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Heizungs-Wende: Das müssen Hausbesitzer und Mieter wissen

April 19
21:28 2023

Das Gebäudeenergiegesetz soll die Heiztechnik der Republik umkrempeln – aber wie sollen die Bürger das bezahlen? Und was kommt auf Mieterinnen zu? Die wichtigsten Regeln und Fördermöglichkeiten im Überblick.

Das Bundeskabinett hat die umstrittenen Pläne zum Heizungstausch am Mittwoch auf den Weg gebracht. Geplant ist auch eine neue Förderung mit »Klimaboni«, um Hauseigentümer finanziell nicht zu überfordern. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) sprachen von einem großen Schritt auf dem Weg in eine klimaneutrale Welt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf Twitter: »Der Einstieg in die Zukunft des Heizens ist geschafft.«

Aber was bedeutet das konkret für die Verbraucher? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Warum muss überhaupt neue Heiztechnik her?

Der Heizungstausch soll laut Gesetzentwurf ein »zentraler Schritt« auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität Deutschlands im Jahr 2045 sein – dann sollen nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden als auch wieder gebunden werden. Derzeit würden noch mehr als 80 Prozent der Wärmenachfrage durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern gedeckt. Von den rund 41 Millionen Haushalten in Deutschland heize nahezu jeder zweite mit Erdgas, gefolgt von Heizöl mit knapp 25 Prozent und Fernwärme mit gut 14 Prozent. Stromdirektheizungen und Wärmepumpen machten jeweils nicht einmal drei Prozent aus.

Trotzdem fürchten viele Menschen, sich den Wandel nicht leisten zu können. Bauministerin Geywitz sagte, das Gesetz werde nicht dazu führen, dass Menschen gezwungen seien, ihr Haus zu verkaufen, weil sie sich nicht an die Anforderungen halten könnten. Es gebe großzügige Übergangsfristen und Ausnahmen. Trotz aktuell höherer Investitionskosten für klimafreundlichere Heizungen werde sich ein Umstieg auf lange Sicht lohnen.

Kritisiert wird auch, dass die Umstellung zu schnell und überraschend komme. In einem Begleitpapier der Regierung wird wohl auch deshalb darauf hingewiesen, dass sie bereits im März 2022 als Reaktion auf den Ukrainekrieg und die Energiekrise beschlossen hat, dass möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Die Entscheidung geht auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag zurück.

Als wichtiges Ziel wird auch ins Feld geführt, dass Deutschland umso unabhängiger von ausländischen Energielieferanten wird, je mehr Heizungen mit erneuerbaren Energien betrieben werden, also etwa Strom, der per Wind- und Solarkraft erzeugt wird. Eine Abhängigkeit wie bis vor Kurzem von russischem Gas soll es so nicht mehr geben.

Welche Regeln sind ab 2024 entscheidend?

Ab dem Jahr 2024 soll jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Das soll »technologieneutral« passieren. Habeck setzt vor allem auf den Einbau von Wärmepumpen. Im Gesetzentwurf genannt werden aber auch ein Anschluss an ein Wärmenetz oder eine Stromdirektheizung sowie alternative Techniken wie eine Heizung auf der Basis von Solarthermie, eine Biomasseheizung, eine Wasserstoffheizung oder eine Gasheizung. Hier gelten bestimmte Voraussetzungen – wesentlich ist, dass eine Heizung nachweislich erneuerbare Energieträger nutzt.

Werden bestehende Heizungen verboten?

Eine sofortige Austauschpflicht bei Bestandsgebäuden gibt es nicht. Bestehende Heizungen können also weiter betrieben werden. Falls die Heizung kaputtgeht und nicht mehr repariert werden kann, soll es Übergangsfristen geben, ehe eine Anlage mit 65 Prozent Anteil erneuerbarer Energien eingebaut ist.

Spätestens bis zum Jahr 2045 soll aber die Nutzung von fossilen Energieträgern beendet sein, danach müssen alle Heizungen vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Schon bisher sieht das Gebäudeenergiegesetz vor, dass Hauseigentümer ihre Heizkessel, die mit einem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff beschickt werden und ab dem 1. Januar 1991 eingebaut oder aufgestellt worden sind, nach Ablauf von 30 Jahren nicht mehr betreiben dürfen.

Gilt das für alle Eigentümer?

Nein, es gibt Sonderregeln, etwa in Fällen, in denen die Heizung kaputtgeht. Das betrifft zum Beispiel Eigentümer von Häusern mit nicht mehr als sechs Wohnungen, die selbst im Gebäude wohnen und älter als 80 Jahre sind – dann muss die 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien nicht eingehalten werden.

Was gilt sonst bei kaputten Heizungen?

Generell soll es bei einer sogenannten Heizungshavarie Übergangsfristen geben – das sind Fälle, in denen der Betrieb der Heizungen nicht mehr möglich ist, die Anlage nicht mehr repariert werden kann und schnell ausgetauscht werden muss. Dann soll die Pflicht zur Erfüllung der Erneuerbaren-Vorgabe innerhalb von drei Jahren nach dem Heizungsaustausch erfüllt werden. In der Übergangszeit kann vorübergehend eine Gas- oder Ölheizung eingebaut und betrieben werden.

Gibt es ab 2024 überhaupt keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr?

Doch, es dürfen auch dann noch Öl- und Gasanlagen eingebaut werden – wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen künftig grundsätzlich mindestens 65 Prozent grüne Gase wie Biomethan oder Öle aus erneuerbaren Rohstoffen beziehen. Erlaubt ist, eine Wärmepumpe mit einer Gastherme zu kombinieren, die aber nur dann anspringt, wenn es sehr kalt ist und die Wärmepumpe viel Strom verbrauchen würde.

