Neuer Verhaltenskodex: In Portofino wird jetzt gutes Benehmen erwartet
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In Portofino sollte man besser ein gut gefülltes Portemonnaie dabei haben.
Der exklusive italienische Badeort Portofino will seinen Ruf als Luxusort verteidigen. Seit kurzem sind strenge Vorschriften in Kraft, die dafür sorgen sollen, dass der Alltag nicht von der Postkarte zu unterscheiden ist. Wer dagegen verstößt, riskiert bis zu 500 Euro Geldstrafe.
Planen Sie einen Abstecher nach Portofino? Das weltberühmte Kleinod an der ligurischen Küste liegt so malerisch, dass es schon kitschig ist: die bunte Häuserfront, das kristallblaue Meer, die lebhafte Piazzetta mit den Restaurants und Lokalen, während in den Gassen die Geschäfte zu einer ausgesprochen exklusiven Shoppingerfahrung einladen.
Portofino zählte einst zu den Sommerzielen der Schönen, oder zumindest der Steinreichen und Mächtigen. Wie Winston Churchill, Maria Callas, Ava Gardner, Frank Sinatra, Brigitte Bardot, Humphrey Bogart, Truman Capote, später dann Madonna, Sting, Bob Geldof, um nur einige zu nennen.

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Das frühere Fischerdorf ist heute mit seinen 352 Einwohnern die Gemeinde mit dem höchsten Durchschnittseinkommen in Italien. Der Grund für diese Spitzenreiter-Position ist Pier Silvio Berlusconi, Chef der Mediaset-Gruppe und Sohn des vor zwei Jahren verstorbenen Silvio Berlusconi. Er hat hier seinen Wohnsitz.
Ziel des neuen Verhaltenskodex ist es, die "Ruhe und Erholung von Einwohnern und Touristen" in dem exklusiven Küstenort zu schützen. Wer sich nicht daran hält, den könnte es teuer zu stehen kommen. Und zwar bis zu 500 Euro. Die Regeln gelten erstmal bis zum 30. September.
"Anderswo muss man sich auch anziehen"
Vor allem im historischen Ortskern soll die Verordnung für mehr Wohlbefinden sorgen. Barfuß gehen, im Badeanzug und im Fall der Männer mit freiem Oberkörper auf der Piazzetta oder in den Gassen herumspazieren, ist nicht erlaubt. Eine Maßnahme, die schon einmal 2023 getroffen worden war. "Und damit bin ich eigentlich auch einverstanden", sagt eine Besucherin ntv.de. Ihre Tochter hat unlängst in der Ortschaft San Fruttuoso, nicht weit von Portofino, und fast genauso exklusiv, geheiratet. "Man kann doch nicht im Badeanzug ins Café gehen, Außerdem gilt diese Regel nicht nur in Portofino. Anderswo muss man sich auch anziehen, wenn man in den Ort geht. Und das gilt in den meisten italienischen Urlaubsorten am Meer."

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Verboten ist es auch, sich auf Treppen oder niedrigen Mauern hinzusetzen, um kurz zu verschnaufen und dabei vielleicht auch ein Stück Focaccia zu genießen. Focaccia ist das typische ligurische Fladenbrot. Essen und Trinken, vor allem Alkohol, darf man nur noch in den Lokalen. "Persönlich finde ich es schon krass, dass es jetzt verboten ist, ein Stück Focaccia im Freien zu essen", sagt ein Mailänder, der hier ein Urlaubsappartement hat. "Vor allem, weil hier ein gemischter Salat mit etwas Mozzarella und Lachs fast mehr kostet als ein ganzes Abendessen anderswo."
Wer die Verbote nicht kennt, findet ein Schild dazu zum Beispiel vor dem Eissalon Gepi. Die Betreiber der Restaurants und Cafés, zu denen auch das Caffè Excelsior von Dolce & Gabbana zählt, freuen sich natürlich über diese Restriktionen.
Verboten ist es auch, die Aussicht auf das glitzernde Meer wegen eines Selfies zu verstellen. Die Verordnung zielt vor allem auf die Besuchergruppen, die die Boote im 20-Minuten-Takt in den kleinen Hafen bringen, um sie ein paar Stunden später wieder abzuholen. Aufgeregte Touristenführer drängen ihre Schar deswegen immer wieder, sich schneller weiterzubewegen. Bei den Besucherinnen und Besuchern handelt es sich entweder um Gäste der Kreuzfahrtschiffe, die weiter draußen vor Anker liegen oder um Tagesausflügler.

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"Das mit dem Selfie-Verbot ist totaler Unsinn", meint ein Anwohner. "Es heißt, der Ausblick auf's Meer soll frei bleiben. Das war vor einigen Jahrzehnten noch so, jetzt sieht man vor lauter mehr oder weniger großen Jachten in der Bucht fast nichts mehr."
"Auch Portofino kämpft mit dem Problem des Overtourismus", sagt eine Frau. Und das, obwohl es gar nicht so leicht ist, über den Landweg in den Ort zu gelangen. Wenn man es mit dem Auto überhaupt bis nach Portofino schafft, dann kostet eine Stunde Parken 8 Euro, ein ganzer Tag bis zu 80 Euro.
Reiche benehmen sich manchmal weitaus mehr daneben
Die Vorschrift, die am meisten für Aufregung gesorgt hat, ist das Verbot zu betteln. Man muss sich in Portofino schon sehr bemühen, um jemanden zu finden, der hier je einen Bettler gesichtet hat. Laut der Tageszeitung La Stampa kursiert aber seit einiger Zeit das Gerücht, dass aus der angrenzenden Ortschaft Santa Margherita Bettler nach Portofino kommen könnten.

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In den sozialen Medien gab es zwar auch Applaus für diese Verordnung, zahlreicher waren aber die hämischen Kommentare. In einem Post stand: "Es ist leichter, zehn Euro von einem Armen zu bekommen, als einen Euro von einem Milliardär." In einem anderen hieß es: "Nach Portofino dürfen nur jene hinein, die mindestens zwei Millionen Euro Steuern hinterziehen." Die Bäckerin von Portofino dürfte zu den wenigen Geschäftsleuten zählen, die mit den Maßnahmen nicht einverstanden sind. "Jeder muss nach Portofino dürfen", sagte sie in einem Interview. "Egal, ob er hier dann eine Focaccia isst oder sich im Restaurant Hummer bestellt." Mag natürlich sein, dass sie auch ein wenig in ihrem Interesse spricht. Immerhin verkauft sie die Focaccia.
Irgendwann reichte es auch dem Bürgermeister von Portofino, Matteo Viacava. "Die Verordnungen haben überhaupt nichts mit reich oder arm zu tun", meldete er sich zu Wort. "Ich habe nichts gegen die Armen. Wir haben gerade die Gemeindehäuser saniert und einen kommunalen Supermarkt geöffnet. Und abgesehen davon, sind es nicht selten die Reichen, die sich total danebenbenehmen." Und was das Betteln betrifft, sei das nur eine Vorsichtsmaßnahme.
Quelle: ntv.de