News zum Russland-Ukraine-Krieg: Das geschah in der Nacht zu Dienstag (3. Januar)
Kiew befürchtet ein Andauern russischer Drohnen-Attacken. Die ukrainische Polizei entdeckte bisher 25 Folterlager in Charkiw. Und: In Druschkiwka wurde offenbar eine Eishalle zerstört. Die wichtigsten Entwicklungen.
Das sagt Kiew
Angesichts der wiederholten russischen Drohnenangriffe auf ukrainische Städte in den vergangenen Tagen warnt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor einem möglichen Abnutzungskrieg. »Wir haben Informationen, dass Russland einen langfristigen Einsatz von Schahed-Drohnen plant«, sagte Selenskyj am Montagabend in seiner täglichen Videoansprache. Russland wolle damit Abnutzung erreichen. »Die Erschöpfung unserer Leute, unserer Luftverteidigung, unserer Energie«, sagte er. »Aber wir müssen und werden alles tun, damit dieses Ziel der Terroristen wie alle anderen scheitert.«
Das russische Militär setzt sogenannte Kamikaze-Drohnen ein, die am Ende ihres Fluges senkrecht auf ihr Ziel herabstürzen. Die relativ langsamen Drohnen aus iranischer Produktion sind ein leichtes Ziel für die Flugabwehr, doch die großen Mengen der eingesetzten unbemannten Flugapparate und die ständige Luftraumüberwachung sind eine Herausforderung für die ukrainische Luftabwehr. Dazu kommt der Kostenfaktor – eine aus billigen Teilen hergestellte Drohne muss mit teuren Waffensystemen abgeschossen werden.
»Seit Jahresbeginn sind nur zwei Tage vergangen«, sagte Selenskyj. »Und schon beträgt die Zahl der über der Ukraine abgeschossenen Drohnen über 80.« Die russischen Militärs setzen die Drohnen überwiegend gegen ukrainische Städte ein, um dort möglichst Schäden im Energienetz anzurichten.
In der ostukrainischen Stadt Druschkiwka soll nach Angaben des zuständigen Eishockeyklubs eine Eishalle bei dem Raketenbeschuss zerstört worden sein. Zuvor hatte es Berichte gegeben, dass bei einem Raketeneinschlag zwei Menschen verletzt worden seien.
Das sagt Moskau
Nach tagelangen Anflügen russischer Kamikaze-Drohnen auf ukrainische Städte hat am Montagabend die Flugabwehr der russisch besetzten Halbinsel Krim ukrainische Drohnen bekämpft. Nach einem Bericht der Staatsagentur Tass wurden über dem Marinehafen Sewastopol zwei ukrainische unbemannte Fluggeräte abgeschossen. »Unsere Luftverteidigung setzte die Abwehr der Angriffe fort«, wurde der von Moskau eingesetzte Gouverneur Michail Raswoschajew zitiert.
Sewastopol ist der Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte. Der Hafen war bereits mehrfach Ziel ukrainischer Drohnenangriffe, zuletzt am 30. Dezember. Im Oktober hatte das ukrainische Militär mit Sprengstoff beladene Drohnen-Boote gegen die russische Flotte bei Sewastopol eingesetzt. Über deren Wirkung gibt es von beiden Seiten widersprüchliche Angaben.
Humanitäre Lage
Seit der Befreiung der Umgebung der ostukrainischen Stadt Charkiw aus russischer Besatzung hat die Polizei dort nach eigenen Angaben 25 Folterlager entdeckt. In den Lagern hätten russische Truppen unter anderem Zivilisten unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten und gefoltert, teilte der regionale Polizeichef Wolodymyr Tymoschko am Montag auf Facebook mit. Die Gefangenen seien teils mit Elektroschocks misshandelt worden, anderen seien die Finger gebrochen worden.
Die Umgebung von Charkiw war monatelang von russischen Truppen besetzt worden. Sie zogen sich erst Anfang September nach einer ukrainischen Gegenoffensive zurück. Seitdem seien in der befreiten Region 920 Leichen von Zivilisten, unter ihnen 25 Kinder, entdeckt worden, teilte Tymoschko weiter mit. Sie seien von russischen Soldaten getötet worden.
Russische Streitkräfte haben nach bisherigen Ermittlungen der ukrainischen Behörden auch in anderen besetzten Gebieten Kriegsverbrechen begangen. Nach dem Abzug russischer Einheiten aus dem Kiewer Vorort Butscha wurden dort die Leichen von mehr als 400 Menschen entdeckt. Die meisten von ihnen waren eines gewaltsamen Todes gestorben. Die Ermittlungen dauern an.
Internationale Reaktionen
Die russischen Angriffe mit sogenannten Kamikaze-Drohnen auf Ziele in der Ukraine werden nach Ansicht eines Experten bewusst nachts und entlang des Flusses Dnipro gesetzt. »Logischerweise ist nachts am Himmel nicht alles erkennbar«, sagte Oberst Wladislaw Selesnjow der ukrainischen Agentur RBK-Ukraina am Montag. Die Flugroute aus südlicher Richtung entlang des Dnipro sei zudem gewählt worden, um die ukrainische Luftabwehr nach Möglichkeit zu umfliegen.
Die russischen Streitkräfte haben zuletzt mehrere Nächte in Folge Wellen von Kamikaze-Drohnen, die senkrecht auf ihre Ziele stürzen, gegen die Städte der Ukraine gestartet. Der Großteil der Drohnen aus iranischer Produktion wurde von der Luftabwehr abgeschossen. Dennoch richteten herabstürzende Trümmerstücke erhebliche Schäden an.
Wirtschaftliche Konsequenzen
Der französische Gemüsekonservenhersteller Bonduelle hat Berichte dementiert, wonach er die russische Armee beliefert. Fotos im russischen Onlinenetzwerk VKontakte, die Soldaten mit Bonduelle-Konserven und einer Grußkarte mit Neujahrs-Wünschen für einen »raschen Sieg« in der Ukraine zeigten, seien eine Fälschung, erklärte das Unternehmen am Montag der Nachrichtenagentur AFP. »Wir verteilen keine Päckchen an Soldaten.«
Die Gruppe bestätigte hingegen ihre Teilnahme an der Aktion »Körbe des Wohlwollens«. Die von der russischen Lebensmittelbank organisierte Aktion zielt darauf ab, Produkte für Bedürftige zu sammeln und »steht nicht in Verbindung mit der Armee«, betonte eine Sprecherin von Bonduelle.
Nach dem Auftauchen der laut Bonduelle gefälschten Fotos im Internet hatte es eine Welle von Boykottaufrufen gegen das französische Unternehmen gegeben. In einem mittlerweile wieder gelöschten Beitrag der Stadt Jarzewo bei VKontakte hatte es geheißen, Bonduelle habe 10.000 Päckchen an russische Soldaten geschickt.
Bonduelle gehört zu den wenigen französischen Unternehmen, die nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ihre Geschäfte in Russland fortgesetzt haben. »Die Bonduelle-Gruppe setzt ihre Aktivitäten in Russland mit dem einzigen Ziel fort, den Zugang der Bevölkerung zu Lebensmitteln in Russland und den Nachbarländern zu gewährleisten«, betonte das Unternehmen.

