News zum Russland-Ukraine-Krieg: Das geschah in der Nacht zu Dienstag (1. November)
Laut der Ukraine holt das Iris-T-Abwehrsystem zuverlässig russische Raketen vom Himmel. Der Streit um Getreidetransporte geht weiter. Und: Untersuchung wegen angeblicher »schmutziger Bombe« läuft. Das geschah in der Nacht.
Das sagt Kiew
Nach einem Tag mit schweren russischen Raketenangriffen hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Erfolge der Flugabwehr unterstrichen. Von etwa 50 russischen Marschflugkörpern und Raketen seien 45 abgeschossen worden, sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft am Montagabend. Sein Land brauche weitere Waffen zur Abwehr der Angriffe aus der Luft, forderte er. Aber schon jetzt müsse Russland für einen Treffer mehr Raketen einsetzen als früher.
»Die Welt sieht, dass die einst zweitstärkste Armee der Welt nicht einmal mehr die 22. ist, was Effektivität angeht«, sagte Selenskyj. »Und wir werden alles tun, dass sie auch aus den Top 100 absteigt.«
Die russische Armee verfolgt mit den Raketenangriffen seit Oktober eine neue Taktik und beschießt vor allem Anlagen der Energieversorgung. Am 10. und 17. Oktober und am Montag wurde erstmals seit langem auch die Hauptstadt Kiew wieder getroffen. Viele Staaten sagten der Ukraine Hilfe zur Verstärkung der Flugabwehr zu. Aus Deutschland traf das erste von vier hochmodernen Systemen vom Typ Iris-T ein, das von den Ukrainern als sehr treffsicher gelobt wird.
»Die heutigen Angriffe auf die Ukraine konnten nur dank der deutschen Raketenabwehr verhindert werden! 16 Raketen wurden durch Iris-T abgefangen!«, schrieb Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko, Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko, auf Twitter.
Das sagt Moskau
Russland beendet nach Worten von Präsident Wladimir Putin das Getreideabkommen nicht. Moskau setze dieses nur aus, sagt der russische Staatschef bei einer Pressekonferenz. Russland hatte das von den Uno und der Türkei vermittelte Abkommen am Samstag gestoppt, das ukrainische Getreideausfuhren über das Schwarze Meer ermöglicht. Begründet wurde dies mit einem Drohnenangriff auf Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte. Die Rede ist von Schwimmdrohnen, die mit Sprengladungen versehen sind (mehr dazu erfahren Sie hier ).
Nach dem mutmaßlichen Angriff erwartet die russische Armee nach eigenen Angaben »Zusagen« von der Ukraine, den für Getreideexporte vorgesehenen Korridor »nicht für militärische Zwecke zu nutzen«. Die Sicherheit »von irgendetwas in diesem Gebiet« könne nicht gewährleistet werden, solange die Ukraine diesbezüglich »keine zusätzlichen Verpflichtungen« eingehe, teilte das russische Verteidigungsministerium auf Telegram mit.
Das Ministerium rief die Uno als Garanten des im Juli unterzeichneten Getreideabkommens dazu auf, mitzuhelfen, »Garantien von der Ukraine zu erhalten, den humanitären Korridor und die für den Export von Agrarprodukten ausgewiesenen ukrainischen Häfen nicht für feindliche Handlungen gegen Russland zu nutzen«.
Humanitäre Lage
Das Uno–Büro für humanitäre Hilfe (Ocha) hat russische Vorwürfe zurückgewiesen, wonach ein mit ukrainischem Getreide beladenes ziviles Frachtschiff in einen Drohnenangriff auf Russland verwickelt gewesen sein könnte. Zum Zeitpunkt des Angriffs hätten sich keine derartigen Schiffe in der »Sicherheitszone« des Getreidekorridors im Schwarzen Meer befunden, teilte Ocha-Chef Martin Griffiths am Montag dem Sicherheitsrat in New York mit.
Der Korridor sei »nur eine Linie auf einer Karte«, er biete »weder Deckung noch Schutz für offensive oder defensive militärische Aktionen«, betonte Griffiths.
Russland erklärte, eine der Drohnen könnte »von einem der zivilen Schiffe aus gestartet worden sein, die von Kiew oder seinen westlichen Auftraggebern für den Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus den ukrainischen Häfen gechartert wurden«.
Internationale Reaktionen
Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj während eines Telefonats am Montag weitere umfassende Hilfe zugesagt. Deutschland werde nicht nachlassen, die Ukraine politisch, finanziell und humanitär sowie in der Verteidigung ihrer Souveränität und territorialen Integrität konkret zu unterstützen, einschließlich bei Waffenlieferungen, sagte der Bundeskanzler laut einer Pressemitteilung von Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Der Bundeskanzler verurteilte demnach auch den anhaltenden gezielten Beschuss ziviler Infrastruktur in der Ukraine durch die russischen Streitkräfte.
Scholz wies der Mitteilung zufolge die von Russland erhobenen Anschuldigungen, dass Ukraine den Einsatz einer »schmutzigen Bombe« vorbereite, als haltlos zurück. Der Bundeskanzler sei sich mit dem ukrainischen Präsidenten einig gewesen, dass die unabhängigen Untersuchungen der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) hieran jeden Zweifel beseitigen würden, hieß es weiter.
Moskau erhebt seit Tagen die Anschuldigung, die Ukraine arbeite an einer sogenannten schmutzigen Bombe. Dabei handelt es sich um einen konventionellen Sprengkörper, der bei seiner Explosion radioaktives, chemisches oder biologisches Material freisetzt. Die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer weisen die Anschuldigung vehement zurück.
Die IAEA hat eigenen Angaben zufolge ihre Untersuchungen in der Ukraine bezüglich der russischen Vorwürfe über »schmutzige Bomben« aufgenommen. Inspektoren hätten die »Prüfungsaktivitäten« an zwei Orten in der Ukraine begonnen und würden diese bald abschließen, hieß es in einer Mitteilung. IAEA-Direktor General Rafael Grossi wollte demnach die Ergebnisse er Untersuchungen noch in dieser Woche verkünden. Die Untersuchungen folgen einer schriftlichen Anfrage aus Kiew.
Moskau erhebt seit Tagen die Anschuldigung, die Ukraine arbeite an einer sogenannten schmutzigen Bombe. Sie soll russischen Angaben zufolge in zwei ukrainischen Einrichtungen hergestellt werden. Die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer weisen die Anschuldigung vehement zurück. Kiew warnt, Russland könnte selbst den Einsatz einer derartigen Waffe planen.
Bei einer schmutzigen Bombe handelt es sich um einen konventionellen Sprengkörper, der bei seiner Explosion radioaktives, chemisches oder biologisches Material freisetzt.
Wirtschaftliche Konsequenzen
Die Deutsche Bahn beklagt, dass sie ihre Kapazitäten für den Export ukrainischen Getreides wegen der EU-Grenzbürokratie nicht voll ausschöpfen kann. »Wir könnten noch mehr fahren, wenn die Grenzabfertigung an der EU-Außengrenze schneller ginge«, sagte ein Unternehmenssprecher dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Speziell müssten an den EU-Außengrenzen die Infrastruktur und die Grenzprozesse ausgebaut und beschleunigt werden, sagte der Bahnsprecher. »Unserer Ansicht nach würde eine zentrale Koordination – strategisch und operativ – größere Frachtmengen auf der Schiene erlauben.« Die Nachfrage nach Transportkapazitäten sei sehr hoch, so der Sprecher weiter: »Wir fahren so viel wir können.«