“Migrationsverhinderungsturbo”: Flüchtlingsbeauftragte geht auf Distanz zu Dobrindt
Politik

Natalie Pawlik spricht sich für mehr Modernisierung und Integration aus.
Im Zuge des Gipfeltreffens von Innenminister Dobrindt zu verschärfter Migrationspolitik gibt es Gegenwind. Nicht nur Grüne und Amnesty International zeigen sich empört. Auch die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Pawlik, kritisiert die "restriktive Asylpolitik und Abschreckung".
Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik, hat sich kritisch zur Migrationspolitik von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt geäußert. "Wir wollen Steuerung, Ordnung, aber keinen Migrationsverhinderungsturbo", erklärte die Staatsministerin im Kanzleramt in Berlin. Wichtig sei vielmehr, die deutsche Migrationspolitik "zu modernisieren und Integration zu stärken".
Pawlik äußerte sich mit Blick auf das Treffen von Dobrindt mit einigen EU-Innenministern an diesem Freitag auf der Zugspitze. "Wenn heute der 'Migrationsturbo' auf der Zugspitze gezündet werden soll, muss klar sein, dass eine restriktive Asylpolitik und Abschreckung Europa nicht weiterbringt", erklärte die SPD-Politikerin dazu. Sie stellte auch klar: "Eine geordnete und gesteuerte Migration gelingt nur gemeinsam mit den europäischen Partnern."

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Was Deutschland bei der Umsetzung des geplanten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (Geas) in deutsches Recht hingegen nicht brauche, sei, "Asylsuchende, Familien und minderjährige Kinder in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken oder sogar vorsorglich in Haft zu nehmen", warnte die Flüchtlingsbeauftragte der Regierung. "Der Schutz vulnerabler Gruppen darf nicht angetastet werden", verlangte sie weiter. Pawlik plädierte zudem für "unkomplizierte Visaverfahren und eine zügige Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen", um Zuwanderung von Fachkräften nach Deutschland attraktiver zu machen. "Das wäre für mich ein Migrationsturbo, der den Namen verdient", erkärte sie.

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Dobrindt hat Amtskollegen aus mehreren Nachbarstaaten zu Gesprächen über das Thema Migration auf dem Gipfel der Zugspitze eingeladen. Als Ziel des sogenannten "Zugspitz-Summit" nannte sein Ministerium vorab, "wichtige Impulse für eine härtere europäische Migrationspolitik zu geben". Vor dem Treffen kündigte Dobrindt selbst in der ARD vor allem eine Initiative zu Abschiebungen in Drittstaaten an.
Hofreiter: Verärgerte Nachbarn
Zum Migrationstreffen auf der Zugspitze meldete sich auch der Grünen-Politiker Anton Hofreiter zu Wort. Damit habe sich Deutschland "große Schwierigkeiten an die Backe geholt für einen äußerst geringen Effekt" sagte er. Belgien, die Niederlande und Luxemburg seien nicht eingeladen und deshalb verärgert. Polen komme wütend hin, weil sie sagten, die Grenzkontrollen brächten größere Probleme als Lösung mit sich. "Wir brauchen in dieser schwierigen Weltlage unsere Nachbarn und wir stoßen gerade regelmäßig Nachbarn vor den Kopf", meinte Hofreiter.

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Auch die Organisation für Menschenrechte, Amnesty International äußerte sich kritisch zum Migrationstreffen auf der Zugspitze. Die Generalsekretärin Julia Duchrow kritisierte: "Die Innenminister*innen treffen sich heute auf 3000 Metern Höhe – rechtlich sind sie aber ziemlich unterirdisch unterwegs. Dobrindt will Menschen in Länder abschieben, zu denen sie keinerlei Bezüge haben. Und er will Schutzsuchende weiter an deutschen Grenzen zurückweisen, obwohl ein Gericht, das klar untersagt hat. Wer Gerichtsentscheidungen bewusst ignoriert, sägt an den Säulen unseres Rechtsstaates und untergräbt die Idee eines gemeinsamen Europas."
Quelle: ntv.de, raf/dpa/AFP