News zum Russland-Ukraine-Krieg: Das geschah in der Nacht zu Donnerstag (15. Dezember)
Schicken die USA ihr Luftabwehrsystem Patriot in die Ukraine, will Moskau es »definitiv« als Ziel für Angriffe betrachten. Und: Laut Kiew haben russische Besatzer in Cherson auch Kinder misshandelt. Die jüngsten Entwicklungen.
Was in den vergangenen Stunden geschah
In der kürzlich befreiten Stadt Cherson sind ukrainischen Angaben zufolge auch Kinder misshandelt worden. »Wir haben in der Region Cherson zehn Folterkammern gefunden, vier davon in der Stadt Cherson«, sagte Dmytro Lubinets, der Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments. »In einer der Folterkammern fanden wir einen separaten Raum, eine Zelle, in der Kinder festgehalten wurden… selbst die Besatzer nannten sie so, eine Kinderzelle.«
Die Zelle unterscheide sich von den angrenzenden Räumen nur dadurch, dass die Besatzer dünne Matten auf den Boden gelegt hätten. Die Kinder hätten nur unregelmäßig Wasser und praktisch kein Essen bekommen. Zudem sei psychologischer Druck auf sie ausgeübt worden, sagte Lubinets. »Sie sagten ihnen, ihre Eltern hätten sie verlassen und würden nicht zurückkommen.«
Lubinets legte keine Beweise für seine Behauptungen vor. Seine Aussagen konnten nicht unabhängig überprüfen. Russland bestreitet die Misshandlung von Zivilisten.
Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU hat bei erneuten Razzien wegen möglicher Verbindungen zu Russland in orthodoxen Kirchen und Klöstern »Propagandaschriften« gefunden. Bei den Durchsuchungen religiöser Stätten im ganzen Land habe er »russische Pässe, Propagandaliteratur und Passierscheine« sichergestellt, die von den russischen Besatzungsbehörden ausgestellt worden seien, erklärte der SBU am Mittwoch. Mit den Maßnahmen wolle er »die Bevölkerung vor Provokationen und terroristischen Handlungen schützen«.
Der Inlandsgeheimdienst hatte zuvor »Spionageabwehrmaßnahmen« in mehr als einem dutzend religiöser Stätten in mehreren ukrainischen Regionen angekündigt, darunter Lwiw im Westen, Cherson im Süden und Schitomir im Nordwesten.
Das sagt Kiew
Nach neuen russischen Drohnenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew setzt Präsident Wolodymyr Selenskyj auf modernere und effektivere Flugabwehrsysteme aus dem Westen. »Diese Woche haben wir einen bedeutenden Fortschritt in der Frage der Flugabwehr gemacht«, sagte er in seiner am Mittwochabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft . Details nannte er nicht.
Die US-Regierung erwägt Medienberichten zufolge eine Lieferung des modernen Patriot-Flugabwehrsystems an die Ukraine. Die Pläne müssten noch von Verteidigungsminister Lloyd Austin genehmigt werden, berichteten mehrere US-Medien unter Berufung auf namentlich nicht genannte Regierungsquellen. Das Patriot-System (»Phased Array Tracking Radar to Intercept on Target«) würde in der Ukraine für neue Verhältnisse sorgen. Mit seinen Lenkflugkörpern können Flugzeuge, Marschflugkörper, Drohnen oder Raketen auch in größerer Entfernung abgeschossen werden .
Selenskyj berichtete nun auch, dass am Mittwochmorgen 13 russische Drohnen abgeschossen worden seien. »Das bedeutet 13 verschonte Infrastruktur-Objekte, das sind gerettete Leben«, sagte er. Die Ukraine baue ihre Luftverteidigung immer weiter aus. »Und wir tun alles, um mehr moderne und effektivere Systeme für die Ukraine zu bekommen.« Ohne Details zu nennen, sagte Selenskyj, dass an Vereinbarungen zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit des Landes gearbeitet werde.
Selenskyj beklagte zudem, dass Russland es nur auf Zerstörung abgesehen habe und alles in Schutt und Asche legen wolle. »Es gibt keine Ruhe an der Front.« Zugleich berichtete der Präsident, dass einmal mehr 64 ukrainische Offiziere und Soldaten aus russischer Gefangenschaft entlassen worden seien.
Das sagt Moskau
Der Kreml hat sich zu den Berichten geäußert, wonach die USA erwägen, das Patriot-System in die Ukraine zu liefern. Sollten die USA die Lieferung genehmigen, würde das System »definitiv« ein legitimes Ziel für russische Angriffe auf die Ukraine sein, erklärte Kremlsprecher Dmitrij Peskow. Er sagte außerdem, dass ein Waffenstillstand während der Weihnachtstage nicht auf der Agenda stehe.
Die russische Botschaft in Washington wertet die Pläne der US-Regierung als Provokation. Dies könne zu unabsehbaren Folgen führen, warnte die Gesandtschaft bei Telegram. »Auch ohne die Bereitstellung von Patriots geraten die Vereinigten Staaten immer tiefer und tiefer in den Konflikt«, hieß es dort weiter. Und: »Es sind die Vereinigten Staaten, die für die Verlängerung und Eskalation des Ukraine-Konflikts verantwortlich sind.«
Internationale Reaktionen
Die USA wollen der Ukraine offenbar militärische Präzisionsbauteile zur Verfügung stellen. Das berichtet die »Washington Post« . Mithilfe der speziellen elektronischen Ausrüstung können ungelenkte Raketen in selbststeuernde Flugkörper (»Smart Bombs«) umgerüstet werden und ein hohes Maß an Zielgenauigkeit erreichen. Die Zeitung beruft sich uf mit der Angelegenheit vertraute US-Regierungsbeamte.