News: Wladimir Putin, Cyril Ramaphosa, Getreidedeal, Tunesien, Kais Saied, Columbiabad
Wladimir Putin will nicht nach Südafrika – und auch nicht nach Den Haag
Wladimir Putin will nicht verhaftet werden. Das ist die offensichtliche Erklärung dafür, dass der russische Präsident seine Reise nach Südafrika abgesagt hat: Er hätte dort am Gipfel der Brics-Staaten (bestehend aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) teilnehmen sollen. Doch der Internationale Strafgerichtshof hat Putin bekanntlich wegen Kriegsverbrechen angeklagt, Südafrika ist Mitglied des Gerichtshofs – und wäre deshalb vertraglich verpflichtet gewesen, bei der Verhaftung des Kremlschefs zu helfen.
Die Absage der Reise zeigt nun besonders deutlich, wie sehr der russische Präsident durch seinen Angriffskrieg auf die Ukraine international zum Geächteten geworden ist und wie sehr er in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. Zwar sind wichtige Staaten wie Russland selbst, China, Indien und die USA nicht Mitglieder des Gerichtshofs, 123 Staaten sind es aber eben doch: fast ganz Europa, Lateinamerika, weite Teile Afrikas.
Die größte Erleichterung bedeutet Putins Absage sicherlich für Putin selbst. Denn auch wenn fraglich ist, ob er in Südafrika wirklich verhaftet worden wäre: Auszuschließen war es nicht. Die zweitgrößte Erleichterung bedeutet sie für Südafrikas Präsidenten Cyril Ramaphosa, den eine Landung Putins auf seinem Staatsgebiet in eine unmögliche Situation gebracht hätte: Einerseits erkannte seine Regierung offiziell ihre rechtliche Verpflichtung an, Putin zu verhaften. Andererseits warnte Ramaphosa, eine solche Verhaftung wäre eine »Kriegserklärung an Russland«, was wiederum Putins Sprecher Dmitri Peskow zur Klarstellung veranlasste, man habe Südafrika nie mit Krieg gedroht. Nun reist Putin »in beiderseitigem Einvernehmen« also nicht.
Und die ganze Welt kann sehen, dass der russische Präsident ein gesuchter Kriegsverbrecher ist, der nicht auf internationale Gipfel gehört, sondern nach Den Haag.
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Internationaler Haftbefehl: Putin reist nicht zum Brics-Gipfel nach Südafrika 
Russland droht der Welt mit Hunger
Weltweit steigen gerade die Getreidepreise. Der Grund ist Russlands Ausstieg aus dem Getreideabkommen mit der Ukraine und seine jüngste Drohung: Jedes Schiff, das ab heute ukrainische Häfen anläuft, hat es zu »potenziellen Trägern militärischer Fracht« erklärt.
Das heißt, es will Getreidefrachter notfalls angreifen.
In der Nacht davor hatten russische Raketen nach ukrainischen Angaben bereits die Getreidesilos von Odessa ins Visier genommen. Einmal mehr erpresst Wladimir Putin die Welt also mit der Drohung, ihr die Nahrung zu entziehen. Die Ukraine und Russland gehören nach wie vor zu den wichtigsten Getreideexporteuren, bisher sorgte ein gemeinsam mit der Türkei betriebener Getreidekorridor im Schwarzen Meer dafür, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskriegs auf dem Schiffsweg ihr Korn exportieren konnte.
Russland kann dagegen sein Getreide und seinen Dünger weiterhin problemlos in alle Welt exportieren, es will nun aber die Aufhebung von internationalen Sanktionen erpressen – die sich allerdings gar nicht gegen seinen Getreide- und Düngerexport richten. Es ist nicht das erste Mal, dass Russland aus dem Abkommen aussteigt. Im vergangenen Herbst war es nach zwei Tagen und Gesprächen Putins mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan wieder eingestiegen.
Diesmal könnte es komplizierter werden, doch die Schlüsselfigur ist wieder Erdoğan. Er hatte vor dem Nato-Gipfel angekündigt, seine Kriegsmarine werde die Schiffe notfalls schützen – doch erst mal werden nun Verhandlungen kommen. Und da ist es so, dass Putin Erdoğan als Vermittler und die Türkei als Handelspartner braucht – und der Getreidedeal für Erdoğan ein Prestigethema ist. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass es in den nächsten Wochen noch zu einer Einigung kommt. Falls nicht, muss die Weltgemeinschaft aber irgendwann tatsächlich darüber nachdenken, wie man Getreideschiffe aus der Ukraine auch militärisch schützen kann.
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Ende des Abkommens zwischen Moskau und Kiew: Kann Erdoğan den Getreidedeal retten? 
