News des Tages: Wolodymyr Selenskyj im SPIEGEL-Gespräch, Lehrermangel, Fraunhofer-Gesellschaft
1. Wie Selenskyj Bundeskanzler Scholz beurteilt
Als Wolodymyr Selenskyj seine erste Auslandsreise seit Beginn des Krieges unternahm, trat er sie unter ziemlich konspirativen Umständen an. Sie führte ihn nach Washington zu US-Präsident Joe Biden. Da der Luftraum über der Ukraine gesperrt ist und er im Flugzeug wohl Ziel russischer Raketen wäre, stieg der ukrainische Präsident in einen Zug von Kiew nach Polen und flog wohl von dort aus in die USA.
Ähnlich heimlich begann auch seine zweite Auslandsreise: Unmittelbar nach einem SPIEGEL-Gespräch machte sich Selenskyj auf den Weg nach Westeuropa, erst nach London, dann nach Paris und schließlich heute nach Brüssel, wo er vor dem EU-Parlament eine Rede hielt. Er mahnte mehr Tempo bei der Militärhilfe für sein Land im Krieg gegen Russland an und drang bei dem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten auf weitere Sanktionen gegen Moskau. Anders als in London und Paris verzichtete er auf allzu offensive Forderungen nach der Lieferung von Kampfflugzeugen – zumindest im öffentlich übertragenen Teil seiner Rede. Wohl, weil er ahnte, dass der anwesende Bundeskanzler Scholz das zunächst ausgeschlossen hat. Offenbar wollte er sich nicht öffentlich von Scholz eine erneute Abfuhr abholen. Verklausuliert sagte Selenskyj dann doch: »Wir müssen die Dynamik unserer Zusammenarbeit erhöhen.«
Viel interessanter als die Rede in Brüssel ist jedoch das Interview, das Selenskyj meinen Kollegen Christian Esch, Steffen Klusmann und Thore Schröder gegeben hat. Denn dort verklausuliert er wenig und lässt tiefe Einblicke in sein Seelenleben zu. Das Minsker Abkommen sieht er als Zug, auf den er zwar aufgesprungen sei, der aber geradewegs in den Abgrund führte. Die Warnungen der US-Geheimdienste vor einem möglichen russischen Angriff geißelt er rückblickend als zu unkonkret. Es habe auch keine Bereitschaft des Westens gegeben, schon damals etwas zu unternehmen. »Wenn alle davon wussten, dass Putin in unser Land einmarschieren würde, warum haben sie dann keine Sanktionen verhängt? Es ist doch absolut lächerlich, wenn ihr alle öffentlich für uns eintretet und trotzdem gern die Sanktionen umgeht oder Waffen zurückhaltet«, sagte Selenskyj.
Nun, da die Russen tatsächlich angegriffen haben, sei der Westen zwar bereit gewesen, Sanktionen zu verhängen und zu helfen, aber nur mit angezogener Handbremse. »Den Leuten tun wir Ukrainer zwar leid. Aber das Schlimmste wäre, wenn der Krieg zu ihnen selbst käme«, so Selenskyj. »Also wollen sie den Krieg aufhalten – und das geht am besten auf Kosten anderer.« Und er meint damit sein Volk.
Die Beziehung zu Deutschland und zu Scholz sei wegen der Debatte über die Lieferung von Kampfpanzern in einer »schwierigen Phase«. Man erlebt einen Präsidenten, der Klartext redet und auch seine Resignation und seine Zweifel durchschimmern lässt. »Ich sage nicht, dass es ideal lief.« Eine ehrliche Antwort auf die Frage, ob er zufrieden sei, werde er geben, wenn der Krieg vorbei ist.
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Lesen Sie hier das ganze Gespräch: Ukrainischer Präsident im SPIEGEL-Gespräch – »Putin ist ein Drache, der fressen muss«
Und hier weitere Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine:
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Nato-Jets mussten wegen russischer Flugzeuge 570-mal aufsteigen: Die Nato-Staaten mussten 2022 deutlich öfter Kampfjets zu sogenannten Alarmstarts aktivieren. Die Einsätze hängen aber nicht nur mit einer erhöhten russischen Militärpräsenz zusammen.
