Kinderarzt Herbert Renz-Polster: “Wir können jetzt die Schule neu erfinden”
SPIEGEL: Herr Renz-Polster, in Ihren Büchern beschreiben Sie, was Kinder für ein gesundes Aufwachsen brauchen. Welche Folgen wird die Krise für Kita- und Schulkinder haben, deren Alltag und Sozialkontakte sehr eingeschränkt sind?
Renz-Polster: Manche Kinder leiden gerade brutal, andere blühen regelrecht auf. Das kommt auch aufs Umfeld an. Generell ist es für kleine Kinder kein Problem, zu Hause zu sein. Solange es da einigermaßen läuft, ist bei denen die Familie der sichere Hafen. Aber ab dem dritten Lebensjahr brauchen sie andere Kinder, da geht es richtig ab in Sachen Sozialverhalten. Ohne ihre Freundinnen und Freunde können sie ihre Stärken und Kompetenzen nicht erfahren und entwickeln, nicht die Erfahrung machen: Ich bin stark, ich funktioniere, ich schieße auch mal ein Tor, uns gehört die Welt. Wenn das fehlt, werden sie ängstlich und unsicher. Wir können nicht über Monate so weitermachen, ohne manche Kinder schwer zu beschädigen.
SPIEGEL: Viele Eltern, Lehrer und Erzieher sorgen sich vor allem um die Ansteckungsgefahr in Kita und Schule. Wissen wir schon genug darüber?