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Wagner macht weiter – Söldnerchef Prigoschin meldet sich aus Belarus: Nach dem Marsch der Wagner-Söldner auf Moskau hat sich deren Chef Prigoschin nun wieder zu Wort gemeldet. Man wolle vorerst in Belarus und auch in Afrika weiter im Einsatz bleiben. Eine Rückkehr in die Ukraine ließ er offen. 
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Britischer Geheimdienstchef ruft Russen zum Überlaufen auf: Helft uns, gebt uns Informationen: Der Chef des britischen Geheimdienstes MI6 appelliert an russische Diplomaten, Militärs, Nachrichtendienstler – und spricht wegen eines Vorfalls beim BND von seinem »schlimmsten Albtraum«. 
Donald Trump erwartet die nächste Anklage
Zwei Anklagen gegen US-Präsident Donald Trump laufen bereits, die dritte könnte in den nächsten Stunden oder Tagen folgen. Es soll sich um die bisher schwerwiegendsten Vorwürfe gegen Trump handeln. Offenbar steht Sonderermittler Jack Smith kurz davor, Trump wegen seiner Bestrebungen anzuklagen, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2020 in sein Gegenteil zu verdrehen. Es wäre das erste Mal, dass ein US-Präsident dafür belangt wird, die demokratischen Prinzipien der USA unterlaufen zu wollen. In der Anklage könnte es auch darum gehen, wie Trump in mehreren Swing States nachträglich die Ergebnisse umstoßen wollte.
Die Vorwürfe wiegen sehr schwer, bisher allerdings haben Trumps rechtliche Probleme ihm im innerparteilichen Wettkampf um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat nur geholfen. Auch jetzt ist die mögliche Anklage wieder seit Tagen das Thema in allen US-Medien, die Berichte entziehen seinen republikanischen Rivalen jede Aufmerksamkeit. Sein bisher wichtigster Konkurrent Ron DeSantis musste zuletzt schon Mitarbeiter seines Wahlkampfteams entlassen, weil die Spendengelder nicht mehr fließen wie am Anfang.
Andererseits sind die Vorwürfe gegen Trump so ungeheuerlich, dass schwer vorstellbar ist, dass sie die Wählerinnen und Wähler gar nicht beeindrucken – und zwar die Wechselwähler in der Mitte, die am Ende entscheidend sind. Und schließlich könnte es bald auch noch in einem vierten Verfahren zu einer Anklage gegen ihn kommen: In Georgia, wo Trump den republikanischen Gouverneur und den obersten Wahlaufseher telefonisch dazu bringen wollte, nach der Auszählung noch die Stimmen für ihn aufzutreiben, die ihm zu einem Sieg fehlten.
Und dann ist da immer noch die offene Frage, wann die Gerichtsverhandlungen gegen Trump stattfinden. Erst nach der Wahl? Oder sogar mitten im Wahlkampf?
Europas schmutziger Deal mit Tunesien
Wie verzweifelt Europa in Sachen irregulärer Migration ist, lässt sich daran ablesen, dass die EU diese Woche ein Abkommen mit einem hochproblematischen Autokraten geschlossen hat: Kais Saied, Präsident von Tunesien. Der Mann hat mit Fantasien über einen angeblich geplanten Bevölkerungsaustausch in seinem Land gewaltsame Angriffe auf Migranten provoziert, seine Regierung lässt Migranten mit roher Gewalt über die eigene Landesgrenze in die Wüste Libyens schaffen. Er hat nebenbei die Demokratie in seinem Land abgeschafft, das zudem wirtschaftlich derart nahe am Kollaps ist, dass seine eigene Jugend in die EU fliehen will.
Dass die EU einen solchen Mann zum Partner erhebt und ihn mit einer Milliarde Euro ausstatten will, erzählt vor allem eins: Der politische Druck in den Mitgliedsländern, gegen Migration vorzugehen, ist derart groß, dass nun wirklich jedes Mittel recht ist. Die Flüchtlingszahlen über die zentrale Mittelmeerroute waren zuletzt massiv angestiegen. Europa hat mit dem Asylkompromiss erst die Bedingungen für Asylanträge verschärft und will künftig Zuwanderer in haftähnlichen Bedingungen an der EU-Grenze festhalten. Nun folgt der zweite Teil: Die Herkunfts- und Transitländer sollen die Migranten gegen Geld aufhalten. Koste es, was es wolle.
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Neue Zeugenaussagen: Menschenrechtsorganisation wirft Tunesien »schwere Misshandlungen« von Migranten vor 
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Das perfekte Spiel: Eine Fußballweltmeisterschaft ohne dubiose Sponsoren und Autokraten – dafür mit Spielerinnen, die Haltung und Freude haben? Ja, so eine WM gibt es! 
Fürchten sich Deutsche wirklich vor Freibädern?
