass Russland selbst schon seit längerem Streumunition einsetzt. Betroffen von russischem Streubomben-Beschuss waren etwa im vergangenen Jahr Wohngebiete im ostukrainischen Charkiw.
Das passiert in Kiew
Nach Unmut über den Umgang mit staatlichen Geldern hat der ukrainische Kulturminister Olexander Tkatschenko seinen Rücktritt eingereicht. Es habe »eine Welle von Missverständnissen über die Bedeutung der Kultur in Kriegszeiten« gegeben, führte Tkatschenko am späten Donnerstagabend bei Telegram als Erklärung für seinen Schritt an. Danach habe ihn eine Aussage von Präsident Wolodomyr Selenskyj zu diesem Thema überrascht.
Selenskyj hatte in seiner abendlichen Videoansprache gesagt, er habe Regierungschef Denys Schmyhal gebeten, eine Ersetzung Tkatschenkos in Betracht zu ziehen. Zuvor hatten ukrainische Medien berichtet, der Kulturminister wolle 500 Millionen Hrywnja (rund 12 Millionen Euro) für die Fertigstellung eines nationalen Museums ausgeben, das an die Opfer des Genozids Holodomor in den Dreißigerjahren erinnern soll.
Auf seinem Telegram-Kanal schrieb Tkatschenko am Donnerstagabend, Mittel für Kultur seien während des Krieges nicht weniger wichtig als Mittel für Drohnen, »denn Kultur ist der Schutzschild unserer Identität und unserer Grenzen«.
Selenskyj kritisierte in seiner Ansprache: »In Kriegszeiten wie diesen sollte die Hauptaufmerksamkeit des Staates, und damit auch der staatlichen Ressourcen, auf die Verteidigung entfallen«. Zwar seien Museen und andere kulturelle Bereiche wichtig, »aber gerade haben wir andere Prioritäten«. Nach rund 17 Monaten russischem Angriffskrieg habe die ukrainische Gesellschaft Verständnis dafür, dass an nicht dringend notwendigen Dingen derzeit gespart werden müsse.
Lage am Atomkraftwerk Saporischschja
Experten der Internationalen Atomenergiebehörde warten weiterhin auf Zugang zu den Dächern des von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerks Saporischschja. Die Spezialisten hätten Anfang der Woche weitere Inspektionen der Anlage vorgenommen, dabei aber bisher keine sichtbaren Anzeichen von Sprengstoff oder Minen entdeckt, sagte IAEA-Direktor Rafael Grossi laut einem Bericht der Behörde vom Donnerstag. Die IAEA verlange aber weiterhin Zugang zu den Dächern der Reaktoren und ihrer Turbinenhallen, so Grossi.
Der Chef der russischen Atombehörde Rosatom, Alexej Lichatschow, hatte vor gut einer Woche Vorwürfe einer angeblich von Moskau geplanten Sprengung des Atomkraftwerks Saporischschja zurückgewiesen.
Russische Truppen hatten das AKW kurz nach Beginn des Angriffskriegs besetzt. Mehrfach geriet die Anlage unter Beschuss, was trotz ihres Herunterfahrens international die Sorge vor einer Atomkatastrophe steigerte. Seit Monaten verdächtigen sich Moskau und Kiew gegenseitig, gezielt ein Unglück an der Nuklearanlage zu provozieren, entweder durch Beschuss oder durch Verminung. Anfang Juli spitzten sich die Vorwürfe zu. Es hieß, ein Anschlag stehe unmittelbar bevor. Inzwischen hat sich die Lage wieder etwas beruhigt.
Die IAEA, die eigene Beobachter auf dem Gelände des AKW hat, hatte auf dem Höhepunkt des Streits erklärt, keine Anzeichen für eine Verminung zu sehen. Gleichzeitig berichteten die internationalen Atomexperten aber auch, dass die Anlage früher schon vermint worden war und sie nicht Zugang zu allen Bereichen des Kraftwerks hätten.
Internationale Reaktionen
Die US-Regierung warnte davor, dass Russland seine Angriffe nach dem Ausstieg aus dem internationalen Getreideabkommen auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer ausweiten und diese dann der Ukraine zur Last legen könnte. »Unsere Informationen weisen darauf hin, dass Russland weitere Seeminen in den Zufahrten zu ukrainischen Häfen gelegt hat«, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. »Und gestern haben wir beobachtet, dass Russland ein Video der Entdeckung und Detonation einer – wie sie behaupteten – ukrainischen Seemine veröffentlicht hat.« Es sei möglich, dass dieses Video ein »Vorbote« für einen Angriff unter falscher Flagge sein könnte.
Russland hatte am Montag das Abkommen zum Export ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer trotz aller internationaler Appelle für beendet erklärt. Im Anschluss kündigte Moskau an, Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern, künftig als mögliche militärische Ziele zu betrachten. In den vergangenen Nächten griff Russland zudem den Hafen von Odessa, von wo aus in den vergangenen Monaten viele Millionen Tonnen Nahrungsmittel exportiert wurden, sowie andere ukrainische Städte am Schwarzen Meer an.
Uno-Generalsekretär António Guterres verurteilte die wiederholten russischen Angriffe auf den Hafen von Odessa und andere ukrainische Städte am Schwarzen Meer »aufs Schärfste«. »Die Angriffe widersprechen den Verpflichtungen der Russischen Föderation im Rahmen der Absichtserklärung mit den Vereinten Nationen«, teilte die Weltorganisation mit. Zudem stelle die Zerstörung ziviler Infrastruktur einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar.
Ringen um Getreideabkommen
Deutsche Reeder sind von der Kündigung des Getreideabkommens durch Russland nicht betroffen. »Uns sind keine Fälle bekannt, in denen derzeit Schiffe deutscher Reedereien im Schwarzen Meer unterwegs beziehungsweise generell noch tätig sind«, sagte eine Sprecherin des Verbands Deutscher Reeder (VDR) den Zeitungen der Funke Mediengruppe laut einem Vorabbericht. »Nach unseren Informationen handelte es sich vorwiegend um Schiffe chinesischer, türkischer und griechischer Reedereien.« Im Rahmen des Getreideabkommens seien keine deutschen Reeder aktiv gewesen.
Das Schwarze Meer gilt seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs als »Hochrisikogebiet«. »Das hat sich durch den Getreidedeal auch nicht verändert«, sagte die VDR-Sprecherin. Eine Tätigkeit im Schwarzen Meer sei eine unternehmensinterne Entscheidung der einzelnen Reedereien, die nach Abwägung aller Risiken erfolge.
Dabei spiele auch der Versicherungsschutz eine große Rolle. »Kriegsversicherungen sind extrem teuer. Daneben dürfte es auch sehr schwierig sein, für das Befahren von Kriegs- und Krisengebieten entsprechende Crews zu finden.«

