Gas- und Energiekrise: Regierung einigt sich auf Gaspreisbremse
Ein Deckel auf Gaspreise soll Bürgerinnen und Bürger entlasten. Das hat die Bundesregierung verkündet. Dafür werden bis zu 200 Milliarden lockergemacht. Die umstrittene Gasumlage ist hingegen gekippt worden.
Die hohen Energiepreise belasten viele Bürgerinnen und Bürger. Um das in den Griff zu bekommen, will die Bundesregierung eine Gaspreisbremse einsetzen. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz verkündeten Kanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner die Einigung, die ein Paket in Höhe von 200 Milliarden Euro umfasse. Für die Umsetzung soll die Gaspreiskommission demnächst Vorschläge vorlegen.
Scholz, der die Pressekonferenz mit einem Statement eröffnete, sagte auch, dass die Gasumlage gekippt sei. »Sie wird nicht mehr gebraucht«, sagte er. Das Geld für das Paket werde über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) kommen. »Die Preise müssen runter, das ist unsere Überzeugung. Damit sie sinken, spannen wir einen großen Abwehrschirm«, sagte Scholz.
Der Schirm solle dafür sorgen, dass sowohl Betriebe als auch Privatleute die Preise bezahlen können. Er habe bei anderer Gelegenheit von einem Wumms gesprochen, sagte Scholz. »Man kann sagen, das hier ist ein Doppelwumms.« Es gehe darum, dass für alle schnell die Preise sinken.
Lindner rechtfertigt die Summe für den neuen Fonds von bis zu 200 Milliarden Euro. Dies sei die angemessene Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine in Verbindung mit einem Energiekrieg gegen Deutschland, sagt Lindner. Deutschland zeige hier seine »wirtschaftliche Schlagkraft«. Insofern erwarte er auch, dass CDU und CSU in einer solchen Situation diesem Vorgehen zustimmen würden.
Finanziert werden soll das Milliardenpaket über zusätzliche Kredite, die noch im laufenden Jahr aufgenommen werden. Im kommenden Jahr soll die Schuldenbremse wie vorgesehen wieder eingehalten werden, betonte Lindner.
Wie der SPIEGEL vorab berichtet hatte, spielt ein Nebenhaushalt, der in der Coronakrise geschaffen wurde, bei der Lösung eine Schlüsselrolle. Nach den Plänen soll dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) die Aufgabe zuteilwerden, den Preisauftrieb beim Gas zu dämpfen. Dafür erhält er eine neue Kreditermächtigung – mit den Mitteln sollen dann Gasimporteure oder Endversorger wie die Stadtwerke entschädigt werden, wenn sie die gestiegenen Weltmarktpreise nicht an die Verbraucher weiter geben. Die Gasumlage wird überflüssig, wenn die Regierung über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds den Firmen direkt hilft.
Der Sonderhaushalt WSF war während der Coronapandemie ins Leben gerufen worden. Er sollte große Unternehmen, die wegen Coronaschutzmaßnahmen, wie den Lockdowns, in Schwierigkeiten geraten waren, finanziell zu unterstützen. Davon profitierte etwa die Lufthansa.
Habeck verteidigt die Idee der Gasumlage – sie sei ein Instrument gewesen, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten. »Jetzt gibt es andere Instrumente«, sagte der Wirtschaftsminister, das finanzielle Volumen hätte damals noch nicht zur Verfügung gestanden. Trotz dieser geplanten Entlastung führt Habeck zufolge kein Weg am Sparen vorbei, »die Verbräuche müssen runtergehen«. Die Notwendigkeit, Energie einzusparen, bleibe unvermindert.
Risiken bei der Inflationsentwicklung
Indes haben führende Wirtschaftsforschungsinstitute davor gewarnt, dass eine Gaspreisbremse die ohnehin schon hohe Inflation weiter anfachen könnte.
Wegen des hohen Importanteils erfordere eine Senkung des Gaspreises »massive Subventionen, die ihrerseits natürlich dann neue Kaufkraft in den Privatsektor pumpen würden«, sagte Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft Kiel bei Vorstellung des Herbstgutachtens der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Berlin. Damit werde der gesamtwirtschaftliche Preisauftrieb abermals angefacht. »Und das ist destabilisierend, insbesondere aber auch problematisch für die unteren Einkommensgruppen, für die ist das geradezu ein Bärendienst«, sagte er.