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US-Journalist sieht USA hinter Nord-Stream-Sabotage: Der umstrittene US-Journalist Seymour Hersh schreibt in einem schwach belegten Blogbeitrag, die USA hätten die Nord-Stream-Pipelines gesprengt. Die russische Propaganda nutzt die Behauptung bereits für ihre Zwecke.
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Selenskyj sieht Fortschritte bei Gesprächen über Waffenlieferungen: Der ukrainische Präsident erklärt, auf seiner EU-Reise weiterer militärischer Unterstützung nähergekommen zu sein. Offensive Forderungen nach Kampfjets vermeidet er – macht aber Andeutungen.
2. Wie der Unterrichtsausfall an den Schulen behoben werden könnte
Es ist natürlich leicht, sich über Lehrer aufzuregen: Jede Menge Ferien, nicht mal eine 30-Stunden-Woche an der Schule, Unterrichtsmaterialien von anno dazumal, Verweigerung gegenüber der Digitalisierung. Ich habe eine ganze Menge Menschen in meinem Freundeskreis, die sofort widersprechen würden. Und das zu Recht, denn ich weiß, dass sie sehr engagierte und zuverlässige Lehrerinnen und Lehrer sind. Dennoch kommt es nicht nur in unserem Haushalt mindestens einmal pro Woche vor, dass eine der beiden Töchter frühzeitig nach Hause kommt und das inzwischen geflügelte Wort aufsagt: Ausfall.
Als Begründung wird nicht selten das Schlagwort »Lehrermangel« angeführt. Das Problem geht inzwischen so weit, dass mancherorts pensionierte Lehrer gebeten werden, in den Dienst zurückzukehren. In Sachsen sollen geflohene Lehrer aus der Ukraine unterrichten und das Versagen der Politik kompensieren. Mein Kollege Armin Himmelrath hat nun allerdings ein Interview mit Roland Merten geführt, seit 2004 Professor für Sozialpädagogik und außerschulische Bildung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, das eine ganz andere Perspektive möglich macht. Merten zufolge gibt es gar keinen Lehrermangel, sondern »nur« einen Mangel an erteilten Unterrichtsstunden. Woran das liegt?
Der Wissenschaftler macht folgende Rechnung auf: In Thüringen, wo sich Merten besonders gut auskennt, ist der Rückgang der Schülerzahlen seit Anfang der Neunzigerjahre größer ausgefallen als der Rückgang des Lehrpersonals. Und an Gymnasien und Förderschulen hat es einen Personalzuwachs gegeben, sodass sich das Lehrer-Schüler-Verhältnis statistisch sogar verbessert hat. Das Problem liege daher woanders: bei den Privilegien. Lehrkräfte hätten normalerweise ein bestimmtes Stundendeputat, an Grundschulen in Thüringen zum Beispiel 27 Stunden pro Woche, an Gesamtschulen und Gymnasien 25,5 Stunden. Aber diese Unterrichtsverpflichtung kann reduziert werden, wenn man besondere Aufgaben in der Schule übernimmt. »Abminderung« oder »Anrechnung« heißt das in der Schulverwaltung. Und was berechtigt zu »Abminderung« von Schulstunden? »Klassenleitungen, das Betreuen von Referendarinnen und Referendaren, das Erstellen von Unterrichtsplänen, die Verwaltung der Schulbücher und manchmal sogar das Nachschreiben von Klassenarbeiten«, so Merten – also originäre Aufgaben des Lehrpersonals. In Thüringen war den Lehrkräften im Schuljahr 2021/22 ein Anteil von 20,5 Prozent der verfügbaren Deputatsstunden wegen Abminderungen erlassen. Jede fünfte Personalstelle würde also gar nicht für Unterricht genutzt.