Auch Gasheizungen, die heute noch Erdgas verbrennen und künftig auch reinen Wasserstoff nutzen können, sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Das aber nur, wenn der Gasnetzbetreiber einen Investitions- und Transformationsplan für Wasserstoffnetze hat und die Heizungen ab 2030 mindestens 50 Prozent Biomethan, Wasserstoff oder andere grüne Gase (und ab 2035 mindestens 65 Prozent grünen oder blauen Wasserstoff aus einem Wasserstoffnetz) nutzen.

Experten halten das nur unter bestimmten Bedingungen für realistisch: An so einem Netz könnte keine Anlage hängen, die die neue Mischung nicht verarbeiten kann.

Was bedeutet das alles für Mieter?

Wer zur Miete wohnt – also die Mehrheit der Deutschen –, soll vor einem starken Anstieg der Heizkosten geschützt werden. So sollen Vermieter bei der Betriebskostenabrechnung bei Gasheizungen auf Basis von Biomethan nur den Betrag weitergeben dürfen, der zur Erzeugung derselben Menge an Heizwärme mit einer normalen Wärmepumpe anfiele. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Vermieter weiter eine in der Anschaffung günstige Gasheizung einbauen und Mieter in der Folge mit steigenden Betriebskosten belastet wären, so die Bundesregierung. Es gibt auch Regelungen, die Mieter in energetisch schlechteren Gebäuden vor zu hohen Betriebskosten bei dem Einbau einer weniger effizienten Wärmepumpe schützen sollen.

Gibt es eine finanzielle Förderung?

Ja, die Bundesregierung plant ein neues Fördersystem. Unter bestimmten Voraussetzungen soll es einen »Klimabonus« geben. Habeck wollte eigentlich eine starke soziale Staffelung. Es habe in der Koalition aber keine Verständigung auf eine Einkommensprüfung gegeben, sagte er. »Zwischen Normalverdienern und Villenbesitzern wird kein Unterschied gemacht«, räumte er nun ein. Für Menschen, die Sozialtransfers bekommen, soll aber die Pflicht entfallen, dass von 2024 an jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren betrieben werden soll.

Bei der Förderung ist Folgendes vorgesehen: Derzeit wird der Heizungsaustausch einem Papier aus der Bundesregierung zufolge je nach Technologie in Höhe von 10 bis zu 40 Prozent bezuschusst. Künftig soll es für alle Bürger im selbst genutzten Wohneigentum eine Grundförderung für den Tausch einer alten fossilen gegen eine neue klimafreundliche Heizung geben – der Fördersatz soll auf 30 Prozent vereinheitlicht werden.

Zusätzlich soll es unter bestimmten Voraussetzungen Zuschläge in Form von »Klimaboni« von zusätzlich 10 bis 20 Prozent geben. So soll es einen Klimabonus in Höhe von 20 Prozent zusätzlich zur Grundförderung für Menschen geben, die einkommensabhängige Transferleistungen bekommen – also etwa Empfänger von Wohngeld, Grundsicherung im Alter oder Kinderzuschlag. Eigentümer, bei denen eine Austauschpflicht besteht, sollen einen Klimabonus von 10 Prozent bekommen, wenn sie ihre besonders alte und ineffiziente Heizung bereits vor der Frist tauschen oder eine Heizung mit höherem Anteil Erneuerbarer einbauen.

Außerdem verspricht die Regierung zinsgünstige Kredite für den Heizungstausch, so ähnlich wie man sie bereits für energetische Sanierungen kennt. Apropos: Trotz aller Heizungsförderung sollen die bisherigen Förderangebote für energieeffiziente Umbauten bestehen bleiben, etwa für zusätzliche Dämmung oder neue Fenster.

Vor allem für Gutverdiener interessant ist es, die Investitionskosten von der Steuer abzusetzen. Das war bislang schon möglich und soll es auch bleiben.

Welche Probleme zeichnen sich bereits ab?

Die Union kritisiert, dass niemand sagen könne, woher die Handwerker für den Einbau klimafreundlicher Heizungen kommen sollen. Wirtschaftsminister Habeck hat zumindest das Versprechen der Hersteller, die Produktion von Wärmepumpen auf 500.000 im kommenden Jahr hochzufahren.

Offen ist außerdem die Frage, wie steigende Gasnetzgebühren verhindert werden sollen – wenn viele Menschen bald auf eine Wärmepumpe umsteigen, drohen die Gebühren für die anderen zu steigen. Die Regierung überlegt bereits, für die Jahre ab 2030 bestimmte Hilfen vorzubereiten, weil dann die Kosten deutlich spürbar würden.

Der Stadtwerkeverband VKU kritisierte, die vollständige Umstellung des Verteilnetzes auf Wasserstoff und grüne Gase werde statt für das Jahr 2045 bereits für 2035 gefordert. »Die Zeit für die Umstellung ist viel zu knapp.« Der VKU betonte zudem die Bedeutung der kommunalen Wärmeplanung.

Das Deutsche Energieberater Netzwerk (DEN) kritisiert den Entwurf als »kleinteilig« und »technisch«. Besser wäre es, Bauherren größere Gestaltungsspielräume zu lassen, strenge Zielvorgaben zu erreichen. Die Energieberater fordern außerdem eine Ergänzung »um verbindliche Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz der Gebäudehülle«.

Außerdem fehle in der Novelle jeglicher Ansatz, »wie die EU-Regelungen zur Energieeffizienz der Gebäudehülle umgesetzt werden sollen«. Energieberater verweisen immer wieder darauf, dass dem Klimaschutz durch bessere Gebäudedämmung effizienter auf die Sprünge geholfen werden könne als durch neue Heizungen.

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