Eine Umfrage der ZEIT hat ergeben: 58 Prozent der befragten Deutschen hat derzeit Angst, ein Freibad zu besuchen – und zwar »aufgrund der aktuellen Meldungen über Schlägereien in Freibädern«. Das ist nun wirklich interessant, weil sich die Frage stellt, ob deutsche Freibäder real ein Gefahrengebiet darstellen, in das sich eine Mehrzahl der Menschen deshalb nicht mehr traut, weil sie in ihrem eigenen Freibad schlechte Erfahrungen gemacht haben. Oder ob nicht die flächendeckende mediale Berichterstattung über Gewalt in einem Berliner Freibad dazu geführt hat, dass sich nun deutschlandweit Menschen nicht mehr in ihr Freibad trauen, die dort eigentlich gern wären.
Also kurz gesagt: Was sind reale und neue Probleme, die es in Deutschlands Freibädern vor zehn oder 20 Jahren noch nicht gab? Und was ist überhitzter Kulturkampf, der zu Großbuchstaben in Zeitungen wird und dann zu einem dumpfen Angstgefühl gerinnt? Mich interessieren Ihre Erfahrungen: Erleben Sie Ihr eigenes Freibad als Konfliktzone oder herrschen da vor allem Sommer, Sonne und Eis? Hat sich real etwas verändert in den vergangenen Jahren, war das Freibad schon immer ein Ort, an dem es zu Spannungen und Übergriffen kam? Oder ist es nach wie vor ein Ort von Kindheitserinnerungen und Unbeschwertheit?
Schreiben Sie mir gern: mvr@spiegel.de
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Freibadkrawalle: Der Sozialstaat wird am Sprungturm verteidigt 
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Was ist im Schengener Abkommen geregelt?
Verlierer des Tages …
…ist Travis King, der 23-jährige US-Soldat, der auf einer geführten Tour an der demilitarisierten Zone zwischen Süd- und Nordkorea plötzlich, laut einer Zeugin offenbar laut lachend, auf die nordkoreanische Seite rannte – und von dem es bisher kein Lebenszeichen mehr gibt. Der Soldat hatte in Südkorea wegen Körperverletzung im Gefängnis gesessen und sollte in die USA gebracht werden, wo ihn wohl eine weitere Strafe erwartet hätte. Was den US-Soldaten zu seiner Tat motivierte, darüber wird nun gerätselt.
Ob ihn nun in Nordkorea ein besseres Schicksal erwartet als zu Hause in den USA, ist fraglich: Amerikanische Staatsbürger wurden dort in der Vergangenheit als Geiseln festgehalten und gefoltert. Das Verhältnis von Diktator Kim Jong Un zu den USA hat sich nach einer Phase vorsichtiger Annäherung und Gesprächen zuletzt wieder massiv verschlechtert – das nordkoreanische Regime testet fast ununterbrochen neue ballistische Raketen, mit denen Atomwaffen ins Ziel gebracht werden könnten.
Es ist eine Zeitbombe, mit der sich US-Präsident Joe Biden zuletzt, vermutlich auch aus Kapazitätsgründen, eher wenig beschäftigt hat. Das könnte sich, mit einem US-Soldaten in nordkoreanischer Gewalt, nun ändern.
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US-Soldat in nordkoreanischer Gefangenschaft: Sprint ins Reich der Dunkelheit 
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
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Demonstranten stürmen schwedische Botschaft in Bagdad – Gebäude in Flammen: Die Lage an der schwedischen Vertretung im Irak eskaliert: In der Nacht überrannte eine wütende Menge die Blockaden vor dem Gebäude. Im Innenraum tobt ein Brand. 
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Drei Tote bei Schießerei in Neuseeland: Schock kurz vor dem WM-Eröffnungsspiel: In Auckland verschanzt sich ein Bewaffneter auf einer Baustelle und erschießt zwei Menschen, bevor er selbst zu Tode kommt. Besteht Gefahr für die WM? Die Polizei sagt: ein isolierter Vorfall. 
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Weißes Haus verurteilt Texas' Schwimmmauer als »grausam«: Klare Worte der Biden-Regierung an Texas: DC nennt das schwimmende Bollwerk gegen Migranten im Rio Grande »unmenschlich« und »ohne Anstand«. Zugleich überrasche die Aktion von Gouverneur Abbott niemanden. 
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Ich bin dann mal positiv: Die Pandemie ist vorbei, nur wenige Krankheitsfälle werden gemeldet. Was vor allem daran liegt, dass kaum mehr offiziell getestet und gezählt wird. Wer nun an Covid erkrankt, darf sich trösten: Das ist jetzt normal . 
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Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Mathieu von Rohr, Leiter des SPIEGEL-Auslandsressorts