Merten fordert daher nicht, dass Lehrpersonal mit zusätzlichen Stellen aufgestockt wird, sondern, dass man bestimmten Lehrerinnen und Lehrern ihre Sonderrechte streicht. Es gebe neben den Engagierten eben auch die anderen, »die sich in einem nicht mehr zu verantwortenden Umfang und mit teilweise windigen Begründungen ihrer dienstlichen Kernaufgabe, des Unterrichtens, entledigt haben«, so Merten. »Da müssen dann manchmal unbequeme politische Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden, auch wenn das massive politische Konflikte bedeutet. Anders bekommen wir das kriselnde Schulsystem nicht wieder in den Griff.«
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Lesen Sie hier mehr: Bildungsforscher über Misere in den Schulen – »Wir müssen Privilegien der Lehrkräfte einkassieren«
3. Wie Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaft auf Kosten der Steuerzahler prassten
Fraunhofer-Gesellschaft – das klingt nach wissenschaftlicher Expertise, nach Seriosität, nach Redlichkeit. Mit mehr als 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist es die größte Organisation für angewandte Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen in Europa. Die 1949 gegründete Institution betreibt in Deutschland derzeit 76 Institute und Forschungseinrichtungen. Das Forschungsvolumen beträgt jährlich 2,9 Milliarden Euro. Finanziert wird die Gesellschaft auch mit Steuergeld. Allein für dieses Jahr geben Bund und Länder der Forschungsorganisation 850 Millionen Euro.
Doch offenbar versteht man sich an der Spitze des Hauses nicht zwingend als Diener an der Forschung, sondern mitunter auch als Selbstbediener. Der Bundesrechnungshof, jene Kontrollinstanz, die prüft, ob Behörden und staatlich finanzierte Einrichtungen korrekt mit den ihnen anvertrauten Geldern umgehen, hat bei der Fraunhofer-Gesellschaft nun schon zum wiederholten Mal schwerwiegende Verstöße festgestellt.
Der aktuelle Prüfbericht ist noch nicht öffentlich, meine Kollegin Kristin Haug konnte ihn dennoch einsehen und auswerten. Was sie gelesen hat, erstaunt doch sehr. Hotelpreise, die fast um das Sechsfache höher lagen als vorgesehen. Gutscheine für Tennisgeschäfte, die scheinbar anlasslos verteilt wurden, Dienstwagenfahrten, um »Schafsfutter zu besorgen«.
Schon vor 15 Jahren hatte das Prüfungsamt des Bundes in Frankfurt am Main, damals eine untergeordnete Stelle des Bundesrechnungshofs, das BMBF auf ein »nicht ordnungsgemäßes Reiseverhalten von Vorstandsmitgliedern« der Fraunhofer-Gesellschaft hingewiesen. Geändert hat sich offenbar wenig, von einer »Kultur des Wegschauens« ist die Rede. Im Vorstandsbereich habe es »zahlreiche Verstöße gegen interne und externe Regeln« gegeben, schreibt der Bundesrechnungshof. Es habe sich »ein unangemessener Umgang mit Steuermitteln durch überhöhte Reise-, Dienstfahrzeug- und Repräsentationskosten« gezeigt.
Der Fraunhofer-Gesellschaft steht seit mehr als zehn Jahren Reimund Neugebauer als Präsident vor. Vergangenen Oktober kündigte er an, sein Amt niederzulegen – ein Jahr eher als geplant. An seiner Amtsführung gibt es seit einiger Zeit Kritik. Es soll schon länger private und dienstliche Angelegenheiten vermischt und nach Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern ein toxisches Arbeitsklima herbeigeführt haben. Die Linkenpolitikerin Gesine Lötzsch, die auch Mitglied im Haushaltsausschuss ist, sagte dem SPIEGEL: »Mich erinnert der Vorgang an den RBB-Skandal. Offensichtlich haben alle Kontrollinstitutionen über Jahre versagt.«
Nun mag es tatsächlich etwas knauserig anmuten, wenn man einfachen Fraunhofer-Angestellten Hotelkosten von gerade mal 70 Euro pro Nacht zugesteht. Umso schamloser ist es, wenn sich die Spitze des Hauses dann Zimmer gönnt, die 660 Euro kosten – es ist ja nicht ihr Geld, sondern Ihr Geld.
