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Indigene Transgender in Kolumbien: Zuflucht zwischen Regenwald und Kaffeepflanzen

July 12
06:37 2020
Die 19-jährige Yuliana arbeitet auf einer Kaffeeplantage in der Nähe des Dorfes Santuario Icon: vergrößern

Die 19-jährige Yuliana arbeitet auf einer Kaffeeplantage in der Nähe des Dorfes Santuario

Foto: Lena Mucha

Die Kaffeeplantagen in den Hügeln von Risaralda sind in ganz Kolumbien bekannt. Hier wird die Arabica-Bohne angebaut, die edelste unter den Kaffeebohnen. Eje Cafetero, die Kaffeeachse, oder Triángulo del Café, das Kaffeedreieck, wird daher die üppig-grüne Region zwischen Medellín, Cali und Bogotá genannt. Kolumbien ist weltweit der größte Erzeuger der bekannten Bohne.

Zwischen den Plantagen liegen einzelne kleine Farmen, sogenannte Fincas, auf denen die Feldarbeiter während der Erntezeit leben und schlafen. Vor allem ältere Männer wühlen sich durch die Kaffeepflanzen auf den hügeligen Feldern, die Arbeit ist ein Knochenjob. Auf einigen Fincas und Kaffeeplantagen lebt und arbeitet aber auch eine andere Gruppe: indigene Transfrauen.

Die Frauen gehören zum indigenen Volksstamm der Emberá Katio, die in den Hügeln von Risaralda verteilt in Dorfgemeinschaften leben. Für die Plantagenbesitzer sind sie billige Arbeitskräfte, die auch schon in ihren Dörfern die Felder bestellt haben. Für die Frauen ist die Arbeit zwischen den Kaffeepflanzen eine Art Flucht.

Denn in ihren Dorfgemeinschaften werden sie nicht akzeptiert. Sie werden verstoßen oder bestraft, weil sie Transgender sind. Abends, wenn sie nach der Arbeit auf der Plantage ihre Kleidung wechseln, sich schminken und Ohrringe anziehen, können sie sich auf den Fincas hingegen so geben, wie sie wollen – ohne schikaniert zu werden oder eine Strafe fürchten zu müssen.

Viele Angehörige der Emberá Katio glauben, bei Transgender handele es sich um eine ansteckende Krankheit, die von Weißen in ihre Dörfer und ihre Gemeinschaften eingeschleppt worden sei, sagt die Fotografin Lena Mucha. Sie hat in Kolumbien gelebt und dort Ethnologie studiert. Für ihr Projekt "Los Primos" hat sie die Transfrauen auf den Plantagen sechs Tage lang mit der Kamera begleitet.

In Kolumbien werden Indigene kaum anerkannt

Die indigene Bevölkerung Kolumbiens sei noch immer von Rassismus betroffen, sagt Mucha. Etwa 4,4 Prozent der fast 50 Millionen Einwohner Kolumbiens sind Angehörige indigener Volksstämme. Doch sie werden gesellschaftlich kaum anerkannt und aus ihren Gebieten vertrieben: Durch den fortschreitenden Tage- und Bergbau werden die Wälder und Regionen der Indigenen zerstört.

Im Norden Kolumbiens, in der Bergkette Sierra Nevada de Santa Marta, lodern Waldbrände, die die Lebensgrundlage der Sierra-Nevada-Indigenen bedrohen, die dort in selbst verwalteten Reservaten leben. In anderen Regionen geraten die Volksstämme immer wieder in bewaffnete Konflikte zwischen Paramilitärs oder Drogenbanden.

Und auch das Coronavirus bedroht ihre Existenz: Fremde, die in die Gebiete der Ureinwohner eindringen, bringen das Virus mit sich und in den abgelegenen Berg- und Regenwaldregionen Kolumbiens gibt es kaum Ärzte oder Krankenhäuser.

Die Gemeinden der Indigenen leben sehr isoliert und traditionell, auch der Machismo werde dort stark ausgelebt, sagt Mucha. Häufig sei es schwierig für die Eltern, wenn die Kinder sich outen und sagen, sie wollen von nun an Frauenkleider tragen und als Frau leben: "Das wird in den Dörfern nicht akzeptiert."

Die Frauen seien daher gezwungen, ihre Gemeinde zu verlassen und auf den Kaffeefeldern zu arbeiten. "Sie treffen auf den Plantagen auf Gleichgesinnte, sie werden nicht abwertend angeschaut und können so leben, wie sie wollen", sagt Mucha. Außerdem sei die Arbeit dort die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen, denn Indigene haben häufig keine gute Schul- oder Ausbildung und daher Schwierigkeiten, einen Job zu finden.

Sehen Sie in der Fotostrecke, wie die Transfrauen der Emberá Katio auf den Kaffeeplantagen Kolumbiens leben und arbeiten:

Icon: Der Spiegel

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