Nach Handspiel gegen DFB-Team: Münchner Publikum pfeift Spaniens Cucurella wütend aus

Fußball-EM 09.07.24 03:06 min Highlights Halbfinale: ESP – FRA Wunderkind Yamal schießt Spanien mit Traumtor ins Finale
Die deutschen Fußball-Fans verzeihen nicht – zumindest nicht dem spanischen Fußball-Nationalspieler Marc Cucurella. Der Verteidiger wird vom Münchner Publikum im EM-Halbfinale gegen Frankreich bei jedem Ballkontakt gnadenlos mit Pfiffen und Buhrufen bedacht.
Marc Cucurella hat ein Problem: sein Markenzeichen, die auffällige Lockenpracht. Während der spanischen Nationalmannschaft an diesem Dienstagabend den Sprung ins Finale der Europameisterschaft gelingt, hat sich das Publikum in München ausgerechnet einen ausgesucht, der beim spektakulären 2:1-Erfolg über Frankreich gar nicht negativ auffällt: den Linksverteidiger der Furia Roja.
Spanien – Frankreich 2:1 (2:1)
Tore: 0:1 Kolo Muani (9.), 1:1 Yamal (21.), 2:1 Olmo (25.)
Spanien: Simón – Navas (58. Vivian), Nacho, Laporte, Cucurella – Rodri, Fabián Ruiz – Yamal (90. Zubimendi), Olmo (76. Merino), Williams (90. Torres) – Morata (76. Oyarzabal). – Trainer: De La Fuente
Frankreich: Maignan – Koundé, Upamecano, Saliba, Hernández – Tchouaméni, Kanté (62. Barcola), Rabiot (62. Camavinga) – Dembélé (79. Giroud), Kolo Muani (63. Griezmann), Mbappé. – Trainer: Deschamps
Schiedsrichter: Slavko Vinčić (Slowenien)
Gelbe Karten: Navas, Yamal – Tchouaméni (2), Camavinga
Zuschauer: 66.000 (ausverkauft) in München
Schon vor dem Anpfiff konnte man rund um die Münchner Arena viele im Deutschlandtrikot ausmachen, im Stadion konnte man sie dann hören. Denn die meisten Fans des DFB-Teams offenbarten sich als schlechte Verlierer, vielleicht auch als schlechte Gastgeber. Bei jeder seiner Aktionen pfiffen sie Cucurella aus. Jeder Pass, jeder Einwurf, jedes Mal, wenn der 25-Jährige auf den großen Leinwänden gezeigt wurde: laute Pfiffe und Buhrufe im Stadion. Manche hielten dieses peinliche Schauspiel tatsächlich bis zum Ende durch.
Aber warum? Im Viertelfinale gegen das DFB-Team war Cucurella derjenige, dem in der 119. Minute der Schuss von Jamal Musiala an den Arm ging. Was wäre nur gewesen? So manchen Fan mit dem Deutschlandtrikot ließ diese Frage nicht mehr los. Am Freitagabend in Stuttgart blieb im Viertelfinale der VAR stumm, Schiedsrichter Anthony Taylor schaute sich die Szene auch nicht mehr am Monitor an. Die Debatte war dagegen umso lauter – unter Experten, Spielern und eben Fans. Angesprochen darauf sagte Cucurella nach dem Halbfinale im ZDF: "Für mich ist das egal. Wir müssen konzentriert bleiben. Wenn darüber gesprochen wird, ist das Teil des Spiels."
"Etwas zweifelhafte Aktion"

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Dabei ist es müßig, ausgerechnet Cucurella auszupfeifen. Schließlich kann er nichts für die Handregel. Er selbst hatte gesagt, er mische sich in die Debatte nicht ein. "Wenn Schiedsrichter sagen, dass es kein Handspiel ist, dann sage ich, es ist kein Handspiel." Er verstehe, "dass es sich um eine etwas zweifelhafte Aktion handelt", sagte er vor dem Spiel: "Aber ich denke, wenn Deutschland gewonnen hätte, hätte man nicht darüber gesprochen."
Die ständigen Pfiffe gingen dem spanischen Anhang irgendwann zu weit. Sie begannen, ihn demonstrativ anzufeuern, skandierten seinen Namen. Die Frage ist nur, ob ihn das ganze Theater auf den Rängen unsicher gemacht hat? Nicht wirklich. Der Lockenkopf vom FC Chelsea spielt bislang ein starkes Turnier und hat auch im Halbfinale nicht damit aufgehört. Gegen Frankreichs Ousmane Dembélé war er immer zur Stelle. Manchmal waren seine Aktionen auch zu schnell, um überhaupt "Buh" rufen zu können. Nur einmal sah er nicht gut aus: Beim zwischenzeitlichen 0:1 war er in der Nähe von Randal Kolo Muani, konnte den Stürmer aber nicht am Kopfball hindern.
"Nicht schnell, nicht sonderlich stark"
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Dabei war lange unklar, ob Cucurella überhaupt zur EM nach Deutschland fahren würde. Die verletzungsbedingten Absagen von Jose Luis Gaya und Alejandro Balde waren seine große Chance. Unter Trainer Luis de la Fuente ist er mittlerweile zur festen Größe geworden. Auf der Abwehrseite hinten links hat er sogar den Vorzug vor Leverkusens Alejandro Grimaldo. Er ist unscheinbar in seinen Aktionen, aber dennoch immer stabil. Ohne große Patzer, ohne große Aussetzer.
Beim FC Barcelona konnte er sich zu Beginn seiner Karriere nicht durchsetzen, deshalb musste er den Umweg per Leihe gehen. Wäre es dabei ausschließlich nach Daten gegangen, hätte es diesen Transfer nie gegeben, sagte der damalige Trainer Jose Luis Mendilibar. "Er ist nicht schnell, er ist nicht sonderlich stark. All die Dinge, die man messen kann, kann man bei ihm nicht finden", so Mendilibar, aber: "Er ist ein Fußballer. Er ist smart. Er trifft die richtigen Entscheidungen. Und am Ende stellst du ihn immer auf." Irgendwann landete er dann beim FC Chelsea in der englischen Premier League – und nun im Finale der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland.
Quelle: ntv.de