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Lesen Sie hier mehr: Bundesrechnungshof kritisiert Fraunhofer-Gesellschaft – Luxuriöse Essen, teure Hotels, edle Geschenke
Was heute sonst noch wichtig ist
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Forscher warnen vor weiteren Beben: Am frühen Montagmorgen haben sich im Untergrund heftige Spannungen entladen. Anlass zur Entwarnung ist das für Fachleute jedoch nicht. Sie befürchten weitere schwere Erdstöße.
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Gleichgeschlechtliche Paare können sich in England bald segnen lassen: Es ist ein Kompromiss nach zähen Verhandlungen: In England haben sich Kirchenobere dafür ausgesprochen, dass gleichgeschlechtliche Paare zur Segnung antreten dürfen – eine kirchliche Heirat bleibt weiterhin verboten.
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»Sushi-Terror« bringt japanische Restaurantbetreiber in Erklärungsnöte: Restaurants, in denen Sushi auf Bändern serviert wird, gehören in Japan zur kulinarischen Kultur. Jetzt tauchten Videos auf, die eklige Tabubrüche zeigen. Die Aufregung ist groß.
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Orca-Mütter opfern sich ein Leben lang für ihre Söhne auf: Bei Familie Orca geht es zu wie im Hotel Mama. Erwachsene Söhne erhalten bei der Futtersuche großzügige Unterstützung von ihrem weiblichen Elternteil. Das wird nun zur Gefahr für eine ganze Population.
Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen
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Chefwechsel beim Aspirin-Konzern – Droht Bayer die Zerschlagung? Der Pharmariese Bayer steckt seit der milliardenschweren Monsanto-Übernahme im Tief. Aktionäre rebellieren, richten soll es ein neuer Chef aus Amerika. Der einst wertvollste Konzern des Landes steht vor der Generalüberholung.
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»Das geht mir unter die Haut – aber es ist trotzdem erforderlich«: 23 Magazine werden eingestampft, Hunderte Mitarbeiter entlassen: Vor wenigen Tagen hat Bertelsmann-Chef Thomas Rabe den Kahlschlag bei G+J verkündet. Hier spricht er über geplatzte Träume, strategische Fehler und seine eigene Zukunft .
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Manche Kinder können in der ersten Klasse keinen Stift halten: Die Coronapandemie hat bis heute schwere Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Eine Expertengruppe empfiehlt nun fünf konkrete Maßnahmen, um die Betroffenen zu unterstützen .
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»Ich möchte nicht wissen, ob ich bumsbar bin«: Lüsterne Kommentare, manipulierte Fotos, Deepfake-Pornofilme: Weibliche Webstars werden in Internetforen häufig zu Sexobjekten degradiert. Die Gaming-Videomacherin Gnu ruft dazu auf, sich zu wehren .
Was heute weniger wichtig ist
Ein neues Windows öffnet sich: Der Mann der Programme und Daten datet wieder: Bill Gates, Gründer des Softwarekonzerns Microsoft soll eine neue Partnerin haben. Nach der Trennung von seiner langjährigen Ehefrau Melinda Gates wurde der Unternehmer mehrfach mit Paula Hurd gesehen, Witwe des 2019 verstorbenen früheren Oracle- und Hewlett-Packard-Chefs Mark Hurd. Zuletzt haben sich die beiden Ende Januar gemeinsam auf der Tribüne des Finales der Australian Open in Melbourne gezeigt. Gates hatte in einem TV-Interview im vergangenen Jahr die Verantwortung für die Scheidung übernommen. Auf Untreuevorwürfe angesprochen antworte er, er habe seiner Familie »eine Menge Schmerzen bereitet«.
Mini-Hohlspiegel
Von msn.com:
»Der britische Sprecher sagte, dass beide Kampfflugzeuge ›extrem anspruchsvoll‹ seien und daher ›Monate brauchen um das Fliegen zu lernen.‹«
Hier finden Sie den ganzen Hohlspiegel.
Cartoon des Tages
Meine Lieblingsgeschichte
Wer an Weimar denkt, dem kommen dann Dinge wie Goethe und Schiller in den Sinn, Bauhaus oder Bach. Seit Neuestem hat Weimar aber noch einen anderen Klang, einen hässlichen, demokratiefeindlichen und antisemitischen.
