Merz besucht Trump: Besser hätte das Treffen kaum beginnen können
Politik

Gut gelaufen: Merz erlebte einen sehr harmonischen Auftakt des Treffens im Weißen Haus.
Ein Treffen mit Donald Trump, das ist mittlerweile ziemlich unberechenbar. Sein Präsidentenbüro, das Oval Office, ist zuletzt zur Höhle des Löwen geworden. Doch Friedrich Merz erlebt die andere Seite des Präsidenten. Trump ist freundlich, offen und zugewandt. Ein bisschen Glück hat der Kanzler auch.
Die deutsche Delegation dürfte ein paar Mal kräftig durchgeatmet haben. Das Treffen von Bundeskanzler Friedrich Merz mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus hat einen guten Anfang genommen. Wilde Eklats wie mit den Präsidenten der Ukraine oder Südafrikas gab es bislang nicht – im Gegenteil. Der Empfang im Oval Office war im besten Sinne unspektakulär. Vor der Ära Trump wäre das selbstverständlich gewesen. Jetzt ist allein das schon ein Erfolg.

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Doch dabei blieb es nicht. Merz hatte sich als Ziel gesetzt, einen Draht zu Trump aufzubauen. Das scheint ihm gelungen zu sein. Der Präsident zeigte sich freundlich, offen und zugewandt, scherzte sogar mit Merz. Der sprach flüssiges Englisch, was Trump gefiel. Der Präsident fragte ihn, ob er Englisch genauso gut spreche wie Deutsch. Trump stellte sich verbal mehrmals an die Seite des Bundeskanzlers. Etwa bei den vielen Toten im Ukraine-Krieg. "Er ist unglücklich darüber, ich bin unglücklich darüber." Ausgerechnet Trump, der so oft auf Deutschland eingedroschen hat, suchte nun den verbalen Schulterschluss.
Das Treffen begann damit, dass Merz Trump ein Geschenk überreichte: Die Geburtsurkunde von Trumps Großvater. Der war Ende des 19. Jahrhunderts aus dem heutigen Rheinland-Pfalz in die USA ausgewandert. Trump bedankte sich ausgiebig und scherzte, er könne sie im Oval Office aufhängen. Die Zeichen standen sogleich auf Harmonie.
Merz, ein "schwieriger" Typ
Merz hatte das Treffen gut vorbereitet – er traf Trump zum ersten Mal, hatte aber bereits mehrmals mit ihm telefoniert. Das zahlte sich jetzt aus. "Er ist schwierig", sagte Trump nun über ihn. Was wie Kritik klang, war als Lob gemeint. Leute, die Trump respektiert, nennt er oft "hart" oder "stark". "Schwierig" fällt offensichtlich auch in diese Kategorie. "Er ist ein sehr guter Vertreter Deutschlands", sagte er und entschuldigte sich sogar, weil er rückwirkend noch Angela Merkel kritisierte – dafür, dass sie 2015 die deutschen Grenzen nicht für Flüchtlinge geschlossen hat.

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Es hätte durchaus anders laufen können. Vizepräsident JD Vance saß auch mit im Raum, blieb aber die ganze Zeit stumm. Er hatte den Europäern und indirekt auch Deutschland vorgeworfen, sich von der Meinungsfreiheit verabschiedet zu haben. Er hatte offen für die AfD geworben. Wenn er nun das Wort ergriffen und Merz mit AfD-Vorwürfen konfrontiert hätte – dann wäre es eng geworden. Aber auch Trump unterließ seine üblichen Tiraden über zu große deutsche und europäische Exporte in die USA oder zu geringe deutsche Verteidigungsausgaben.
Im Gegenteil, jetzt scherzte Trump, irgendwann werde ein Punkt erreicht, wo man den Deutschen sagen werde, sie sollten jetzt bitte nicht weiter aufrüsten. Was als Seitenhieb auf die Nazi-Zeit gemeint war. Merz spielte aber auch selbst damit. Er rief den D-Day in Erinnerung, die Landung der Alliierten in der Normandie – ein Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs. Auch jetzt könnten die Amerikaner wieder so etwas Starkes tun, beschwor er Trump. Er sei die Schlüsselfigur, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.
US-Presse interessiert sich für Xi und Musk

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Ein bisschen Glück hatte Merz auch. Es gab gar nicht so viele Gelegenheiten, für Entgleisungen, weil die US-Journalisten sich für andere Themen interessierten. Kurz vor dem Treffen hatte Trump mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping telefoniert. Die US-Journalisten im Oval Office wollten anfangs vor allem darüber etwas erfahren. Trump brachte noch ein Lob für Merz unter. So habe er mit zwei wichtigen Führungspersönlichkeiten der Welt gesprochen. Das zweite große Thema, das die US-Medien an diesem Tag interessierte, war Elon Musk. Der Tech-Milliardär hat offenbar mit Trump gebrochen und kritisiert ihn nun für seine gigantische geplante Steuersenkung.
Und auch Trump selbst wirkte nicht besonders auf deutsch-amerikanische Fragen konzentriert. Minutenlang schimpfte er über seinen Vorgänger Joe Biden. Besonders ritt er darauf herum, dass der oft eine Unterschreibe-Vorrichtung nutzte, den sogenannten Auto-Pen. Merz saß stumm daneben. Jede Minute, die es nicht um die heißen Themen wie Sanktionen, Zölle und Nato ging, sank die Gefahr eines offenen Streits. Wobei Trump durchaus danach gefragt wurde. Aber er zeigte sich stets von der freundlichen Seite. Tenor: Der Kanzler und ich werden das schon hinkriegen.
Der Presseempfang im Oval Office war nur der Auftakt des Treffens. Danach ging es hinter verschlossenen Türen weiter. Die beiden werden an diesem Nachmittag nicht alle Weltprobleme lösen. Aber der Anfang ist geglückt – nicht mehr, nicht weniger.
Quelle: ntv.de