Kanada: Ermittlungen nach Tod eines Ureinwohners bei Polizeieinsatz
Nach dem Tod eines indigenen Mannes durch Polizeischüsse in Kanada haben die Justizbehörden der Provinz New Brunswick eine Untersuchung eingeleitet. Wie die Behörden am Samstag mitteilten, geht es dabei um den Fall eines 48-jährigen Angehörigen des Volksstammes der Mi'kmaq, der am Freitag bei einem Polizeieinsatz von einem Beamten angeschossen worden war und später im Krankenhaus an seinen Verletzungen starb.
Den Behörden zufolge ereignete sich der Vorfall nahe der Kleinstadt Miramichi. Bewohner hatten die Polizei demnach wegen eines mit einem Messer bewaffneten Mannes verständigt. Laut unbestätigten Berichten soll der Mann die Polizisten angegriffen haben, woraufhin diese zunächst versuchten, ihn mit einer Art Elektroschocker zu überwältigen. Als dies gescheitert sei, habe einer der Beamten auf den Mann geschossen.
Der Tod des 48-Jährigen ereignete sich acht Tage, nachdem ein Polizist in der Stadt Edmunston in New Brunswick die 26-jährige Ureinwohnerin Chantal Moore erschossen hatte. Zuvor hatte ein Verwandter der Frau die Polizei gerufen und sie gebeten, nach Moore zu sehen. Nach Polizeiangaben bedrohte Moore den Beamten mit einem Messer. Die Familie der Toten weist diese Darstellung zurück. Auch in diesem Fall ermitteln die Justizbehörden.
Seit dem Tod des Schwarzen George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in den USA wird in vielen Staaten verstärkt über Rassismus diskutiert. Ureinwohner-Vertreter in Kanada beklagten zuletzt immer häufiger unverhältnismäßige Polizeigewalt gegen Indigene.
Auch Premierminister Justin Trudeau äußerte sich am Freitag "schockiert" über ein Video, das die brutale Festnahme eines Indigenen-Anführers in der westlichen Provinz Alberta zeigte. Der Premier forderte eine unabhängige Untersuchung und beklagte "systematischen Rassismus" in ganz Kanada, "in all unseren Institutionen, einschließlich aller unserer Polizeieinheiten".
Wie Trudeau reagiert
Trudeau hatte gleich zu Beginn der Proteste über den Tod von George Floyd in den USA eine grundsätzliche Auseinandersetzung seiner Nation mit dem Thema Rassismus gefordert. Angesprochen auf Donald Trumps Umgang mit den Protesten in den USA, reagierte der kanadische Premierminister Anfang Juni mit einer ungewöhnlichen Geste: Er schwieg, ganze 21 Sekunden lang. Bevor er auf die Probleme im eigenen Land zu sprechen kam.
In den folgenden Tagen setzte Kanadas Premier mit einem Kniefall vor Tausenden Demonstranten ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Trudeau und der kanadische Familienminister Ahmed Hussen hatten an einer Demonstration am Parlament in Ottawa teilgenommen. Wie kanadische Medien berichten, hörte der Premierminister einigen Rednern zu, nickte und klatschte. Als bei der Veranstaltung eine Schweigeminute eingelegt wurde, setzte Trudeau – wie auch viele Menschen um ihn herum – ein Knie auf den Boden und beugte seinen Kopf nach vorn.
Icon: Der Spiegel