Weimar nennt sich nämlich auch eine Band, die Recherchen meiner Kollegin Ann-Katrin Müller und meiner Kollegen Maik Baumgärnter sowie Andreas Borcholte zufolge tief aus dem Neonazimilieu Thüringens entstammt. Das sieht man nur nicht auf den ersten Blick, denn die Köpfe der Band sind feige hinter Masken versteckt. Zu groß womöglich der Schiss, außerhalb der Naziszene doch anzuecken und den kommerziellen Erfolg zu gefährden. Denn diese Band ist nicht irgendeine Subkultur in rechten Kreisen, sondern absoluter Mainstream. In den Charts hat sie es bis auf Platz fünf mit ihrem Album geschafft.
Wie kommt man in eine solche Spitzenposition? Nur mithilfe eines Konzerns im Hintergrund, der die Fäden zieht, die Vermarktung macht, den Vertrieb organisiert. In den Texten heißt es zum Beispiel »Holt euch die Straße zurück, Stein für Stein«. Es ist von »gekaufte Marionetten« die Rede, von Ratten, mit denen Nazis gern Juden verglichen. In anderen Liedern heißt es, Deutschland werde »mit voller Wucht an die Wand« gefahren, seine Bürger seit Jahren »umfangreich indoktriniert«. Es gibt sogar einen Aufruf zur Gewalt: »Wir gehen zusammen und zur Not auch über Leichen«.
Als Universal mit den Recherchen meiner Kollegen konfrontiert wurde, zeigte man sich total überrascht. Die nun zur Kenntnis gelangte Situation sei »absolut inakzeptabel« und widerspreche den Werten des Unternehmens. Man habe die Beziehung zur Band deshalb sofort beendet und den Vertrieb ihres Albums eingestellt. »Mit dem heutigen Wissensstand hätten wir das Album selbstverständlich niemals veröffentlicht«, sagte eine Sprecherin.
Das ist schon einigermaßen irritierend. Entweder hört sich der Konzern die Platten gar nicht an, die er vertreibt. Oder er kennt die Inhalte, nimmt aber die Einnahmen gern mit, um die Bilanz aufzuhübschen. Man weiß gar nicht, was schlimmer ist.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Band Weimar – Wie Universal demokratiefeindliche Rocker groß machte
Und heute Abend?
Um 15.59 Uhr bekam ich von meiner Kollegin Patricia Dreyer, Chefin vom Dienst am Newsdesk, vier Chatnachrichten:
Janko!!!!
Burt!
Bacharach!!!
tot!
Daraufhin schrieb ich nur: The Look of Love.
Sie schrieb zwei weitere Nachrichten, einmal einen YouTube-Link zu Aretha Franklins »I Say A Little Prayer« (natürlich geschrieben von Burt Bacharach) und:
Bequatsche Jens, dass wir ne Eil machen.
Darauf ich: Was gibt es da zu bequatschen? Das ist PFLICHT!
Um 16:01 Uhr war die Eilmeldung auf der Seite, dass mit Burt Bacharach einer der größten Songwriter der Popgeschichte gestorben ist. Er komponierte Melodien wie »Walk on By«, »Raindrops Keep Fallin on My Head« oder »Close to You«. Der Komponist lebte in Los Angeles und wurde 94 Jahre alt. Für die einen war Bacharach ein schlimmer Tonsetzer, aus dessen Feder Noten für üble Schnulzen flossen. Für die anderen (und mich) war er ein Genie, der wie kaum jemand anderes das Handwerk beherrschte, Musik so eingängig zu schreiben, dass sie zeitlos und so geschmackvoll bleibt, damit sie auch noch Jahrzehnte später die Hörerinnen und Hörer berührt. Im Übrigen wird ein Song erst zu dem, was sein Interpret oder seine Interpretin daraus macht. So wie zum Beispiel die von mir hochverehrte Jazzsängerin Diana Krall, als sie 2012 bei einem Tribute-Konzert »The Look Of Love« interpretierte .