News: Boris Becker, Interview, Peter Feldmann, Salt Bae, Emmanuel Macron, WM, E-Roller
Welcome Becker!
Der erste Wimbledon-Sieg von Boris Becker gehört zu den Kindheitserinnerungen, die sich mir eingebrannt haben. Wie begeistert damals alle waren! Meine Eltern, unsere Nachbarn, egal, ob Tennisfans oder nicht. Becker versetzte damals ein ganzes Land in kindliche Freude.
Gestern Abend hat es mir weh getan, den heute 55-Jährigen im großen TV-Interview bei Sat.1 zu sehen, dem ersten nach seinen 231 Tagen im britischen Knast. Zu hören, wie Mithäftlinge ihm drohten, sogar mit dem Tod.
»Im Gefängnis bist du niemand. Du bist nur eine Nummer. Meine war A2923EV«, sagte Becker. »Ich wurde nicht Boris genannt. Ich war eine Nummer. Und es interessiert sie einen Scheißdreck, wer du bist.« Ich wollte den stolzen Boris nie weinen sehen.
Die Kälte, mit der ein Gefängnissystem und Mithäftlinge mit Boris Becker umgingen, ist das eine. Die Kälte, mit der gerade in Deutschland mit gefallenen Helden umgegangen wird, das andere. Sie zeugt von Empathielosigkeit – Täuschung hin, Insolvenzverschleppung her.
Wer sich seinem Vergehen gestellt hat und dafür bestraft wurde, hat für mich alles getan, um wieder mit wohlwollendem Blick betrachtet zu werden. Der Fokus kann dann wieder darauf liegen, was jemand wie Becker geleistet hat.
Wie Steffi Graf hat Boris Becker Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger begeistert, in seinen Bann gezogen, sie von Alltagssorgen abgelenkt, oft allerbeste Unterhaltung geboten. In Deutschland wurden in den vergangenen Jahrzehnten nur wenige geboren, die wirkliche Weltstars wurden. Boris gehörte dazu. Und ein liebender Vater war er all die Jahrzehnte allem Anschein nach auch. Nicht nur zur Weihnachtszeit würde ich mir einen wohlwollenderen Blick gerade auf die gefallenen deutschen Helden wünschen. Das gilt auch, aber nicht nur für Boris Becker.
Ich hoffe, dass er rasch wieder aufsteht. Wie damals, nach seinen Hechtsprüngen. Aber seit ich Boris gestern in diesem offenen und emotionalen Interview gesehen habe, so menschlich, so reflektiert, bin ich da guter Dinge.
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Becker über seine Zeit in Haft: »Der wollte mich umbringen«
Salt Bae Feldmann
Im Prozess gegen den Frankfurter Ex-Oberbürgermeister Peter Feldmann könnte heute ein Urteil fallen. Der SPD-Politiker steht unter Korruptionsverdacht. Die Staatsanwaltschaft wirft Feldmann vor, er habe sich von der örtlichen Arbeiterwohlfahrt vor deren Karren spannen lassen.
Ganz gleich, wie die Sache mit der Awo ausgeht: Für mich wird Peter Feldmann immer als der Mann in Erinnerung bleiben, der sich einen Pokal unter den Nagel riss, den er selbst nicht erkämpft hatte. Vergangenen Sommer kam die Frankfurter Eintracht als Sieger vom Finale der Euroleague nach Hause. Es gibt absurd-komische Bilder davon, wie Feldmann Trainer und Kapitän der Eintracht den Pokal ganz selbstverständlich entwendete, als wolle er sagen: »Besten Dank, der bleibt jetzt hier.«
An diese Szene musste ich wieder denken, als ich die Bilder vom WM-Finale in Katar sah. Der türkische Koch Nusret Gökçe, auch als Salt Bae bekannt, scharwenzelte nach dem Spiel so selbstverständlich über den Rasen, als sei er der argentinische Nationalcoach – oder Peter Feldmann. Er ließ sich mit argentinischen Spielern fotografieren, bedrängte auch Lionel Messi wie ein Stalker und wurde zumindest einmal von diesem stehen gelassen.
Dem schwerst affektierten Koch gelang es dann aber, einigen Argentiniern den Pokal abzuluchsen. Mit diesem posierte er, als habe er selbst einen Beitrag zu dessen Gewinn geleistet.